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Europas höchster Wolkenkratzer in Moskau wird weiter gebaut. Der Berliner Architekt Tchoban. (Foto: Voßwinkel/rufo)
Europas höchster Wolkenkratzer in Moskau wird weiter gebaut. Der Berliner Architekt Tchoban. (Foto: Voßwinkel/rufo)

Keine Angst vor Terroranschlägen: Federazija-Turm

Berlin. Europas höchster Wolkenkratzer in Moskau wird weiter gebaut. Der Berliner Architekt Tchoban nennt Berichte, aus Angst vor Anschlägen werde auf den Bau des „Federazija-Turms“ verzichtet, „absoluten Quatsch“.

An dem Projekt, das das Herzstück des neuen Verwaltungsbezirks „Moskwa-City“ werden soll, gebe es keinerlei Veränderungen, sagte Sergei Tchoban zu Russland-aktuell.RU . Auch an seinem Auftrag habe sich nichts geändert. Allen anders lautenden Gerüchten, die aus unerklärlichen Gründen immer wieder auftauchen, zum Trotz gehen die Bauarbeiten zügig weiter. Der „Federazija-Turm“ sei bereits bis zur siebten Etage fertig gestellt.

Nicht das höchste Hochhaus der Welt - aber das höchste in Europa

Tatsächlich hat die Moskauer Stadtverwaltung beschlossen, ein seit langem geplantes Herzstück von „Moskwa-City“vorerst nicht zu bauen. Der Bau des auf 648 m Höhe und 116 Stockwerke ausgelegten Wolkenkratzers „Rossija“ ist bis auf Weiteres verschoben. Sollte der Gigant später doch gebaut werden, wird sein Standort verlegt.

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Neues Zentrum von Moskwa-City wird der Federazija-Turm, der mit 345 m Höhe (mit Antenne sind es 420 m) und 82 Stockwerken immerhin das höchste Gebäude Europas werden wird. Er soll im Jahre 2007 fertiggestellt werden.

Über die Besonderheiten des „Federazija-Turms“ und wie er gegen Terroranschläge gesichert werden soll, sprach der Architekt Peter Vosswinkel für Russland-Aktuell und Architektur.aktuell mit Sergei Tchoban.

architektur.aktuell: Bevor wir zu Ihrer persönlichen Geschichte kommen, möchten wir über den Federazija-Turm in Moskau sprechen. Wie ist es zu dem Auftrag gekommen?

Tchoban: Es begann mit der Ausschreibung Anfang 2003. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis wir sicher waren, dass unser Vorschlag auch umgesetzt wird. Bis wir weitere Teile des Wettbewerbsentwurfs eigenständig umsetzen durften, sind weitere zwei Jahre vergangen. Der Entwurf mußte noch zweimal überarbeitet werden, bis das Gremium aus Stadtregierung, Stadtbaudirektor Kusmin, die Bauherrenschaft, vertreten durch den Chef der Mirax-Group, Ballonski, und letztendlich auch Bürgermeister Luschkow zugestimmt hatte.

Vor der Entscheidung haben wir uns alle mit Peter Schweger, dem Architekten des Maintower, in Frankfurt am Main getroffen. Die Präsentation wurde sehr interessiert aufgenommen. Der Bauher war daraufhin sofort entschlossen, mit uns zusammen zu arbeiten.

a.a.: Die Mirax-Group tritt bei diesem Projekt als Bauträger auf?

Foto: Vosswinkel/rufo
Tchoban: Ja, die Mirax-Group ist Bauträger. Ein großer Projektentwickler, der mit riesengroßen Bauflächen in Moskau vertreten ist.

a.a.: Wieviele Teilnehmer hat es an der Ausschreibung gegeben?

Tchoban: Letztendlich wissen wir nicht, wie viele daran teilgenommen haben. Es gab weitere deutsche Teams, ein französisches Angebot, einige amerikanische Architekturbüros und auch russische Vorschläge. Der Bauherr hat sich letztendlich entschieden, mit uns zusammenzugehen, um die umfangreiche deutsche Erfahrung zu nutzen.

a.a.: In wie weit ist der Entwurf vor dem Hintergrund von politischen Entwicklungen und Anschlägen angepasst worden? Ist das statische System verändert worden?

Tchoban: Ja, sehr stark. Wir hatten am Anfang ein Hauptträgersystem mit einem tragenden zentralen Kern und einer angehängten Fassade. Wir sind dann auf ein System umgestiegen, das den zentralen Kern und die äußeren Stützen als sogenanntes tube-and-tube-System bildet. Dabei gibt es eine Stütze für den Ausbau, zwei andere Stützen tragen für vorherige drei. Wenn da eventuell ein Flugzeug reinstürzt, würde das Haus trotzdem stehen bleiben, da es zwei unabhängige tragende statische Systeme gibt.

Es sind außerdem Wände um den Kern herum vorgesehen, die über einen Meter stark sind. Sie trennen die eigentlichen Fluchtwege von den einzelnen Flächen ab. Es sind bis zu vier Stunden Brandwiderstand vorgesehen, also ein erhöhter Brandschutz, vor allem auch in den Untergeschossen.

Es gibt kein Parkhaus mehr unter dem Gebäude. Die Möglichkeit eines Anschlags aus einem Auto heraus soll dadurch ausgeschlossen werden. Ein Angriff auf die Fundamente ist völlig auszuschließen. Das Parkhaus wird seperat auf einem anderen Grundstück vorgesehen und über einen Tunnel an das Haupthaus angeschlossen. Der Tunnel wird mit einem speziellen Feuer- und Drucksensor ausgestattet, um ein Vordringen in das Haupthaus zu verhindern. Es sind noch weitere Maßnahmen berücksichtigt worden, die hier nicht alle genannt werden können.

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a.a.: Welches wird das tragende Element, welche Materialien werden verwendet?

Tchoban: Tragendes Element der Hauptfassade wird Glas, allerdings in Verbindung mit Geschossverkleidungselementen. Es werden aufgelöste, verfremdete Elemete verwendet, wie ein Abdruck vom Himmel oder der Natur. Diese Elemente werden auf die Fassade übertragen. Ein dreidimensionales Bild wird also zweidimensional auf den Verkleidungsfeldern zwischen einzelnen Geschossen auf Glaselementen aufgebaut.

Im Erdgeschoss wird es wahrscheinlich eine felsenartige Natursteinfassade geben. Entweder Felsenblöcke im viergeschossigen Podium, die im Kontrast zum gläsernen Oberen stehen. Oder es wird auch wiederum eine Glasfassade geben, auf der eine Felsenlandschaft dargestellt wird. Im Grunde genommen gibt es ein festes Vorbild, eine Felsenlandschaft. Das statische System ist aus Stahl.

a.a.: Sie haben im Zusammenhang mit dem Federazija-Hochhaus von einer organischen Verbindung gesprochen. Wie ist das zu verstehen?

Tchoban: Der Turm schließt sich im Grundriss aus dreieckigen Baukörpern mit weichen Seiten zu einer Gesamtlinse zusammen. Die Aufgabe war, einen Gesamtkomplex aus zwei ungleichen Gebäuden zu schaffen, was von der kompositorischen Seite sehr schwierig ist. Man stellt sich immer zwei gleiche Baukörper oder einen Baukörper als Hochhaus vor.

Dieser Schwung der beiden Baukörper zueinander mit einer zentralen Achse, das ist eigentlich das Prinzip gewesen, das überzeugt hat.

Moskau ist eine sehr silhouettenhafte Stadt, immer zentral zulaufend auf die klaren Silhouetten der bestehenden Hochhäuser. Das ist unsere Antwort auf die Frage: Was ist heute die Silhouette eines Hochhauses - ohne dass es zu irgendeinem Turm kommt mit einem plumpen Zahnstocher oben drauf.

Der Federazija-Entwurf ist eine kompositorische Einheit aus drei Elementen. Die Mitte ist eine Antenne. Im oberen Bereich und bis zur Höhe von 340 m als Zylinder ausgebildet, in dem zwei Aufzüge fahren. Außerdem gibt es die Nottreppenhäuser. Die zusätzlichen Panorama-Aufzüge fahren außen in einer geringeren Geschwindigkeit nach oben. Die Fahrt dauert 10 bis 15 Minuten und man kann aus dem Lift die Innenstadt sehen. Oben gibt es dann eine Aussichtsplattform, von der man die gesamte Stadt sehen kann. Direkt darüber gibt es ein Restaurant.

a.a.: Sie haben mal davon gesprochen, dass Sie Architektur und Städtebau mehr skulpturartig verstehen und nicht unbedingt als eine im Zusammenhang stehende städtebauliche Gesamtkomposition?

Tchoban: Für diesen Ort in Moskau-City besteht der Städtebau aus einzelnen Skulpturen, das ist immer so bei einer Hochhausstadt. Auch wenn es eine Gesamt-Idee gibt, die das Viertel spiralartig bis zur Spitze aufsteigen läßt. Jedes Haus stellt für sich dennoch eine Einheit, eine erkennbare Silhouette dar. In Überlappung, im Zusammenspiel bildet diese Silhouette auch den Reiz solch eines Hochhausviertels.

Es ist aber nicht so, dass ich insgesamt diese Form von Städtebau bevorzuge. In Petersburg habe ich einen Zugang zum Städtebau, wo ich so eine Form nur bedingt befürworten würde. Für Moskau, eine Metropole im wirtschaftlichen Aufschwung, eine absolut übergroße Stadt, gehört so ein Hochhausviertel schon dazu.

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a.a.: Sie wissen aber, dass diese Stadtentwicklung von verschiedenen Seiten kritisiert wird?

Tchoban: Das ist immer so. Ich bin daran gewöhnt, dass die Projekte aus unterschiedlichen Blickwinkeln auch kritisch beurteilt werden. Aber ich denke, die Qualität der Ausarbeitung, die Qualität der Detailierung, der architektonischen Ausformulierung wird so positiv sein, dass auch die Kritiker überzeugt werden können.

Man kann natürlich die Haltung haben, das gar keine Hochhäuser gebaut werden dürfen. In Moskau muß so etwas aber möglich sein. Moskau ist eine Stadt der Objekte. Petersburg ist dagegen die Stadt der Räume.

Kritik sehe ich grundsätzlich als Diskussionsbasis. Jede Kathedrale wurde hart kritisiert. Man sieht daran, dass die zeitgenössische Meinung nicht unbedingt der geschichtlichen Dimension standhält.

a.a.: Ein Kritikpunkt ist natürlich, dass hier die Macht demonstriert wird und das auch sehr deutlich ausgedrückt wird.

Tchoban: Das ist völlig richtig. Ich würde mich wundern wenn ein Haus, welches das derzeit höchste in Moskau stehende Haus um über 200 m überragt, keine Kritik auslösen würde.

a.a.: Unabhängig davon würde mich interessieren, mit welchem ihrer Objekte sie sich am meisten identifizieren?

Tchoban: Das Projekt in St. Petersburg mit der Fassade in der neuen Dekorsprache, wird ein sehr schönes Haus sein, ein ungewöhnliches und unerwartetes Haus. Auch in Berlin gibt es am Europacenter einen Kaufhausumbau. Dieser und der Umbau des Berolina-Hauses sind sehr interessante Objekte, mit denen ich mich sehr identifiziere. Weitgehend versuche ich schon die Projekte zu machen, mit denen ich übereinstimme, sonst müßte man unseren Beruf auch nicht machen. Zum Geld verdienen ist es sicher nicht der einfachste und geradeste Weg, ganz und gar nicht. Ich glaube es ist eine gewisse Berufung, eine Mission.

Das Gespräch führte Peter Voßwinkel mit Sergei Tchoban in Berlin.

Weitere Interviews mit Sergej Tchoban finden Sie unter architektur.aktuell.ru

(Fortsetzung folgt in den nächsten Tagen)



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