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Auch Alu-König Deripaska hat in Libyen kräftig investiert. (Foto: TV) |
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Freitag, 03.06.2011
Kreml in der Klemme: Russlands Interessen in LibyenMoskau. Russland versucht, in Libyen zu vermitteln nicht zuletzt, weil nur so massive Wirtschaftsinteressen zu retten sind. Es geht um mindestens 3,5 Milliarden Euro. Und Gaddafi hat gut 200 Mio. in Russland investiert.
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Der NATO-Einsatz in Libyen bedrohte von Anfang an auch russische Großprojekte und spaltete die russische Führung, so schien es auf den ersten Blick. Der russische Präsident Medwedew schimpfte gegen Gaddafis Verbrechen gegen das eigenen Volk. Putin hingegen sprach von einer Kreuzzugs-Mentalität der Westmächte. Prinzipieller Menschrechts-Moralismus kontra ebenso prinzipiellen Anti-Interventionismus.
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Die Spaltung zwischen Putin und Medwedew macht sich jetzt bezahlt
Aber so einfach war es nicht. Während sich Medwedew um die außenpolitische Reputation Russlands im Westen kümmerte, verteidigte Putin die Geschäftsinteressen Russlands in dem nordafrikanischen Land und das sind nicht wenige, schreibt heute die Moskauer Zeitung Nowaja Gaseta. Die Spaltung im März macht sich jetzt bezahlt...
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Der russische Libyen-Botschafter, der vor dem Militärabenteuer warnte, weil Gaddafi doch mehr Unterstützung im Lande genieße, als gestellte TV-Berichte glauben machten, wurde im März von Medwedew gefeuert. Medwedew brüskierte altgediente Diplomaten aber erhielt damit immerhin die Option, zwei Monate später seinen Vermittler nach Tripolis und Bengasi zu schicken.
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Alte libysche Schulden durch Großaufträge abarbeiten
Bei seinem Libyen-Besuch im April 2008 hatte Wladimir Putin, noch als Präsident, die Weichen für einige libysch-russische Großprojekte gestellt. Vor ihm hatten auch schon Berlusconi, Sarkozy und eigentlich alle westlichen Staatslenker Gaddafi die Hand gereicht. Putins Projekte aber hatten russische Dimensionen. Vereinbart wurde, die alten libyschen Staatsschulden gegenüber der Sowjetunion in Höhe von 4,5 Mrd. US-Dollar durch Großverträge mit russischen Unternehmen abzuarbeiten.
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Vorzeigeprojekt Nr. 1 der russisch-libyschen Kooperation war der Eisenbahnbau. 2008 hatte die russische Bahngesellschaft RZD den Zuschlag bekommen, entlang der libyschen Küste eine über 550 Kilometer lange Hochgeschwindigkeits-Strecke von Sirte nach Bengasi zu bauen. Der Gesamtumfang des Auftrags liegt bei 2,2 Mrd. Euro. Als Zulieferer sollten weitgehend russische Hersteller von Bahnanlagen fungieren.
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Der Bürgerkrieg macht einen Strich durch die Rechnung
Mit Ausbruch des Bürgerkrieges musste die RZD ihre in Libyen tätigen Mitarbeiter evakuieren und die Baustellensiedlung bei Ras-Lanuf räumen. Damit hängt der Auftrag momentan in der Luft genauso wie die damit verbundene partielle Abzahlung der libyschen Altschulden.
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Ebenfalls mit der Tilgung der Staatsschulden verbunden sind Rüstungsaufträge in Höhe von 1,3 Mrd. Euro, die Gaddafi 2010 in Russland platzierte: Diesem Vertrag mit RosOboronExport zufolge wollte Libyen zwölf Su-35-Jäger, zwei Divisionen des Abfangraketensystems S-300 Favorit, einige Dutzend T-90-Panzer sowie Hubschrauber und Schusswaffen einkaufen.
Sollte dieses Geschäft jetzt platzen, hat Russlands Rüstungsindustrie immerhin den Trost, dass sie die bestellten Waffen vermutlich an andere Länder verkaufen kann, da es sich nicht um spezifisch auf libysche Bedürfnisse zugeschnittene Systeme handelt.
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Öl und Gas müssen ebenfalls warten
Russlands Gas-Primus Gazprom hat sich ebenfalls in Libyen engagiert, direkt und indirekt: Einerseits hat der größte Erdgas-Förderer der Welt dort zwei auf zusammen 300 Mio. Dollar taxierte Lizenzen für die Erschließung und Ausbeutung zweier Gasfelder im Mittelmeer vor der libyschen Küste erworben.
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Außerdem, so die Zeitung, beteiligte sich Gazprom an Investitionen der deutschen Wintershall zur Ausbeutung von Öl-Feldern in Libyen. Unter anderem war auch geplant, eine neue Gaspipeline von Bengasi nach Sizilien zu bauen.
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Auch der tatarische Ölkonzern Tatneft war bis zum Beginn des Bürgerkriegs in Libyen aktiv. Nach Angaben von Rustam Minnichanow, des Präsidenten Tatarstans und gleichzeitigen Aufsichtsratschefs des Unternehmens, hat Tatneft dort in vier Ölfelder 260 Mio. Dollar gesteckt. Nach Beginn der Militäroperation erklärte er: Allah muss uns helfen. Wir hoffen, dass die Koalition nicht zum Ziel kommt.
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Deripaskas Alu-Pläne in Gefahr
Außer den russischen Staatskonzernen engagierte sich auch Alu-Oligarch Oleg Deripaska in der libyschen Wüste. Mit einem russisch-libyschen Joint Venture, in dem 60 Prozent dem Deripaska-Konzern RusAl gehörten, sollte ein Gaskraftwerk mit 1.500 MW Leistung und ein Aluminiumwerk in den Sand gestellt werden, das 600.000 Tonnen Alu pro Jahr produzieren sollte mit billigem libyschen Erdgas.
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Es blieb zwar bei den Plänen, aber die Geschäftsbeziehungen entwickelten sich doch so gut, dass Gaddafi beschloss, dem russischen Oligarchen ein größeres Aktienpaket abzukaufen. Als RusAl Anfang 2010 an die Börse ging, erwarb die Libyan Investment Authority (LIA) 1,4% der RusAl-Aktien im Werte von 300 Millionen USD.
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Die Kaufentscheidung soll direkt mit der Gaddafi-Familie abgestimmt worden sein. Ein Jahr später begannen die Unruhen in Nordafrika.
(ld/gim/.rufo)
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