Donnerstag, 28.04.2005
Kapitalexport aus Russland in RekordhöheMoskau. Im ersten Vierteljahr 2005 flossen insgesamt 19 Mrd. USD aus Russland ab. Im Gegenzug wurde nur Kapital im Ausmaß von 17,1 Mrd. USD aus dem Ausland nach Russland importiert, vorwiegend aus Zypern.
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Die 19 Mrd. USD markieren einen neuen Rekord. Noch niemals legten die Russen soviel Geld im Ausland an. Auf der anderen Seite floss fast genauso viel Kapital wieder zurück. Ursprungsländer sind oft ehemalige bzw. demnächst schließende Offshore-Zonen, wohin viele reiche Russen zuvor ihr Geld in Sicherheit gebracht hatten.
Ursache des Kapitalrückflusses sei also nicht die steigende Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Russland, sondern Probleme in den betreffenden Regionen, schreibt die Tageszeitung „Kommersant“
Wachstum sinkt, Inflation steigt
Der vom Wirtschaftsministerium herausgegebene Vierteljahresbericht enthält einige weitere unangenehme Neuigkeiten. So soll sich das Wirtschaftswachstum weiter verlangsamen. Schon in den ersten drei Monaten lag es mit 4,9 Prozent deutlich unter dem guten Wert des Vorjahreszeitraums (7,3%).
Die Inflation hingegen ist deutlich höher. Die Verbraucherpreise stiegen im ersten Vierteljahr 2005 um 5,3 Prozent (Jan. März 2004: 3,5%). Das Ziel von unter zehn Prozent am Jahresende scheint daher unrealistisch.
Illarionow kritisiert Wirtschaftspolitik
Der Präsidentenberater Andrej Illarionow (dessen Ratschlägen Putin allerdings prinzipiell nicht folgt) kritisiert die derzeitige Wirtschaftspolitik scharf. „Interventionismus und Popularismus“ wirft er der Regierung vor. Damit Russland seine Zukunft meistern könne, müsse es gleich mehrere Aufgaben meistern, meint Illarionow.
„Russland muss lernen, die Ideen von Freiheit, Entwicklung und Aufbau aufzunehmen und sich gleichzeitig Immunität gegen Ideen von Unfreiheit, Rückschritt und Umverteilung zulegen“, sagte der Präsidentenberater.
Business und Staatsapparat müssten ein ausgewogenes Machtverhältnis entwickeln, in dem keiner den anderen dominiere, während der Konflikt zwischen Gesellschaft und Business beendet werden müsse, fordert er. Das Modell der „sozialen Verantwortung“ sei dazu ein richtiger Schritt.
„Das Volk muss wissen, warum es leiden soll“
In die gleiche Kerbe schlägt auch der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Witali Najschul, der der politischen Führung des Landes vorwirft, seit dem Untergang der Sowjetunion die notwendigen Reformen verschleppt zu haben.
Dem Volk müsse eine Perspektive, eine Idee gegeben werden. Es sei dazu notwendig, einen Konsens über die Privatisierungsergebnisse zu erzielen. Dann seien die Menschen bereit zu arbeiten und zu entbehren, zeigt sich Najschul überzeugt.
Dies sei die Voraussetzung für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Russlands. Erreiche der Staat dies nicht, stehe er vor dem Kollaps. „Eine Niederlage im Konkurrenzkampf ist heutzutage so schlimm wie es vor 50 Jahren eine militärische Niederlage war“, sagt Najschul.
(ab/.rufo)
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