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Russischer UAZ-Geländewagen: Noch steht das Wasser nicht bis zum Hals (foto: UAZ)
Russischer UAZ-Geländewagen: Noch steht das Wasser nicht bis zum Hals (foto: UAZ)
Montag, 23.05.2005

Russische Autoindustrie schliddert in die Krise

St. Petersburg. Die Globalisierung holt eines der letzten Reservate der Errungenschaften der Sowjetwirtschaft ein: Auf dem boomenden russischen Automarkt wachsen die Nöte der heimischen Fahrzeughersteller.

Obwohl die Wirtschaft in Russland weiter munter wächst, füllen sich bei den heimischen Autoherstellern die Halden unverkaufter Fahrzeuge. Der Lada-Hersteller Avtovaz strich bereits die Samstags-Schicht und revidierte seine Jahrespläne von 730.000 auf 700.000 Autos. GAZ, wo der altbackene „Wolga“ entsteht, nutzte die Maifeiertage für längere Werksferien. Izh in Ishewsk wird von der Absatzkrise ganz besonders gebeutelt (minus 41 Prozent gegenüber 2004) und kündigte am Freitag an, bis Jahresende 4000 Mitarbeiter zu entlassen.

Absatzschwund im Wachstumsmarkt

Wie die Zeitung „Wedomosti“ heute berichtet, schrumpften die Verkaufszahlen der alteingesessenen einheimischen Pkw-Hersteller – neben Lada, Gaz und Izh noch die Geländewagen-Schmiede UAZ und die Kleinwagenwerke ZMA und Seaz – im ersten Quartal 2005 um 14 Prozent von 232.000 im Vorjahr auf 200.000.

Gleichzeitig gehen ausländische Marken weg wie warme Semmeln: Neue Importautos wurden mit 80.000 fast doppelt so viele verkauft wie noch vor einem Jahr, die Gebrauchtimporte legten um knapp 50 Prozent zu auf 90.000 Stück und die im Lande gebauten „West-Autos“ (v.a. Ford, Hyundai und Kia) brachten es auf 28.000 Fahrzeuge.

Die russische Autoindustrie leidet daran, dass sie mit ihren veralteten und simplen Modellen nicht mehr den Ansprüchen der inzwischen recht anspruchsvoll gewordenen Kundschaft erfüllen kann. Deren Kaufkraft ist in den letzten Jahren schneller gewachsen als das technische Niveau des heimischen Angebots – und da in den letzten zwei Jahren Russlands Banken das zuvor unbedeutende Geschäft mit Privatkrediten mächtig ankurbelten, werden auch immer mehr Autos nicht mit Ersparten, sondern auf Pump erworben.

Ladas sind nicht mehr billiger als Import-Autos

Neben mangelnder Innovativität ist es auch die Preispolitik, mit der sich Lada und Co. selbst eine Grube gegraben haben: Waren noch vor ein paar Jahren selbst die teuersten russischen Autos billiger als die schlichtesten Importmodelle, so haben permanente Preiserhöhungen nun das Lada-„Spitzenmodell“ 110 auf das Niveau der Konkurrenz von Hyundai oder Daewoo gebracht. Das günstige Preis als wichtigstes Verkaufsargument zur Egalisierung der bescheidenen Qualität ist damit verloren – und selbst jahrzehnte an Lada gewohnte Fahrer werden der „vaterländischen“ Produktion untreu.

Die Hersteller versuchen nun zu retten, was zu retten ist: Izh und UAZ arbeiten am Aufbau von Fertigungslinien für koreanische Produkte von Kia oder Ssangyong. GAZ orientiert sich verstärkt auf die Nutzfahrzeugfertigung. Lada bringt mit dem Kleinwagen Kalina in diesem Jahr das vielleicht letzte noch in Russland in Eigenregie entwickelte Auto auf den Markt – die anderen Hersteller können sich derartige Projekte schon nicht mehr leisten.

Gebrauchtimporte im Kreuzfeuer

Parallel versuchen Lobbyisten der Autoindustrie, die Regierung wieder einmal zu Schutzmaßnahmen gegen die ausländische Konkurrenz zu bewegen: Die zunehmend erfolgreiche Politik zur Ansiedelung von Weltkonzernen in Russland – Renault beginnt in Moskau gerade mit der Produktion des Logan und Toyota kündigte den Bau eines Werkes in St. Petersburg an – ist dabei nicht rückgängig zu machen.

Aber es gibt noch Nebenkriegsschauplätze, wo neue Restriktionen Russlands Streben in die WTO nicht ausbremsen würden: Diskutiert wird gegenwärtig darüber, ältere Import-Gebrauchtwagen mit nochmals höheren Zöllen zu belegen. Bislang wird auf diese Weise der Import von mehr als sieben Jahren alten Fahrzeugen abgewürgt, nun ist von fünf Jahren die Rede. Die formelle Begründung dafür: Russland solle nicht zum Autofriedhof der nördlichen Hemisphäre verkommen.

Rechtsgelenkte Autos ein Sicherheitsrisiko?

Ein andere Idee verursachte in der vergangenen Woche bereits einen empörten Aufschrei unter Russlands Autoliebhabern – vor allem östlich des Urals: Es wurde angeregt, doch – wegen angeblicher Sicherheitsrisiken – die Zulassung von rechtsgelenkten Autos zu verbieten. Diese kommen als günstige Gebrauchtwagen massenweise aus Japan nach Russland und stellen an Amur und Ussuri bereits 90 Prozent des Autobestands.

Bei Russland-Aktuell
• Toyota gibt Petersburg den Zuschlag (26.04.2005)
• Toyota und Mercedes bauen Werke in Petersburg (15.04.2005)
• Künftig mehr günstige Westautos - made in Russia? (05.04.2005)
Allerdings verleugnen die russischen Hersteller dabei hartnäckig eine offensichtliche Tatsache: Viele ihrer heutigen Produkte haben noch immer Vergasermotoren ohne Katalysator - und faktisch alle können keinerlei Sicherheits-Features wie Airbag, ABS und ESP bieten. Somit sind sie sowohl umweltschädlicher als auch weniger sicher als westliche Gebraucht-Autos aus den 90er Jahren.
(ld/rufo)


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