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Die zweite Erde

Die Besiedlung von Planeten ist ein Thema, seitdem es die ersten Teleskope gab. Von allen Planeten unseres Sonnensystems ist Mars dazu der geeignetste. Er ist nicht sehr viel weiter von der Sonne entfernt als die Erde und hat eine vergleichbare Größe. Die geologische und atmosphärische Zusammensetzung ist der der Erde am ähnlichsten, auch wenn – in absoluten Zahlen gemessen – sehr verschieden. Es wird spekuliert, dass der Mars vor einigen Milliarden Jahre eine dichte Atmosphäre und ganze Ozeane vom Wasser besaß.

Heute ist Mars eine kalte lebensfeindliche Wüste. Nachts sinkt die Temperatur auf bis zu -110 Grad Celsius. Die Atmosphärendichte ist hundertmal geringer als auf der Erde. Wasser ist nur auf den Marspolen im Form vom Eis nachgewiesen. Auf der Erde kann man etwas ähnliches nur in der Arktis vorfinden. Die gute Nachricht ist aber, dass es auch in der Arktis Leben gibt. Das universelle Grundrezept fürs Überleben heißt sich anpassen oder den Lebensraum umgestalten. Was für Menschen auch auf dem Mars durchaus möglich wäre.

Raumschiffbau in der Umlaufbahn

Ein Hinflug zum Mars ist bereits jetzt technisch realisierbar. Da das Raumschiff für den langen Flug ein Gewicht von mehreren Hundert Tonnen haben muss, aber ein Space Shuttle z. B. höchstens 40 Tonnen hebt, muss die Rakete in der Erdumlaufbahn zusammengebaut werden.

An der Mir und der internationalen Raumstation ISS sind diese Techniken bereits erprobt worden. Die ISS wird der Hafen sein, von wo aus die Marsflüge starten. Unklar ist aber, ob die Passagiere die intensive Strahlung unterwegs überleben. Ein schützendes Magnetfeld, wie auf der Erde, gibt es im offenem Weltraum nicht. Erzeugt man ein solches Magnetfeld am Bord, zieht es eisenhaltige Objekte an und die Kollisionswahrscheinlichkeit erhöht sich mehrfach.

Interstellare Treibstoff-Fabrik auf dem Mars

Lästig ist auch, dass der Treibstoff für den Rückflug mitgeschleppt werden muss. NASA schlägt deswegen vor, eine Startinfrastruktur direkt auf dem Mars aufzubauen. Vor allem eine interstellare Treibstoff-Fabrik auf dem roten Planeten.

Aus dem dort vorhandenen Wasser (geschmolzenes Eis) und dem atmosphärischen Kohlendioxid lässt sich Raketentreibstoff, z. B. Methan und flüssiger Sauerstoff, vor Ort synthesieren. Das erfordert allerdings gewaltige Energiemengen. Diese sollen von riesigen Solarsegeln aus der Marsumlaufbahn geliefert werden. Die Energie würde in Form von Mikrowellen übertragen und von Antennen der Treibstoffproduktionstätten aufgefangen.

Selbst die Antennen könnte man auf dem Mars herstellen – der Planet besteht zu 14% aus Eisenoxiden. Kohlendioxid in Methan umzuwandeln hat den Effekt, daß Kohlenmonoxid entsteht. Dieses reduziert Eisenoxid zu reinem Eisen. Eisen wird auch das Baumaterial für die ersten Marssiedlungen sein. Später wird es durch Glas und leichte Legierungen ersetzt – Silizium und verschieden Leichtmetalle sind in der Marskruste reichlich vorhanden.


Die ersten Siedler - Terraforming auf dem Mars

Den Mars zu erobern heißt, ihn lebensfreundlicher, also erdähnlicher zu machen. Diesen Prozess nennen die Experten „Terraforming“. Zuerst soll der kalte Planet erwärmt werden. Da der Mars weiter von der Sonne entfernt ist, bekommt er 30 % weniger Solarwärme als die Erde. Gigantische Spiegel, in der Marsumlaufbahn schwebend, sollen die Sonneneinstrahlung auf den Planeten verstärken.

Eingeführte genmanipulierte Mikroorganismen, die sich vom Marsgestein nähren, würden Kohlendioxid freisetzen und damit einen Treibhauseffekt hervorbringen - genauso wie die industriellen Abgase auf der Erde für die globale Erwärmung sorgen.

Erhöhung der CO2-Konzentration auf ein für Menschen noch verträgliches Niveau kann den Planeten aber nur auf maximal –6 Grad erwärmen. Da für Leben fließendes Wasser, also Durschnittstemperaturen über 0 Grad, notwendig ist, soll die Atmosphäre mit Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) angereichert werden. Auf der Erde sind FCKW-Gase als Ozon-Vernichter und Treibhauseffekt-Verursacher verbannt. Diese absorbieren genau die Wellenlängen der Infrarotstrahlung, die von CO2 bzw. Wasserdampf kaum zurückgehalten werden, so dass die Wärme nicht mehr einfach entweichen kann.

Treibhauseffekt nutzbar gemacht

Rohstoffe für die FCKW-Produktion sind auf dem Mars vorhanden. Anfangs müssten etwa 100.000 Tonnen FCKW-Gase produziert werden. FCKW-Gase würden allerdings die ohnehin extrem dünne Ozonschicht zerstören – und werden selbst ohne das schützende Ozon viel schneller durch die UV-Strahlung zerlegt. Also müssen jedes Jahr einige Tausend Tonnen zusätzlich hergestellt werden.

In Folge der Erwärmung beginnt das Polareis zu schmelzen, Meere würden entstehen. Nahliegende eishaltige Asteroiden können mit angebrachten Atomtriebwerken auf die Marsoberfläche heruntergebracht. Als Treibstoff wird übrigens das Eis des Asteroiden selbst verwendet. Beim Einschlag würden Milliarden Tonnen Wasser – auch aus dem planetarem Permafrost - freigesetzt. Asteroiden bringen auch Ammoniak, d. h. Stickstoff, mit sich, der in einer erdähnlichen Atmosphäre vorhanden sein muss. Ist genug fließendes Wasser einmal da, so sind Voraussetzungen fürs Überleben einfacher Organismen geschaffen.

Künstliche Luft

Der letzter Schritt des Terraformings ist die Erhöhung des Sauerstoffgehalts. Im Moment hat die Marsatmosphäre 0,13 % Sauerstoff – für den Menschen zu wenig. Sauerstoff kann durch direkte elektrolytische Zerlegung vom Wasser oder durch chemische Widerherstellung von reichlich vorhandenen Oxyden gewonnen werden. Am besten schaffen es aber die Pflanzen bzw. Algen – bei der photosyntetischen Erzeugung der Biomasse aus Kohlendioxid, Sonnenlicht und Wasser fällt Sauerstoff in beträchtlichen Mengen ab.


Das erste Mars-Gewächshaus schon 2007

Wegen der hohen UV-Strahlung werden die ersten Pflanzen auf dem Mars unter UV-undurchlässigen Kuppeln angebaut. Für 2007 plant die NASA, einen solchen Gewächshaus auf dem Mars aufzubauen und genmanipulierten Senf zu pflanzen. Ein Robotor wird das Wachstum kontrollieren. Um seine Aufgabe zu erleichtern, sind in den genetischen Code der Pflanzen Gene von Quallen integriert, so dass die Senfpflanzen z. B. blau leuchten, wenn sie zuviel Schwermetalle in ihrer Umgebung registrieren. Dass die Pflanzen sich an die Weltraumbedingungen anpassen können, haben die Flüge auf der russischen Station Mir bewiesen – da gab es am 1. Januar den ersten selbstgezüchteten Salat auf dem Tisch.

Terraforming-Enthusiasten betonen, dass in der Zukunft auf dem Mars ein vollwertiges, geschlossenes Ökosystem entsteht. In den Anfängen der Besiedlung ist aber eine Kombination von biologischen und chemische Sauerstoffproduktion realistischer.

Kernfusionsreaktoren für den Mars – Deuterium für die Erde

Für die chemische Erzeugung von Grundstoffen wie Sauer-, Wasser- und Stickstoff werden riesige Energiemengen benötigt. Solaranlagen und Windkraftwerke werden diesen Bedarf nicht decken. Alternativ kann die „marsthermale“ Kraftwerke genutzt werden, oder auch Kernfusionreaktoren – die bekannten Deuteriumvorkommen sind fünf Mal größer als auf der Erde. Deuterium wird wohl auch die erste und einzige marsianische Exportware sein. Im Lichte der zukünftigen Energiekrisen auf der Erde bekommen die Marskolonien also eine strategische Bedeutung.

Die ersten Mars-Städte entstehen in 100 Jahren

Bis 2050 können auf dem Mars erste Forschungsstationen gebaut werden, mit bis zu 500 Mann Besatzung. Sie werden die Lage vor Ort erkunden und z. B. die eigene Lebensmittelproduktion perfektionieren. 2100 entstehen die ersten Städte.

Kilometerhohe Hochhäuser sind dank der geringen Schwerkraft möglich. Geschützt werden die Städte durch geodesische Dome - aus Dreiecken zusammengebaute, besonders stabile Kuppeln. Eine innere Kuppel schützt die Bewohner im Falle eines Druckabfalls, in dem Pufferraum befinden sich Produktionsanlagen und Plantagen. Starhlenartig angeordnete Magnetbahnen gehen durch die Stadt. Im Gelände werden Hovercrafts verwendet. In einiger Zeit entsteht eine ganze Kette von untereinander verbundenen Städten, längs des Äquator angeordnet. Insgesamt können 6 Milliarden Menschen auf dem Planeten ein Haus finden.

Und was soll das alles ?

Wozu braucht man aber eine Marskoloniserung überhaupt? Die Menschheit würde sich so einen Ersatzplaneten schaffen. Damit wäre das Überleben der menschlichen Rasse bei einer globalen Katastrophe (Asteroideneinschlag, nuklearer Krieg usw.) gesichert. Die Überbevölkerung der Erde und die zunehmende Zerstörung der Biosphäre ist an sich schon eine Art „schleichende globale Katastrophe“.

Marsbewohner könnten eine eigene Kultur entwickeln. Die Wiege der Menscheit wird ihr allmählich zu klein. Das etwas kaugummibesessene Kind will nun das ganze Haus erforschen. Nur ist keine sorgende Mutter da, und der Vater… der Vater ist andernorts beschäftigt.


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Der Winter ist eingezogen. Für ein paar Monate können sich die Russen in den Moskauer Parks an zahlreichen Eisskulpturen erfreuen. (Topfoto: Ballin)



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