Dienstag, 01.02.2005
Schwerreicher Duma-Abgeordneter spurlos versunkenSt. Petersburg. Am Ufer des Finnischen Meerbusens bei Wyborg suchen Taucher nach der Leiche des Duma-Abgeordneten Kirill Ragosin. Der Inhaber des Wodka-, Glas- und Immobilienkonzerns „Weda“ war bei eine Spritztour mit seinem Motorschlitten im Eis eingebrochen und untergegangen. Ein Mitfahrer konnte sich retten.
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Wenn unter einem einfachen russischen Eisfischer die Scholle bricht was Winter für Winter immer wieder vorkommt betreiben die Behörden keine vergleichbar aufwändigen Suchaktionen. In Falle Ragosins sind inzwischen 20 Fachleute und reichlich Technik im Einsatz: Am Dienstag morgen wurde die Aktion bei besseren Wetterbedingungen fortgesetzt. Bislang konnten Bootsbesatzungen und Taucher in dem an der Unglücksstelle etwa 17 Meter tiefen Wasser jedoch keine Leiche entdecken.
Die Strömung dort sei relativ stark. Aus ihrer Praxis wissen die Rettungskräfte, dass Menschen, die im Winter einmal unter das Ostsee-Eis gezogen wurden, oft nie oder erst nach Wochen durch Zufall aufgefunden werden. Im Falle Ragosins gibt man sich jedoch besondere Mühe: Wenn seine Leiche gefunden werden sollte, kann zum einen die Frage der Neubesetzung seines Duma-Mandates in den Reihen der Fraktion von „Einiges Russland“ schneller geklärt werden.
Leichensuche auch aus geschäftlichen Gründen
Zum anderen dürfte auch der Weda-Konzern ein starkes Interesse daran haben, nach der amtlichen Bestätigung des Todes seines Chefs die Besitz- und Machtverhältnisse zügiger ordnen zu können. Laut der Zeitung „Delowoj Peterburg“ müssen dem Gesetz zufolge sechs Monate verstreichen, um einen Vermissten für tot erklären zu können und dies auch nur, wenn er unter Umständen verschwand, die eine lebensgefährliche Situation darstellten.
Dies zumindest kann man im Falle des 37 Jahre alten Unternehmers voraussetzen genauso wie groben Leichtsinn als Unglücksursache: Ragosin und ein Freund waren noch nach Einbruch der Dunkelheit mit Ragosins Yamaha-Schneemobil auf dem Eis unterwegs. Eigentlich hätte es den Ortskundigen bewusst sein müssen, dass wegen des wenig beständigen Winters und der starken Strömungen in der Wyborger Bucht das Eis hier keine solide Unterlage darstellt. Ragosins ebenfalls ins Wasser gestürzter Mitfahrer konnte von einem Eisfischer gerettet werden und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert.
Ragosin: „Wodka-König“ und Parlamentarier
Der Umgekommene war in und um St. Petersburg weniger als Politiker denn als „Wodka-König“ bekannt: So titulierte ihn heute jedenfalls die Zeitung „Kommersant“. Nach inoffiziellen Angaben des „Delowoj Peterburg“ gehörten Ragosin 50 Prozent der Anteil der Holding Weda-Sistema, die die Geschicke des Mischkonzerns lenkte. Faktisch habe aber Ragosin aber allein die Geschäfte geführt auch nachdem er nach seinem Einrücken in die Duma über die Liste der Kreml-Partei „Einiges Russland“ seinen Generaldirektoren-Posten offiziell niedergelegt hatte.
Verwaistes Firmenimperium "Weda"
Zum Weda-Konzern gehört das gleichnamige Wodka-Werk in Kingisepp im Leningrader Gebiet sowie die dortige Glasflaschen-Fabrik Weda-Pak. Neben dem Aufbau weiterer Glasproduktionen investierte Weda in letzter Zeit im großen Stil in Immobilien in St. Petersburg: Auf der Petrograder Seite ist gegenwärtig das elitäre Business-Center „Weda-House“ in Bau.
Auch war es eine Weda-Tochterfirma, die 2004 für 80 Millionen Dollar der Stadt den berühmt-berüchtigten „Graben“ am Moskauer Bahnhof abkaufte. In der Baugrube des einst dort geplanten Bahnhofs für die nicht gebaute Hochgeschwindigkeitsbahn soll ein Geschäftskomplex mit 147.000 Quadratmetern Nutzfläche entstehen.
(ld/.rufo)
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