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Dezente Zukunftspläne: Der Priora soll bei Lada alsbald die 10er-Baureihe ablösen (foto: ld/rufo) |
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Freitag, 25.11.2005
Autoschmiede Lada kommt unter Staats-KontrolleSt. Petersburg. Russlands größter Autohersteller Avtovaz, bekannt unter der Marke Lada, wird verstaatlicht. Fraglich ist nur, ob sich der Kreml formell in Togliatti einkauft - oder kostenfrei das Ruder übernimmt.
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In Sachen Produktlinie gibt es wohl kaum ein Autowerk auf der Welt, das konservativer wäre als Avtovaz: Seit über 30 Jahren ist der altbackene Ur-Lada „Shiguli“ das meistverkaufte Modell. Im Schnitt nur einmal pro Jahrzehnt erfreut Avtovaz die russischen Automobilisten mit einem wirklich neuen Fahrzeug: Zuletzt kam 2005 der Kleinwagen Kalina auf den Markt.
Weitaus drastischer verlaufen nun die Veränderungen in der Führung des Konzerns: Ende Oktober verabschiedete sich Aufsichtsratsvorsitzender Wladimir Kadannikow in den Ruhestand und machte damit gemäß Satzung den Weg frei für eine Neuernennung des gesamten Gremiums durch die Aktionäre. Wie sich jetzt zeigt, wird die Führungsriege in Zukunft von Staatsvertretern dominiert.
Lada ist keine Goldgrube, aber ein russisches Symbol
Damit gerät nach dem juristischen Parforceritt der Zwangsenteignung von Michail Chodorkowskis Ölkonzern Jukos, der elf Milliarden Euro teuren Übernahme von Sibneft aus den Händen des Kreml-treuen Oligarchen Boris Abramowitsch nun ein weiteres prominentes Großunternehmen unter Kreml-Kontrolle. Allerdings ist Lada, anders als die Produzenten von Öl und Gas, keine strategisch wertvolle Goldgrube.
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Es geht Putins Mannen wohl eher darum, überhaupt einen Rest einer explizit russischen Autoindustrie zu retten: Die Marken Moskwitsch und Isch gibt es schon nicht mehr, auch der Wolga und der winzige Oka sind bereits zu Auslaufmodellen ohne Nachfolger erklärt worden.
Da auf dem russischen Markt zunehmend Import-Autos wie auch in Russland gefertige West-Modelle von Ford, Hyundai, Kia oder Renault den Ton angeben, bläst dem einstigen Branchenprimus Lada ein steifer Wind entgegen. Doch da der Konzern genauso wie seine immer etwas ungefüg wirkenden Produkte administrativ und technisch wenig aerodynamisch ist, verhindert gegenwärtig nur die boomende Auto-Nachfrage im Inland das Abrutschen in die Strukturkrise. So kann Lada gegenwärtig seine Produktion bei etwa 700.000 Autos pro Jahr stabil halten.
Putin-Vertrauter übernimmt das Ruder in Togliatti
Die Lada-Hauptaktionäre, vorrangig zwei Unternehmen namens AVVA und ZO AFK, designierten für die Hauptversamlung am 22. Dezember bereits die zwölf Aufsichtsräte. Wie sich herausstellte, sind sechs davon Staatsvertreter: Drei kommen von der staatlichen Vneschtorgbank, zwei repräsentieren die Rüstungsexportagentur Rosoboronexport und einer die staatliche Industrieholding Rosprom. Nach Angaben der Zeitung Kommersant ist der Waffenexport-Manager Wladimir Wladimirowitsch Artjakow als neuer Chef des Aufsichtsrates auserkoren. Ende der 90er Jahre, noch unter Boris Jelzin, war er ein enger Mitarbeiter von Wladimir Putin in der Präsidentenverwaltung.
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Sind Ladas bald nur noch in olivgrün zu haben? Bei Avtovaz übernehmen jedenfalls Rüstungsmanager das Kommando. (foto: ld/rufo) |
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Nach Aussage von Konstantin Titow, dem Gouverneur des Gebietes Samara, kontrolliert Rosoboronexport bereits „faktisch, aber noch nicht juristisch“ 51 Prozent der Aktien von Avtovaz. Er begrüße das, denn das Werk brauche dringend staatliche Unterstützung bei der Restrukturisierung seiner Schulden wie auch der veralteten Produktionsanlagen.
Im Prinzip gehört Avtovaz sich selbst
Möglich sind die undurchschaubaren Machtverhältnisse aufgrund der verschlungenen Eigentümerstruktur des Werkes: AVVA und ZO AFK besitzen zwar 60 Prozent der Avtovaz-Aktien, gehören aber mehrheitlich selbst wiederum Avtovaz. „Letztlich besitzt das Werk derjenige, der es verwaltet“, resümiert die Zeitung „Kommersant“.
Vorerst widersprüchlich sind Informationen, ob das staatliche Rüstungsunternehmen das Eigentum an dem Autohersteller auch noch formell übernimmt. Der „Kommersant“ will erfahren haben, dass die Vneschtorgbank ca. 590 Mio. Euro an Krediten bereitstellen wird, damit Rosoboronexport die beiden vermögenden Lada-Töchter aufkaufen kann.
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Die beteiligten Unternehmen dementieren dies jedoch oder verweigern den Kommentar. Die Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ zitiert AvtoVAZ-Insider, die der Meinung sind, der Staat werde keine Kopeke für die Aktien locker machen: „Wozu 500 Millionen für etwas ausgeben, was du schon in der Tasche hast?“ Aktienmehrheiten bräuchte man, um eigene Vertreter in den Aufsichtstrat zu bekommen. Doch dies hätte der Kreml ja schon so gut wie getan.
Aufrüstung für die kommende Kat-Pflicht
Wenn der Staatssektor seinen Anteil am Lada-Werk aber doch zu bezahlen gewillt ist, so käme dies aufgrund der Besitzstruktur einer kräftigen Kapitalspritze aus dem an Petro-Dollars übersatten Staatsbudget gleich. Lada hätte es dringend nötig, denn es stehen große Aufgaben bevor: Nicht nur, dass Russlands Autokäufer zunehmend nach größeren, zuverlässigeren, schickeren und sichereren Fahrzeugen verlangen als das sowjetische Industriemonster sie zu schmieden vermag.
Ganz konkret dürfen ab April 2006 in Russland keine Neuwagen ohne geregelten Katalysator mehr verkauft werden in der EU gilt die entsprechende Euro-2-Abgasnorm bereits seit 1997. Doch fast alle vom Band laufenden „Shiguli“ haben noch einen schlichten Vergaser unter der Haube.
(ld/.rufo)
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Containerumschlag im Hafen von St. Petersburg: Auf diese Weise importiert Russland vor allem - exportiert werden vorrangig Rohstoffe wie Öl, Gas, Metall und Holz.(Topfoto:Deeg/.rufo)
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