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Antiterror-Kundgebung in St. Petersburg (foto. ld/rufo) |
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Montag, 06.09.2004
Ruf nach der Todesstrafe auf Antiterror-MeetingVon Lothar Deeg, St. Petersburg. Auf dem Petersburger Schlossplatz fand eine offizielle Großkundgebung gegen den Terror statt. Neben Abscheu über die erlebte Gewalt sowie Trauer und Mitgefühl für Nordossetien lautete die Kernaussage der meisten Redner: „Wenn wir zusammenhalten, besiegen wir den Terrorismus“. Die Frage, wie der Terrorismus besiegt werden könne, fand aber nur eine beklemmende Antwort: Die Todesstrafe.
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Valentina Matwijenko, die Gouverneurin von St. Petersburg war nach Nordossetien geflogen. Sie trat deshalb mit einer Videobotschaft auf. Zu Beginn der Veranstaltung vor der Ermitage war über die Großbildschirme nochmals die samstägliche TV-Ansprache von Wladimir Putin gezeigt worden.
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In Moskau findet eine ähnliche Veranstaltung am Dienstag am Kreml statt. Zu der von der Petersburger Stadtverwaltung organisierten zweistündigen Kundgebung kamen nach deren Angaben etwa 50.000 Menschen - hauptsächlich Studenten, die an ihren Hochschulen dafür frei bekamen. Medizinstudenten waren in ihren weißen Kitteln erschienen und legten großen Wert darauf, dass ihre Gruppensprecher sie nicht vergaßen, als Teilnehmerlisten angefertigt wurden. „Die gehen dann an die Fakultätsleitung, was immer die damit auch machen“, erklärte eine Studentin der anderen. Ältere Menschen waren wenig auf dem Platz.
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Die Versammlung erfolgte unter starken Sicherheitsvorkehrungen: Mit einer langen Kette aus Muldenkippern war der weite Platz zur Straße hin abgeriegelt worden offenbar um zu verhindern, dass Attentäter mit Autos in die Menge fahren. Um vor die Rednertribüne zu gelangen, mussten die Demonstranten Sicherheitsschleusen passieren, wo Kleidung und Taschen kurz, aber streng kontrolliert wurden. Die Zahl der Kontrollpunkte war gering, vor den Absperrungen schienen sich mehr Menschen zu stauen als auf dem Platz selbst. Doch niemand drängelte, die Stimmung unter den jungen Leuten war gelöst.
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Antiterror-Kundgebung in St. Petersburg (foto. ld/rufo) |
Vertreter von Politik, Kirchen, aus der Kultur und dem Bildungswesen hielten kurze Ansprachen. Es fehlte nicht an Aussagen, die die Terrorangriffe der letzten Tage mit dem Existenzkampf des Landes im Zweiten Weltkrieg oder der Belagerung Leningrads verglichen. Auch damals habe das Land nur durch absoluten Zusammenhalt den Feind besiegen können. Ein Sprecher von Veteranenverbänden sagte über die Terroristen von Beslan, „diese Unmenschen haben mit ihren Gräueltaten sogar das übertroffen, was sich die Faschisten in all den Jahren des Krieges leisteten“.
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In den meisten Wortmeldungen wurde die von Putin zwei Tage zuvor gemachte Wortwahl vom „Krieg gegen Russland“ und dem „Sieg durch Einigkeit“ wiedergegeben. Darüber, wie konkret die Einigkeit der Bevölkerung jedoch den Terrorismus aufhalten und besiegen kann, schwiegen sich die Redner unisono aus. Auch die Frage, ob die aktuelle Terrorwelle denn umgekehrt ein Resultat fehlender Einheit im Lande gewesen sei, blieb ausgeklammert. Nenennswerte Reaktionen riefen die Standard-Parolen und -Appelle unter den Versammelten nicht hervor. Manche Redner verlasen ihren Text, ohne dass sich in der Menge etwas rührte. Schließlich stand man ja bereits zusammen, zeigte also Einigkeit und auch etwas Mut, sich in diesen Horror-Tagen überhaupt in eine Menschenmenge zu wagen. Nur wie damit auf diese Weise der internationale Terrorismus abzuwehren sei, blieb eine offene und auch ungestellte Frage.
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Antiterror-Kundgebung in St. Petersburg (foto. ld/rufo) |
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Anders reagierte das Publikum, als erst der Filmregisseur Alexej German, dann der Veteranensprecher und schließlich der populäre Chansonnier und Duma-Abgeordnete Alexander Rosenbaum konkret wurden: Ihre Forderung: Erschießen - Wiedereinführung der Todesstrafe in Russland für Terroristen und deren Helfer. Viele klatschten auf dem Schlossplatz. Nicht alle, aber mehr als je zuvor und danach. Wer nicht applaudierte, fragte sich wohl im Stillen, welche abschreckende Wirkung die Todesstrafe auf Selbstmordattentäter haben könne, die glauben, als massenmordende Märtyrer ins Paradies einzugehen.
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„Ich werde mich in der Duma dafür einsetzten, dass das Moratorium aufgehoben wird“, sagte Rosenbaum. Und wie er zuvor hergeleitet hatte, wäre das nicht einmal inhuman: Denn die Terroristen entstammten einer anderen Zivilisation - so etwas wie Außerirdische, die die Menschheit attackierten.
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In die von den Veranstaltern verfasste Abschlussresolution ging das nicht ein. Sie war schließlich schon vorab geschrieben worden und sprach vom Versprechen der Petersburger, maximal aufmerksam zu sein und den Polizei- und Justizbehörden jegliche Unterstützung zu zeigen. Und das Einigsein, von dem alle zuvor sprachen, sei eine „Einheit aller Völker des multinationalen Russlands“. Das war immerhin etwas konkreter. (ld/.rufo)
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Die zwei Türme: Die goldene Kuppel der Isaaks-Kathedrale und die Nadel der Admiralität markieren weithin sichtbar das Petersburger Stadtzentrum. (foto: ld/rufo)
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