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Laut, ungestüm, ordinär – Leningrad tobt sich wieder auf deutschen Bühnen aus. Das Comeback der Sonderklasse. (Foto: Leningrad)
Laut, ungestüm, ordinär – Leningrad tobt sich wieder auf deutschen Bühnen aus. Das Comeback der Sonderklasse. (Foto: Leningrad)
Mittwoch, 08.06.2011

Leningrad – laut, ordinär und verdammt erfolgreich

Nürnberg. Große Ereignisse kündigen sich an: Ein Petersburger Underground-Mythos beehrt den Westen. „Leningrad“ kommen für drei Auftritte nach Deutschland, um der Partygemeinde gründlich den Marsch zu blasen. Und laut…

Niemand wollte es so richtig glauben, „Leningrad“ hierzulande noch einmal Live auf der Bühne zu sehen. Ein sensationelles Comeback steht bevor, Totgesagte leben einfach länger. Ganze zweieinhalb Jahre dauerte die Spielpause von „Leningrad“. Jetzt tauchen sie wieder auf, wie Phoenix aus der Asche.

"Wieder fit – für Profit!"


Das ist kein zweideutiges Statement einer Reunion-Band, sondern die ehrliche Kampfansage zu einer neuen Tournee. Keine Revue alter Best-Off-Hits, nein nein, ein brandneues Album wird präsentiert werden. Und die Band ist sich treu geblieben. Mit der Bläsersektion der russischen Ska-Band Spitfire im Rücken, wollen sich die Rabauken, die keinen Bock auf gute Manieren haben, wieder zusammen auf der Bühne austoben. Verbaler Unflat zum darin Suhlen inklusive. Kräftiger Sound und deftige Worte, daran hat sich nichts geändert.

Bizarre Karriere mit derben Mutterflüchen


Ein kleiner Blick zurück: Das neue musikalische Gesicht des Postsozialismus zeigte sich, das Show-Business rückte in die Öffentlichkeit. Vorbei die Zeiten des stillen Protests. Nach fünf Jahren Kapitalismus jedoch hatten viele die Nase vom Pop auch wieder voll, das Land wurde reif für eine neue Protestmusik.

Doch die alten Protesthelden taugten nichts mehr. Waren alt, müde, tot oder hatten inzwischen Jobs im Entertainment. Da kam die Band „Leningrad“ gerade zur rechten Zeit. Ein stets besoffener Haufen Musiker mit obszönen Texten, die nicht ins Fernsehen und in den Rundfunk dürfen, weil sie fast ausschließlich aus schlimmen Schimpfwörtern bestehen.

Wann und wo
10.06.2011 – Nürnberg, Löwensaal
11.06.2011 – Köln, Essigfabrik
12.06.2011 – Hamburg, Docks

Geschasst, zensiert und erfolgreicher denn je


2003 wurden „Leningrad“ wegen „Beleidigung der Öffentlichkeit“ vom Moskauer Bürgermeisters Luschkow mit einem Auftrittsverbot belegt. Vielleicht wurden sie gerade deswegen im Radio gespielt, auch wenn die Lieder, meist mit Pfeiftönen zensiert, nahezu nichts mehr mit dem Original zu tun hatten. „Leningrad“ geben sich redlich Mühe, das Enfant Terrible, das ihnen anhaftet, auch zu vertreten. Bei einem Auftritt in Nürnberg vor ein paar Jahren kamen sie dann schon einmal nackt auf die Bühne. Keine Scheu vor gar nix.

Sprachrohr der Straße


Sergej Schnurow, oder einfach nur Schnur genannt, wenn man so will die Seele der Band, verkörpert auf der Bühne die Sprache der Straße. Eine Sprache, die sich gegen den Kapitalismus-Overkill der Postsowjetunion wendet. Eine Sprache so messerscharf, dass sie gerade aus dem Gefängnis entlassen worden sein könnte.

Bei Russland-Aktuell
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• Rockin Advent Teil 2 – Die Russen stürmen den Laden (07.12.2010)
• Kaminer, seine Schwiegermutter und der Kaukasus (07.10.2010)
Und mit dieser Sprache erwischt er sie alle, dieser Schnur. Die alternative Szene St. Petersburgs beschreibt er selbst als „depressiv-idiotische Alkopsychose“. Exakt in diesem Terrain bewegt er sich und verpasst der Musik “Leningrads“ gleich noch das Image, dass es ohne Sex und Gewalt sowieso kaum geht auf dieser Welt.

Skandal, Blasphemie, aber keine Russendisko


Bei so viel angewandter bürgerlicher Philosophie mag es kaum verwundern, dass das Publikum nicht unbedingt der gehobenen Mittelschicht zugehörig ist, sondern eher den Mittelfinger zeigt. „Leningrad“ gilt als Skandalband. „Rockmusik zu machen, ohne zu trinken“, meint Schnur mit harmloser Miene, “bedeutet Gotteslästerung“.

„Leningrad“ unter dem Prädikat „Russendisko“ zu verharmlosen, funktioniert auch nicht. Zu tief gehen die schmierigen Lieder unter die Perücke. Wer sich also nun nicht zu steif fühlt, um etwas Besonderes zu erleben, sollte doch einfach mal hingehen und die russische Seele auf eine ganz andere Art zu erleben.

Es wird garantiert schweinelaut und säuisch lustig…



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