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Aschot Dschasojan ist Generalsekretär der Konföderation der Journalistenverbände der GUS-Staaten (Foto: .rufo) |
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Montag, 25.04.2005
Völkermord an Armeniern Vorspiel für AuschwitzMoskau. Es gibt drei Gründe, des Völkermordes an den Armeniern von 1915 zu gedenken: die deutsche Mitschuld, der EU-Beitrittswunsch der Türkei und die Lage im Kaukasus. Ein Thema für Brüssel, Berlin und Moskau.
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1915 war die Türkei einer der wichtigsten Verbündeten Deutschlands. Kaiser Wilhelm schenkte dem Sultan den Panzerkreuzer Goeben und den Kleinen Kreuzer Breslau. Oberkommandierender der türkischen Streitkräfte war der deutsche General Fritz Bronsart von Schellendorff.
Als die türkische Offensive gegen Russland scheiterte, wurde in Istanbul beschlossen, die christlichen Armenier, die als fünfte Kolonne Moskaus galten, zu vernichten. Am 23. und 24.April 1915 wurde in Instanbul die armenische Elite, 2.350 Menschen, ermordet. Die armenische Bevölkerung im Lande wurde in Konzentrationslagern getrieben und ermordet.
Insgesamt wurden bei anti-armenischen Progromen ab 1894 und beim Genozid von 1915 bis 1923 wahrscheinlich anderthalb Millionen Menschen getötet.
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In seinem Kommentar für russland-aktuell fordert Aschot Dschasojan, Generalsekretär der Internationen Konföderation der Journalistenverbände keine Wiedergutmachung, sondern völkerrechtliche Aufarbeitung.
In der Seele eines jeden Armeniers werden einige Erinnerungen wie Heiligtümer sorgsam gehütet. Dank dieser Heiligtümer kann das armenische Volk im Laufe der Jahrhunderte sich selbst treu bleiben. Das ist unsere Sprache, die auch fern der Heimat nicht vergessen wird. Das ist der christliche Glaube unserer Vorväter und der Ruf des biblischen Ararat. Und die Erinnerung an das schreckliche Blutbad.
Ich meine die Vernichtung von anderthalb Millionen Armeniern, Bewohnern der Türkei durch die Streitkräfte des Osmanischen Imperiums. Mit Wissen und auf direkte Anweisung der obersten politischen Führung der osmanischen Türkei im Rahmen der Politik der ethnischen Säuberung des Staatsgebietes, der Vernichtung der angestammten Bevölkerung der östlichen Provinzen, die in der Geschichte ein Teil des alten armenischen Staates gewesen waren.
Nach den Ende des ersten Weltkrieges teilten die Sieger nicht nur die Welt neu auf. Sie erstellten auch neue Regeln für die internationalen Beziehungen. Wenn sie ernsthaft über das Schicksal der Menschen im fernen Armenien nachgedacht hätten, die ihr Leben nur deswegen verloren, weil sie mit einer „falschen“ Nationalität geboren wurden, dann hätte es ein Vierteljahrhundert später in Europa keine Ghettos und keine Krematorien von Auschwitz gegeben.
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Mit welchem Gepäck will die die Türkei in die EU aufgenommen werden ?
Dies ferne Gebiet, in dem sich die Tragödie abspielte, ist Europa inzwischen näher gerückt. Die Türkei klopft an die Tür der EU. Eben darum ist es für die Parlamente und Regierungen Europas so ausserordentlich wichtig, mit welchem historischen Gepäck Ankara in ihren Kreis aufgenommen werden will. Für viele wurde zur Schlüsselfrage, ob die Türkei die Tatsache des Völkermordes an den Armeniern im Jahre 1915 anerkennt.
Die Position Ankaras sieht äusserst befremdlich aus. Die Tatsache des Völkermordes wird schlicht geleugnet, obwohl sie inzwischen von 16 Staaten anerkannt wird. So auch am 4.10.2000 vom Aussenpolitischen Ausschuss des US-Kongresses. Die UN-Menschenrechtskomission verurteilte des Völkermord an den Armeniern. Schon am 18.Juni 1987 beschloss der Europarat, dass die Weigerung der Türkei, den Völkermord anzuerkennen zu einem unüberwindlichen Hindernis für den Beitritt zum Europarat wird.
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Sogar die Regierung Atatürks verurteilte anfangs den Völkermord
Paradox ist dabei, dass gerade die Türkei nach dem Ersten Weltkrieg den Völkermord zunächst verurteilt hatte, der heute von den Regierungskreisen in Anakara verschwiegen wird. Das geschah damals vor einem Sondertribunal, das von der neuen revolutionären Regierung Atatürks eingesetzt worden war. Allerdings war das Urteil ein reiner politischer Akt. Das neue Regime wollte lediglich alle Schuld auf den gerade gestürzten Sultan abschieben. Warum können die Regierenden der Türkei heute nicht das Gewissen ihres Volkes entlasten und unabweisbare Fakten von vor mittlerweile 90 Jahren anerkennen ?
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Geht es darum, dass die heutige Türkei Angst vor „armenischem Revanchismus“ hat ? Es ist ja kein Geheimnis, dass nach der Anerkennung des Holocausts gewaltige Wiedergutmachungszahlungen an die Opfer und ihre Erben gezahlt und allen Juden der Welt das Recht gewährt wurde, in die Bundesrepublik einzuwandern.
Ich bin persönlich weder Jurist noch Diplomat. Es scheint mir aber, dass es vielleicht das Beste für alle wäre, eine internationale Vereinbarung über eine Verjährungsfrist für derartige Wiedergutmachungszahlungen zu beschliessen.
Verjährungsfrist für Völkermord ?
Ich bin ein Kind der Armenier, die 1915 ums Leben kamen. Von 30 Familienangehörigen meines Urgrossvaters überlebten nur fünf den Todesmarsch nach Eriwan. Ich könnte der Türkei meine persönlichen Kompensations-Forderungen stellen.
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Aber für unser Volk wie auch für jedes beliebige andere ist das Allerwichtigste, ohne Angst vor einem neuen Völkermord auf dieser Welt zu leben.
Wichtig ist nicht großzügige Wiedergutmachung, sondern die Anerkennung und Verurteilung dieses Verbrechens gegen die Menschlichkeit.
Vielleicht sollte die Türkei ihren ersten Schritt nach Europa in Armenien machen, indem es seine Gegenwart von der tragischen Vergangenheit befreit.
Aschot Dschasojan, Moskau
Generalsekretär der Internationen Konföderation der Journalistenverbände
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