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In der wissenschaftlichen Bibliothek sollen die Regierungsgespräche zwischen Angela Merkel und Wladimir Putin stattfinden (Foto: Ballin/.rufo)
In der wissenschaftlichen Bibliothek sollen die Regierungsgespräche zwischen Angela Merkel und Wladimir Putin stattfinden (Foto: Ballin/.rufo)
Mittwoch, 05.04.2006

Tomsk als Sonderwirtschafts-zone zum Gipfel

André Ballin, Tomsk. Ende April finden in Tomsk die deutsch-russischen Regierungskonsultationen statt. Die Region hofft auf deutsches Unternehmerinteresse und wirbt mit Wissenschaftspotenzial und Sonderwirtschaftszone.


Tomsk liegt in Westsibirien, 250 Kilometer nordöstlich der Millionenstadt Nowosibirsk, an der Tom, einem Nebenfluss des Ob. Anfang April ist es kalt in Tomsk und der Fluss ist bis auf eine dünne Fahrrinne noch zugefroren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Angela Merkel auch Ende des Monats noch warm anziehen muss.

„Das Klima in Tomsk ist hart und wegen des Wetters sehnen wir uns sicher oft nach Thailand“, sagt Konstantin Beljakow, der Chef der High-Tech-Firma „Elecard“, halb im Scherz. „Doch es gibt andere Vorzüge in der Region, weshalb wir gern bleiben“, verrät er weiter.

100.000 Studenten verleihen Tomsk hohes Potenzial


Es ist noch kalt in Tomsk, aber die Jugend nutzt das Wetter schon für einen ersten Spaziergang (Foto: Ballin/.rufo)
Es ist noch kalt in Tomsk, aber die Jugend nutzt das Wetter schon für einen ersten Spaziergang (Foto: Ballin/.rufo)
Hauptpluspunkt seien die intelligenten Menschen in der Region, meint Beljakow. Tatsächlich spielen Bildung und Wissenschaft in Tomsk eine bedeutende Rolle. Sechs große Universitäten haben hier ihren Sitz. Insgesamt 100.000 Menschen – d.h. jeder fünfte Einwohner in der Stadt – sind Studenten. Acht Prozent des regionalen BIP entfallen auf den Bereich Wissenschaft.

Doch war dies lange Zeit – vor allem in den 90er Jahren – in erster Linie mit Ausgaben verbunden, will die Region nun ihren wirtschaftlichen Aufschwung auf dieser Basis erreichen. Ein Pilotprojekt wurde gestartet, um jungen, vom Geschäftsdenken oft weit entfernten Wissenschaftlern und Studenten die Möglichkeit zu geben, ihre wissenschaftlichen Ideen auf wirtschaftliche Rentabilität zu prüfen.

Business-Inkubator für marktwirtschaftliche Erfindungen


Der Neuroroboter singt nicht nur russische Folklore und Beatles-Songs, sondern ist lernfähig, kann sich bekannt machen und verschiedene Aufgaben für den Menschen übernehmen (Foto: Ballin/.rufo)
Der Neuroroboter singt nicht nur russische Folklore und Beatles-Songs, sondern ist lernfähig, kann sich bekannt machen und verschiedene Aufgaben für den Menschen übernehmen (Foto: Ballin/.rufo)
Der „Business-Inkubator“ wurde vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Oleg Osipow ist der Direktor des Zentrums. Unterstützt wird das Projekt von allen Universitäten und zahlreichen Wissenschaftsbetrieben der Stadt (u.a. Elecard, Mikran oder TomTel), hauptsächlich aber von der Tomsker Universität für Systemsteuerung und Radioelektronik (TUSUR). „Pro Jahr wollen wir vier kleine Unternehmen und bis zu 40 selbstständige Unternehmer herausbringen“, verdeutlicht Osipow die Idee des Projekts.

Selbst Klaus Mangold, der Chef des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, zeigte sich beeindruckt bei einer Präsentation. Tatsächlich sind die Wissenschaftsprojekte, die hier gefördert werden, auch aus ökonomischer Sicht hochinteressant. Von lernfähigen Robotern, denen Neuronensysteme eingebaut wurden, bis hin zu Fotobearbeitungssystemen und preiswerten Großbildleinwänden spannt sich das Programm. Die angehenden Unternehmer müssen ihre neuen Produkte dann vermarkten.

Sonderwirtschaftszone als Plus für Tomsk


Die Einrichtung einer technischen Sonderwirtschaftszone verspricht einen weiteren Schub für die High-Tech-Industrie von Tomsk. In ganz Russland wurden nur sechs Städte mit diesem Status ausgestattet. „Wir wollen bei uns den Schwerpunkt auf die Gebiete IT und industrielle Technik, Nanotechnologie und Biotechnologie legen“, sagt die Vize-Gouverneurin für Wirtschaftsfragen, Oxana Koslowskaja.

Gouverneur Kress hofft auf keinen goldenen Regen aber gesteigertes Interesse der deutschen Unternehmer beim Gipfel (Foto: Ballin/.rufo)
Gouverneur Kress hofft auf keinen goldenen Regen aber gesteigertes Interesse der deutschen Unternehmer beim Gipfel (Foto: Ballin/.rufo)
Die Sonderwirtschaftszone ermöglicht den Bewohnern Steuervorteile auf Boden, Eigentum und Gewinn für fünf Jahre. Neben den föderalen Steuergeschenken will auch die Region neue Investoren entlasten und verspricht weitere Steuerentlastungen in den Bereichen Eigentum, Gewinn und Transport.

Durch Steigerung des Bekanntheitsgrades Erfolg sichern


Ein Problem bleibt allerdings: Bislang kennen die Investoren das westsibirische Tomsk allenfalls vom Hörensagen. Der Gipfel soll da Abhilfe schaffen. „Ich erwarte keinen goldenen Regen vom Summit, aber ich hoffe, dass Tomsk besser bekannt wird in Europa“, bekennt der russlanddeutsche Gouverneur Viktor Kress.

Bei Russland-Aktuell
• Russland - Eldorado oder Falle für Investoren ? (06.02.2006)
• Schröder will für Russlands Image trommeln (28.03.2006)
• Moskau: Merkel macht böse Miene zu guten Geschäften (16.01.2006)
Daher hat die Region in Vorbereitung der Regierungsgespräche schon einmal 300 Mio. Rubel (knapp 10 Mio. Euro) in die Verschönerung des Stadtbildes gesteckt. Die Ausgaben kann sich Tomsk leisten, denn neben der Wissenschaft bilden Öl- und Gasvorkommen ein solides Fundament des regionalen Budgets.

Das Gebiet entwickelt sich dynamisch. Eine Entwicklungsstrategie bis zum Jahr 2020 wurde bereits ausgearbeitet. Und die Tomsker sind zuversichtlich, dass ihre Zukunftspläne schnell aufgehen. Das scheint sicherer als ein schneller Frühlingsanfang in der Region.

(-ab/.rufo)


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