Während der Georgier in Deutschland wegen seiner Rolle im deutschen Wiedervereinigungsprozess bis heute geschätzt wird, hat ihm seine Unfähigkeit, die Probleme Georgiens zu lösen, unter den eigenen Landsleuten viele Feinde eingebracht.
Eduard Schewardnadse wurde am 28. Januar 1928 in dem georgischen Dorf Mamati geboren. Nach dem Krieg schlug er die klassische Karriere eines sowjetischen Parteifunktionärs ein. Bereits während der Breschnew-Zeit saß er 13 Jahre lang im Sessel des ersten Parteisekretärs der Georgischen Sowjetrepublik. Michail Gorbatschow rief den damals verhältnismäßig jungen Schewardnadse nach Moskau und machte ihn anstelle des greisen Andrej Gromyko zum neuen Außenminister der Sowjetunion. Wie kaum ein anderer Politiker neben Gorbatschow verkörperte Schewardnadse den neuen Kurs der östlichen Supermacht, Während Schewardnadses Amtszeit wurde die Entspannungspolitik der Sowjetunion eingeleitet. Moskau zog seine Truppen aus Afghanistan ab und wehrte sich nicht gegen den Sturz der sozialistischen Regime in Osteuropa.
Schewardnadse war ein überzeugter Reformer, als die Anhänger von Glasnost und Perestroika noch eine kleine Minderheit im überalterten Politbüro bildeten. Der ehemalige Perestroika-Chefideologe Alexander Jakowlew erinnerte sich, in der Anfangszeit der Reformen hätten Gorbatschow, Schewardnadse und er nahezu täglich damit gerechnet, von den Hardlinern entmachtet zu werden. Ende 1990 trat Schewardnadse aus Protest vor dem Heraufziehen einer Diktatur als Außenminister zurück und sollte mit seiner Warnung recht behalten, dass reformfeindliche Kräfte einen Umsturz planten. Nur Monate später versuchten Gorbatschows eigene Weggefährten, die Reformen mit einem Putsch zu stoppen.
Schon kurz nach der Unabhängigkeit Georgiens kehrte Schewardnadse 1992 nach Tiflis zurück. Eine Koalition aus alten Apparatschiks, Mafiabossen und deren bewaffnete Milizen hatte den Diktator Swiad Gamsachurdia gestürzt, der die Kaukasus-Republik in die Unabhängigkeit geführt hatte. Schewardnadse ließ sich als Gallionsfigur der siegreichen Aufständischen einspannen und übernahm zunächst den Vorsitz des georgischen Staatsrates und ließ sich dann ohne Gegenkandidat zum Präsidenten wählen.
Doch auch der einstige Gorbatschow-Intimus konnte nicht verhindern, dass Georgiens Wirtschaft vollends kollabierte und das einstige Urlauber-Paradies des Ostblocks mit seinen Palmen-Stränden und schneebedeckten Kaukasus-Gipfeln de facto in mehrere Teile zerbrach. Im abchasischen Sezessionskrieg entging Schewardnadse, der sich bis unmittelbar vor der Niederlage seiner Regierungstruppen in der abchasischen Hauptstadt Suchumi verschanzt hatte, nur dank eines Rettungseinsatzes russischer Militärs der Gefangennahme durch die Separatisten. Auch die Abspaltung der Region Südossetien von der Zentralregierung musste Schewardnadse hinnehmen.
In den 1990-er Jahren überlebte der Präsident mehrere Mordanschläge und unzählige politische Krisen. Bilder des sichtlich unter Schock stehenden Schewardnadse im blutverschmierten Unterhemd gingen im Sommer 1995 um die Welt, nachdem seine Dienstlimousine in Tiflis in die Luft gesprengt worden war. Auch der zunehmend autoritäre Regierungsstil in Tiflis konnte die Lage im Land nicht stabilisieren. Außenpolitisch konnte der Präsident sich die Sympathie des Westens erhalten, indem er auf Distanz zu Russland ging und den Anschluss an die USA und die Nato suchte.
Bis zuletzt wollte Schewardnadse nicht an einen Rücktritt denken. Sein Ziel war es nach eigenen Worten, bis 2005 durchzuhalten, um erstmals in der Geschichte Georgiens die Macht an einen demokratisch gewählten Nachfolger zu übergeben. Die offenbar massiv gefälschten Ergebnisse der Parlamentswahlen Anfang November provozierten nun das Ende Schewardnadses politischer Karriere. Nach seinem Rücktritt wolle er nach Hause gehen und dort seine Memoiren schreiben, sagte Schewardnadse am Sonntagabend. Die F.D.P., mit deren Langzeitvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher ihn bis heute eine persönliche Freundschaft verbindet, hat bereits gefordert, dem Mit-Architekten der deutschen Einheit in der Bundesrepublik politisches Asyl zu gewähren.
|