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Während des Konflikts zwischen TNK-BP und russischen Behörden bereits mehrfach von Fahndern heimgesucht: Die Moskauer Zentrale des Öl-Konzerns (Foto: Archiv) |
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Donnerstag, 10.07.2008
TNK-BP: Vorstandvorsitzendem droht StrafprozessMoskau. Den britischen Mitarbeitern von TNK-BP steht neuer Ärger ins Haus. Die Steuerfahndung will Dienstreisen der ausländischen Mitarbeiter in den Jahren 2006 und 2007 überprüfen. Ein Prozess droht.
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Die russische Steuerfahndung will offenbar die ausländischen Mitarbeiter des britisch-russischen Öl-Konzerns TNK-BP überprüfen. Sie soll Dokumente über alle Dienstreisen der ausländischen Mitarbeiter des Unternehmens innerhalb Russlands und im Ausland im Zeitraum von 2006 bis 2007 angefordert haben.
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TNK-BP muss Stempelkarte zeigen
Innerhalb der kommenden zehn Tage soll das Management die geforderten Dokumente einreichen. Die Tageszeitung Rossijskaja Gazeta berichtet, auch Tabellen mit den Arbeitszeiten seien angefordert worden. Die britische Tageszeitung The Guardian schreibt, dass sogar Kopien der Pässe der ausländischen Mitarbeiter angefordert worden seien.
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Russische Medien können auch bereits mit dem möglichen Strafmaß im Falle von Steuerhinterziehung bei den Dienstreisen aufwarten: THK-BP müsste dann die Steuern plus 20 Prozent sowie für jeden Tag des Verzugs eine Buße zahlen die Bußgelder sind in der Regel höher als die Steuerzahlungen.
Droht dem Vorstand Freiheitsstrafe?
Sollten die Behörden Steuerhinterziehung im großen Maßstab feststellen nach dem russischen Strafgesetzbuch ist das bei einer Summe ab rund 40.000 Euro der Fall , dann droht dem Vorstandsvorsitzenden von TNK-BP ein Verfahren und eine Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren sowie ein Berufsverbot für bestimmte Führungspositionen.
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Bei Steuerhinterziehung in besonders großem Maßstab mehr als 200.000 Euro droht dem Angeklagten sogar eine Haftstrafe von bis zu sechs Jahren.
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Derzeit muss sich TNK-BP bereits vor Gericht verantworten. Es geht um Steuerforderungen in Höhe von 43,5 Millionen Euro für die Jahre 2003 bis 2005.
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Die russischen Aktionäre üben Druck auf TNK-Vorstandsvorsitzenden Robert Dudley aus. Sie wollen, dass er geht (Foto: Archiv) |
Steuerstreit womöglich nur Nebenschauplatz
Nicht nur angelsächsische Medien vermuten, dass die Auseinandersetzungen mit den staatlichen Finanzbehörden nur ein Nebenschauplatz des tatsächlichen Machtkampfs zwischen der russischen und britischen Führung des Konzerns ist. Die Ermittlungsverfahren der staatlichen Behörden könnten von einflussreichen Strippenziehern hinter den Kulissen angestoßen worden sein.
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Die englischsprachige Tageszeitung Moscow Times, vertraut mit den Gefahren des russischen Markts, kommentierte den Fall gestern mit einem schlauen publizistischen Schachzug: Neben einen Fakten orientierten Artikel über die Auseinandersetzungen in der Führung von TNK-BP setzte die Chefredaktion einen Beitrag über so genannte Rajder das ist die in Russland gebräuchliche Bezeichnung für korrupte Strukturen in staatlichen Behörden, die sich mit illegalen Methoden fremden Besitz aneignen, meist geht es um Firmengebäude oder -grundstücke.
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Das Rajder-Tum war in den 90er Jahren in Russland stark verbreitet. Aber auch heute gibt es noch genügend Fälle, in denen korrupte staatliche Behörden mit Kriminellen gemeinsame Sache machen und illegal Druck mit provozierten Strafverfahren auf private Geschäftsleute ausüben. Nicht selten enden solche Prozesse mit der Übernahme von Liegenschaften durch die Kriminellen.
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Der neue russische Präsident Dmitri Medwedew hat das Rajder-Tum als Schande für Russland bezeichnet. Seine Bekämpfung sei eine vordringliche Aufgabe in der nächsten Zukunft.
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Wechselberg will Dudleys Rücktritt
Der tatsächliche Konflikt bei TNK-BP wurde von den russischen Aktionären eingeleitet. Sie sind unzufrieden mit dem britischen Management. Angeblich vertreten die Briten einseitig britische Interessen.
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Der Großaktionär Viktor Wechselberg hat sich mehrfach öffentlich für die Ablösung des britischen Vorstandsvorsitzenden Robert Dudley ausgesprochen. Zugleich gibt es Gerüchte, dass Gazprom an Anteilen des Konzerns interessiert ist.
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Der Konflikt ist mittlerweile auch ein Thema in der Moskauer Öffentlichkeit geworden. In einem Moskauer Café unterhielten sich gestern zwei Mitarbeiterinnen über ihre Arbeit bei dem britisch-russischen Öl-Konzern.
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Beide Assistentinnen von ausländischen Mitarbeitern des Konzerns fürchten um ihre Arbeitsplätze. Sie könnten gemeinsam mit den Stellen ihrer Vorgesetzten bald einfach gestrichen werden.
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