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Franz Sedelmayer greift nun auch in Berlin nach einer russischen Immobilie (Foto: NTW/newsru)
Franz Sedelmayer greift nun auch in Berlin nach einer russischen Immobilie (Foto: NTW/newsru)
Dienstag, 22.09.2009

Berlin: Sedelmayer lässt "Russisches Haus" pfänden

Berlin. Neuer Runde im Kampf Sedelmayer gegen den Kreml: Der deutsche Unternehmer hat Hand auf das bekannte „Russische Haus“ an der Friedrichstraße gelegt. Dabei will er vom russischen Staat nur etwas Geld zurück.

Bereits am 9. September ordnete das Amtsgericht des Stadtbezirks Mitte an, dass die Immobilie des „Russischen Hauses“ unter Zwangsverwaltung durch einen beauftragten Rechtsanwalt gestellt wird. Gleichzeitig erging der Beschluss, die Zwangsversteigerung des Gebäudes im Karree Friedrichstraße-Taubenstraße-Jägerstraße in die Wege zu leiten.

Russland läuft damit akut Gefahr, dass das größte seiner ausländischen Kulturzentren schlichtweg unter den Hammer kommt – weil sich der Kreml hartnäckig über Jahre geweigert hat, gerichtlich international anerkannte Forderungen eines einstigen Geschäftspartners anzuerkennen und zu begleichen.

Dabei geht es im Fall Sedelmayer gar nicht um Summen, die für Russland nicht aufzubringen wären: Er versucht, von der Russischen Föderation 4,5 Mio. Euro einzutreiben. Der Wert des siebenstöckigen Betonklotzes an der mondänen Friedrichstraße ist hingegen nach Schätzungen von Fachleuten mit etwa 4.000 Euro pro Quadratmeter anzusetzen – macht 116 Mio. Euro Gesamtwert.

Drohen nun dem Goethe-Institut russische Retourkutschen?


Im ungünstigsten Falle könnte der Skandal auch Konsequenzen für die Arbeit des Goethe-Institutes in Russland haben – dem deutschen Gegenstück des „Russischen Hauses der Kultur und Wissenschaft“ bzw. der als Träger fungierenden Kulturmittlerorganisation „RosSadrutnitschestwo“.

Michail Wladimir, der Direktor des „Russischen Hauses“ bezeichnete gegenüber der Moskauer Zeitung „Kommersant“ die gerichtliche Beschlagnahme seines Gebäudes als „absolut unbegründet und untragbar“. Die durch Staatsverträge geregelte Arbeit der Kultur-Botschaft könnte dadurch paralysiert werden.

Es seien aber bereits im Gegenzug rechtliche Schritte eingeleitet worden - also offenbar ein Widerspruch gegen die jüngsten amtsgerichtlichen Beschlüsse. Bislang sei das Gebäude auch nicht an den Zwangsverwalter übergeben worden, so Wladimir.

Köln 2008: Sedelmayer siegt - sieht aber kein Geld


Bereits im letzten Jahr kamen in Köln einige Gebäude der ehemaligen sowjetischen Handelsvertretung unter den Hammer, die Sedelmayer ebenfalls mit Beschlag belegt hat. Damals zog sich der russische Staat aus der Affäre, in dem er die Immobilien für ca. 2,9 Mio. Euro direkt vor der Versteigerung zurückkaufte.

Bei Russland-Aktuell
• Ermittlungen zum „Russischen Haus“ eingestellt (12.03.2004)
• Sedelmayer: Russland kauft Kölner Immobilien zurück (18.12.2008)
• Erblast: Russischer Staat verliert Immobilie in Köln (20.03.2008)
• ILA: Russischer Messestand wurde nicht gepfändet (22.05.2006)
• Deutscher Unternehmer beschlagnahmt Kreml-Gebäude (07.03.2006)
Allerdings ist das Geld bis zum heutigen Tag bei Sedelmayer nicht angekommen. Das russische Auslandsvermögensamt „GosSagranSobstvennost“ hält es offenbar nicht für nötig zu bezahlen, da im Grundbuch für die russische Seite ein Nutzungsrecht für die Gebäude eingeschrieben ist.

Deshalb steht Mitte Dezember in Köln auch eine erneute Versteigerung an. Wie Sedelmayer gegenüber Russland-Aktuell erklärte, handelt es sich dabei jedoch um eine andere Parzelle des Komplexes. Im Frühjahr 2010 würden noch vier weitere Versteigerungen in Köln folgen.

Bayerischer Dickschädel rennt gegen die Kremlmauern


Kein anderes Opfer der wirren Business-Jahre Anfang der 90er Jahre verfolgt seine Ansprüche aus geplatzten Russland-Geschäften so hartnäckig wie Franz Sedelmayer. Seit nunmehr 14 Jahren versucht er vom russischen Staat Schadenersatz für ein nach einer windigen Immobilienenteignung gescheitertes Joint-Venture mit der Petersburger Polizeibehörde einzutreiben.

1998 bestätigte das in den Gründungsverträgen als Schiedsinstanz genannte Stockholmer Handelsgericht, dass Sedelmayer 2,35 Mio. Dollar Schadenersatz zustehen. Aufgrund von Zinsen und Verfahrenskosten hat sich diese Summe inzwischen mehr als verdoppelt.

Nachdem Sedelmayer jahrelang vergeblich juristisch gegen die Kremlmauern anrannte und mehrere Pfändungsversuche russischen Eigentums im Ausland scheiterten, ist der hartnäckige Bayer inzwischen wohl doch auf die Zielgerade eingebogen.

„Seit den sog. „Kölner Entscheidungen“ kann heute jedes deutsche Gericht schwarz auf weiß nachlesen, dass Eigentum der Russischen Föderation pfändbar und verwertbar ist und eben nicht grundsätzlich einer etwaigen Vollstreckungsimmunität dieses fremden Staates unterliegt. Es geht hier um die Art der Nutzung des Russischen Hauses und die ist nun einmal rein gewerblich“, erklärt Sedelmayer seinen jüngsten Erfolg.

2004: Sedelmayers erste Attacke auf das "Russische Haus"


2004 war er schon einmal mit einer Betrugsklage gegen das Russische Haus vorgegangen. Nach Sedelmayers Überzeugung nutzt die russische Kulturinstitution das Gebäude widerrechtlich und bezahlt auch nicht die eigentlich fälligen deutschen Steuern auf seine Mieteinnahmen.

Die Anzeige blieb damals ohne Folgen - und eine Enteignung stand nicht zur Debatte, da im Berliner Grundbuch die Bundesrepublik Deutschland als Eigner des Areals eingetragen ist.

Sedelmayer und seine Juristen machten in der Zwischenzeit aber eine interessante Entdeckung im auch in Deutschland nicht immer transparenten Bürokratie-Dickicht: „Das Grundbuchamt enthielt uns damals vor, dass es ein weiteres, eigenes Grundbuchblatt für das Gebäude gibt, wie vormals in der DDR und heute noch in Russland üblich. Somit fallen etwaige Eigentumsrechte am Grundstück und am Gebäude völlig auseinander. Deutschland ist nach wie vor der Grundstückseigentümer, wogegen die Russische Föderation eingetragene Eigentümerin des Gebäudes war und bis heute geblieben ist. Unsere Pfändung betrifft also nur das Gebäude“, erklärt er.

Sedelmayer verkauft nun sein Know-how


Originellerweise hat Sedelmayer – ursprünglich mit dem Handel von Spezialausrüstung für Polizeikräfte und Sicherheitsfirmen beschäftigt - aus seinem langjährigen Zwist mit dem russischen Staat eine Geschäftsidee gemacht: In Chicago gründete er die „MARCompany“, eine Beratungsfirma zur Eintreibung von Forderungen gegen – gelinde gesagt – uneinsichtige und komplizierte Staaten.

„Die Geschäftsidee resultierte daraus, dass ich als Privatgläubiger schon sehr früh erkennen musste, dass ich alleine mit einem Standardjuristen (ich meine dies nicht abfällig!!) keine Chance hatte, die Vollstreckung gegen einen übermächtigen und skrupellosen Gegner wie den russischen Staat umzusetzen. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass dieser Staat sich erlauben kann, Juristen zu beauftragen, die nicht vor Urkundenfälschung und Prozessbetrug zurückschrecken“, so Sedelmayer.

Spaß am Kampf gegen russische Rechtsbeugung


Mit den Jahren habe er immer mehr Spezialisten hinzugezogen, die ihm halfen, Gefälligkeitsgutachten oder amtliche Fälschungen aus Moskau vor westlichen Gerichten als solche zu entlarven. Er habe inzwischen ein erfahrenes "Team von Experten, die sehr effektiv und vor allem sehr Zeit und Kosten sparend tätig sind".
Seine Erfahrungen, so Sedelmayer, werden auch anderen ausländischen Investoren zu Gute kommen, die durch manch fragwürdige Staatsaktion um Vermögen gebracht wurden. „Ich denke hier vor allem an die Schiedsverfahren der geschädigten Yukos-Aktionäre.“

Es sieht so aus, als würde Sedelmayer dem Kreml auch weiterhin Kopfschmerzen machen - erst recht wenn er seine privaten Schulden irgendwann einmal eingetrieben haben sollte. Er und
sein Team hätten jedenfalls, so sagt er, inzwischen "viel Spaß, an dem was wir tun."



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