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Saakaschwili verdankt seine Popularität auch den teils nationalistischen Äußerungen (Foto: newsru) |
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Dienstag, 13.07.2004
Der gerechte Krieg in GeorgienAndré Ballin, Moskau. Was schon die antiken Philosophen Aristoteles und Platon beschäftigte, die Frage nach dem „gerechten Krieg“ („bellum iustum“), ist derzeit im Konflikt zwischen Georgien und Südossetien hochbrisant und aktuell. Beide Seiten sind scheinbar bereit, die bröckelnde Waffenruhe zu durchbrechen, um ihrer Meinung nach gerechte Ziele durchzusetzen. Für die Georgier ist es die Integrität des Staates, für Südosseten die Freiheit der Nation.
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Schwierige Vergangenheit
Seit 1922 lebten Südosseten und Georgier in einer Sowjetrepublik. Nach dem Motto: „Teile und herrsche“ hatte die Moskauer Zentralregierung die beiden Völker zwangsvereint. Neben den Südosseten wurden auch Abchasen und Adscharen der Sowjetrepublik Georgien zugeschlagen, um den Nationalismus der Titularnation zu schwächen.
Das Ende der Sowjetunion wurde auch in Georgien von einem Aufleben patriotisch-nationalistischer Stimmungen begleitet. Die nationalen Minderheiten fürchteten um ihre Autonomie und so erklärten sich Anfang der 90er Jahre sowohl Abchasien als auch Südossetien für unabhängig. Blutige Konflikte brachten keine endgültige Entscheidung über den Status der abtrünnigen Gebiete.
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Die Konfliktregionen: Adscharien, Abchasien und Südossetien (Karte: newsru) |
Offiziell werden sowohl Abchasien als auch Südossetien von der Staatengemeinschaft nicht als eigenständige Länder anerkannt. Doch nach dem Waffenstillstand, der unter Druck Russlands abgeschlossen wurde, verlor die Zentralregierung in Tiflis sowohl in Suchumi als auch in Zchinwali jegliche Kontrolle.
Die Georgier beschuldigen Russland, die Separatisten mit Waffen und Munition zu unterstützen und so die Politik der Sowjetunion fortzusetzen. Die beiden Regionen hingegen sehen in Russland ihren Schutzpatron, der sie vor dem unberechtigten Zugriff georgischer Nationalisten bewahrt. Russische Friedenstruppen überwachen den derzeit wieder sehr brüchigen Waffenstillstand.
Südossetien würde lieber heute als morgen der Russischen Föderation beitreten, umso mehr als der Großteil der Osseten sowieso in der russischen Teilrepublik Nordossetien lebt. Der Wunsch nach Eigenständigkeit und einer gemeinsamen Zukunft des gesamten Volkes ist also durchaus nachzuvollziehen.
Doch auch die Georgier sind nicht schuld daran, dass Ossetien vor 80 Jahren geteilt wurde. Ihr Beharren auf territorialer Integrität ist ebenfalls gerecht, denn nicht nur Aristoteles sah die Verteidigung eines legitimen Staates als gerechten Kriegsgrund an.
Neue Zuspitzung des Konflikts
Freilich sind nicht nur die Gründe entscheidend für die Frage, ob ein Krieg gerecht ist oder nicht. So muss sich Georgiens Präsident Michail Saakaschwili fragen lassen, welchen Anlass es für die seit Juni andauernden Provokationen aus Tiflis gegenüber der abtrünnigen Provinz gab.
Saakaschwili, offenbar beflügelt durch seinen Erfolg in der widerspenstigen Provinz Adscharien, versucht mit den gleichen Mitteln auch Südossetien wieder einzugliedern Militärischer und wirtschaftlicher Druck, gepaart mit diplomatischen Winkelzügen soll die Separatisten und offenbar auch Moskau weich kochen. Am Montag rief Saakaschwili die georgische Armee dazu auf, sich auf eine „groß angelegte ausländische Aggression“ vorzubereiten.
In Moskau zeigte sich der Sprecher des Außenministeriums Alexander Jakowenko verwundert über diese Rhetorik. Moskau habe stets versucht, „einen Bruderkrieg der mit uns befreundeten Nationen“ zu verhindern, sagte Jakowenko. Dass Moskau auch Südossetiens Provinzfürsten Kokoity (wie zuvor Abaschidse) davon überzeugt, die Waffen zu strecken, ist eher unwahrscheinlich und so scheint die Methode Saakaschwilis diesmal nicht aufzugehen.
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Auch am Dienstag gab es Provokationen der Streitparteien. Ein Hilfskonvoi aus Russland wurde von einem georgischen Posten an der Weiterfahrt nach Südossetien gehindert, weil die Waren angeblich nicht ordnungsgemäß dem georgischen Zoll vorgeführt wurden. Südossetien hält nach wie vor drei georgische Soldaten als Geiseln, nach Angaben aus Zchinwali sollen sie allerdings am Donnerstag frei kommen.
Dieses Versöhnungsangebot sollte Saakaschwili annehmen, denn eine wirkliche Wiedervereinigung kann nur durch einen friedlichen Kompromiss und nicht durch Erpressung erreicht werden.
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