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Es wird mal wieder am europäischen Gashahn gedreht: Zwischen Minsk und Moskau eskaliert der Streit (Foto: tv/.rufo)
Es wird mal wieder am europäischen Gashahn gedreht: Zwischen Minsk und Moskau eskaliert der Streit (Foto: tv/.rufo)
Dienstag, 22.06.2010

Minsk blockiert Transit: Gas-Bruderkrieg eskaliert

Minsk/Moskau. Zwischen Russland und Weißrussland wird der Wirtschaftskrieg heiß: Präsident Lukaschenko ordnete an, den Gas-Transit in die EU-Staaten zu stoppen. Russlands Gazprom zeigt sich empört.

Eigentlich wollen Russland und Weißrussland ja schon seit einer kleinen Ewigkeit eine Staatenunion gründen. Und zum 1. Juli war geplant, beide Länder in einer Zollunion (zusammen mit Kasachstan) zusammenzuführen. Doch daraus wurde und wird nichts – die beiden "Bruderstaaten" haben sich wieder einmal gründlich zerstritten und einen neuen „Gas-Krieg“ vom Zaun gebrochen. Der droht nun auch die EU-Staaten zu treffen, allen voran Litauen.

Gazprom drosselte Lieferungen um 30 Prozent


Seit dieser Woche fliegen im Streit um Geld und Gas zwischen Moskau und Minsk die Fetzen: Am Montag und Dienstag drehte Russlands Gas-Monopolist Gazprom mit voller Rückendeckung aus dem Kreml seine Lieferungen nach Weißrussland um jeweils 15 Prozent herunter.

Die Russen wollen mit diesen "vertragsgemäßen Sanktionen" Weißrussland klar machen, dass es nicht angeht, monatelang nicht den vollen vereinbarungsgemäßen Preis für das erhaltene Erdgas zu bezahlen. Gazprom beziffert den Zahlungsausstand mit 192 Mio. Dollar, weil der Nachbarstaat in diesem Jahr wie schon 2009 nur 150 Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas bezahlt. Dabei lag der Preis schon bei ca. 180 Dollar – immer noch wenig, denn selbst die vom Kreml mit Sonderkonditionen verwöhnte Ukraine muss 240 Dollar zahlen.

Weißrussland will Geld für Transit sehen


Weißrussland hat seinerseits eine Rechnung mit Moskau offen – und zwar für die Nutzung des weißrussischen Pipelineabschnitts, durch den russisches Erdgas nach Litauen und Polen und weiter nach Deutschland strömt. „Keine Kopeke“ hätte Gazprom dafür seit Jahresbeginn gezahlt, schimpfte heute Präsident Alexander Lukaschenko – und erklärte kurzerhand, dass der Gastransit durch sein Land hiermit gestoppt sei.

Laut Lukaschenko schuldet Russland Weißrussland für diese Dienstleistung mehr als umgekehrt - nämlich 260 Millionen Dollar. „Machen Sie eine Abrechnung und überweisen sie uns den Unterschied“, sagte Lukaschenko in Minsk seinem Gast, dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. „Dann ist diese Frage vom Tisch.“

Gas-Transit und Gas-Versorgung sind zweierlei


Bei Gazprom ist man aber ganz und gar nicht der Meinung, dass die beiden Beträge miteinander verrechnet werden können: Hier müssten „Fliegen und Koteletts getrennt voneinander betrachtet“ werden, wie Gazprom-Sprecher Sergej Kuprianow sich ausdrückte: Der Belieferungsvertrag und der Transitvertrag mit dem Gasunternehmen BelTransGas seien zwei voneinander unabhängige Abkommen.

Gas-Krieg: Lukaschenko dreht Transit-Leitung zu (22.06.2010)
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Weißrussland verspricht Europa ungestörten Gastransit (21.06.2010)
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Sowohl das für den EU-Export bestimmte Gas wie auch die Transitleitung selbst gehörten Gazprom, eine Entnahme des Gases mithin illegal. Laut Gazprom verweigere Minsk die Unterzeichnung von Transitprotokollen und der aktuelle Transitpreis sei nach wie vor nicht ausgehandelt - es fehle hier also mithin an einer Abrechnungsgrundlage.

Laut Kuprianow hat die Minsker Regierung Gazprom offiziell informiert, dass der Transit gestoppt sei und das noch in den Leitungen befindliche Gas an weißrussische Verbraucher weitergeleitet werde.

Gazprom: Keine Probleme für EU-Verbraucher


Gazprom werde unter diesen Bedingungen die europäischen Verbraucher verstärkt über die Ukraine versorgen, erklärte er. Außerdem sollen in unterirdischen Vorratskammern gespeicherte Bestände eingesetzt und zusätzliche Mengen auf dem Spot-Markt eingekauft werden. „Es gibt also keinerlei Probleme.“

In Europa sieht man dies etwas anders: Vor allem die Gasversorgung Litauens – aber auch der russischen Exklave Kaliningrads – ist voll vom weißrussischen Transit abhängig. Wenn es nicht innerhalb von sieben Tagen eine Lösung des Gas-Streits gebe, werde es hier ernsthafte Probleme geben, hieß es in Brüssel.

Nur 20 Prozent der Exporte gehen über Weißrussland


Anders als bei der letzten Gas-Krise zwischen Russland und der Ukraine 2009, der vor allem auf dem Balkan viele Wohnungen kalt werden ließ, werden aber die meisten EU-Staaten den Handelskrieg kaum zu spüren bekommen: Nur etwa 20 Prozent des russischen Gas-Exports nach Westen laufen über Weißrussland, so der TV-Sender „Rossija 24“.

Eine schnelle Einigung scheint momentan aber nicht in Sicht zu sein: Am Mittwoch ist der Fälligkeitstermin für Weißrusslands Gasrechnung vom Mai – angesichts der letzten Eskalation ist nicht auszuschließen, dass Minsk nicht nur weniger als gefordert, sondern erst einmal gar nichts bezahlt.

Und der von Lukaschenko verhängte Transit-Stopp könnte dazu führen, dass Gazprom seinerseits die Leitungen ganz zudreht.



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