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In diesem netten Haus im Waldai verlebte ich zwei zenitlose Wochen. Foto: Mrozek/.rufo

Zwei Wochen ohne Zenit

St. Petersburg. Natürlich war der Urlaub bitter nötig. Bloß weg vom Computer und mal Ausreiß nehmen vor den nie versiegenden Fluten an Information! Raus aus der Stadt und rein in die unberührte Natur! So weit, so gut. Kein Fernseher, kein Radio und keine Zeitungen hießen aber zugleich, zwei Wochen ohne Zenit verleben zu müssen. Wie das vonstatten ging, möchte ich hier erzählen...

Im Hinblick auf den Fußballkalender war die Hinreise auf die Datscha im Waldai perfekt geplant. Denn zuerst fuhren wir nach Nowgorod, wo wir rechtzeitig ankamen, um am Abend das Match gegen Lokomotive Moskau zu gucken. Da aber bereits Nowgorod Fußballprovinz ist, mussten wir mit der Glotze im Hotel vorlieb nehmen – der durchaus vorhandene Superbildschirm in einem Cafe konnte uns weder den Petersburger Fünften Kanal noch „Sport“ offerieren.

Also die Beine unter die Arme und im Galopp ins Hotel zurück. Wir schalteten den Fernseher an, als die 32. Minute lief. Und genossen ein hochklassiges Spiel. Auch wenn Zenit mit 0:2 verlor, war das Zusehen ein reines Vergnügen. Eine Art Abschiedsgeschenk war das, denn was nun folgte, kann man ohne Übertreibung als zweiwöchige Fußball-Entziehungskur bezeichnen.

Das Dorf, in dem wir die folgenden 13 Tage verbrachten, liegt sozusagen im „Tal der Ahnungslosen“: Empfangen kann man nur den Ersten Kanal und zeitweise RTR. Unser Häuschen zeichnete sich angesichts dieses Superangebots gleich durch völliges Fehlen der modernen Technik aus – das höchste der Gefühle war ein elektrischer Teekessel. Na ja, ein Telefon gab es auch, aber durch einen Hörer guckt es sich bekanntlich schlecht Fußball...

Die Rettung inmitten der grünen Idylle mit Klohäuschen und kaltem Wasser aus dem Brunnen war eine lokale Einrichtung, die der Stadtbewohner eigentlich nicht für möglich hält – zwei Mal in der Woche kommt ein Lebensmittelauto angerauscht und versorgt die Anwohner mit allem Nötigen. Neben der Sicherstellung der Ration hat das Warten auf den Wagen aber auch noch eine äußerst nützliche Nebenfunktion, denn hier versammelt sich das ganze Dorf und stillt seinen Durst an zwischenmenschlichem Umgang.

Und – oh Wunder! – unter den Wartenden war ein frisch aus Moskau eingetroffener Mann, der alle aktuellen Fußballergebnisse im Kopf hatte. So erfuhr ich, dass Zenit Alanija mit 3:0 geschlagen hatte, und war nur noch begeistert. Denn zugleich hatte Torpedo sich ein Unentschieden gegen Saturn erlaubt und Zenit damit die Tabellenführung abgetreten.

Als wir schließlich wieder in Petersburg eintrafen, hatte ich mal wieder die Stimme meines zenitbegeisterten Nachbarn auf dem Anrufbeantworter. Der teilte mir mit, dass unsere Blau-Weiß-Blauen auch noch das Hinspiel im Sechzehntel-Finale des Landespokals in Omsk mit 2:0 für sich entschieden hatten.

Woraus ich den Schluss zu ziehen wage, dass unsere zweiwöchige Trennung dem Club nur gut getan hat. Und ich habe ja auch diesmal Mittel und Wege gefunden, nicht ganz aus der Fußballwelt zu fallen. Ein Hoch auf die modernen wie die uralten Mittel der Kommunikation! (sb/.rufo)



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