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Der Sommerpalast befindet sich im Sommergarten mitten im Stadtzentrum (Foto: stb/spz)
Der Sommerpalast befindet sich im Sommergarten mitten im Stadtzentrum (Foto: stb/spz)
Dienstag, 08.08.2006

Petersburgs erstes Zarenschloss - im Landhausstil

St. Petersburg. Im wohl bekanntesten Park der Stadt befindet sich das älteste Steingebäude Petersburgs. Heute würde man in Russland sagen: Der Sommerpalast diente Zar Peter I. und seiner Frau Katherina I. als Datscha.

Wer auf den Spuren der ersten Petersburger Zarenfamilie wandeln möchte, sollte unbedingt einen Blick in dieses charmante „Palästchen“ werfen.

Wir schreiben das Jahr 1714: Nach vierjähriger Bauzeit konnte das Zarenpaar ihren neuen, vom Schweizer Jung-Architekten Dominico Trezzini geplanten Sommersitz beziehen. Hier an der mit einem wundervollen Blick auf die Fontanka und die Newa gesegneten Nordost-Ecke des Sommergartens verbrachten Zar Peter und seine Gattin Katharina in einer für die Verhältnisse des Hochadels bescheidenen Heimstatt die Sommermonate.

Am Eingang zum Sommerpalast erwartet uns eine Sicherheitszone, in der wir samt Schuhen in Filzlatschen schlüpfen, um den alten Boden nicht zu bestätigen. Nach einem Gang durch einen Sicherheits-Scanner darf man sich dann 300 Jahre zurück versetzt fühlen.

Auch der Privatsekretär hat sein eigenes Reich


Wir befinden uns im Erdgeschoß, in den Gemächern von Peter dem Großen. Seine Gemahlin richtete sich dagegen im oberen Stock häuslich ein. So sind die persönlichen Unterschiede zwischen Peter, der eher bescheiden lebte, und seiner Frau, die das prunkvolle Leben schätzte, gut erkennen.

Die Koordinaten
Geöffnet: Von Anfang Mai bis Ende Oktober täglich von 11 Uhr bis 18 Uhr – aber nur bei gutem Wetter.
Eintritt: Einheimische 80 Rubel, Ausländer 300 Rubel, Studenten 150 Rubel
Foto-Erlaubnis: 100 Rubel

Die auf beiden Ebenen original erhaltenen Einrichtungsgegenstände versetzen den Besucher in eine Zeit, in der an Autoabgase, Straßencafés und Umweltkatastrophen noch nicht zu denken war.

Zunächst werfen wir jedoch eine Blick in das Zimmer des persönlichen Gehilfen A.M. Makarow, dem ständigen Begleiter des Zaren. Hier steht ein Schachtisch, an welchem der Stadtgründer und sein Sekretär in den Abendstunden spielten.

Der Traumgott blickt auf den Zaren-Pyjama


Zar Peters Himmelbett (Foto: stb/SPZ)
Zar Peters Himmelbett (Foto: stb/SPZ)
Im Schlafzimmer des Stadtgründers hängt ein Bild von Morpheus, dem Gott der Träume, neben dem Bett mit Baldachin. Doch mehr fasziniert uns der Orginal-Zarenschlafanzug auf dem Himmelbett.

Neben den Gemächern befindet sich der wohl wichtigste Raum des Hauses – das Arbeitszimmer, in welchem der Zar auch mit allerhand Werkzeugen an seinem Schreibtisch bastelte. Hier steht auch eine für die damalige Forschung sehr fortschrittliche „Wettermaschine“. Auf den ersten Blick denken wir, es handelt sich um ein Kunstwerk. Doch sie erlaubte, neben der Uhrzeit auch die Daten eines auf dem Dach installierten Windmessers abzulesen.

Zar Peter ließ seine Gäste auch mal stehen


Daraufhin gelangt man in das eher für kleine Familienessen ausgelegte Speisezimmer. In seiner Mitte steht ein aus Eiche geschnitzter Esstisch, eingedeckt mit russischen Tellern und deutschen Weingläsern, an den Wänden hängen Bilder holländischer Künstler.

Wer bei Peters Gastmahlen keinen Platz an dem für acht Personen ausgelegten Tisch fand, musste stehen. Angesichts der Enge schien die Durchreiche von der Küche ins Esszimmer für das frühe 18. Jahrhundert eine sehr fortschrittliche Idee zu sein.

Aufstieg von der Bescheidenheit in prunkvolle Gemächer


Schlichtheit statt Prunk: Peter liebte den holländischen Stil (Foto: stb/spz)
Schlichtheit statt Prunk: Peter liebte den holländischen Stil (Foto: stb/spz)
Nach einem Blick in die Küche mit ihren orginal erhaltenen Keramikfliesen mit Kobaltbemalung und auch in jenen stillen Ort, wohin auch Kaiser bekanntlich immer zu Fuß gehen, steigt man über eine Treppe in das Reich Kathrinas auf.

Wie auch eine Etage tiefer gab es hier zunächst ein Wartezimmer für die weiblichen Besucherinnen der Zarewna – aber mit einem Fensterchen in der Tür, durch welches die wartenden Ladies begutachtet werden konnten.

Einblicke ins Familienleben


In Katharinas Schlafzimmer sind die Decken mit Samt verkleidet, an den Wänden hängen Bilder holländischer Künstler, die Peter von seiner großen Reise in den Westen mitgebracht hat. Weiter gelangt man ins Kinderzimmer des im Alter von vier Jahren verstorbenen Zarewitschs Peter Petrowitsch. Neben der Wiege von „Knobbel“, wie der Zar seinen Sohnemann liebevoll nannte, sind Utensilien des Kindermädchens, das ebenfalls dort wohnte, zu sehen.

Für die Töchter des Hauses gab es eigens einen kleinen Tanzsaal. Hierher wurden auch Artisten eingeladen, um der Zarenfamilie Theateraufführungen zu präsentieren. „Die Feiern gingen von 17 Uhr bis 22 Uhr, danach musste jeder nach Hause gehen“, steht auf einer Wandtafel geschrieben.

In Katharinas Arbeitszimmer hängt an jeder Wand ein Medaillion, welches die Kontinente Europa, Asien, Afrika und Amerika darstellen soll: Zum Glück für die damaligen Innenarchitekten waren Australien und die Antarktis noch nicht bekannt.

(Stefanie Barth/SPZ)



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