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Das ehrwürdige Kloster ist nur eine der Attraktionen der Insel Walaam (Foto: Barth/SPZ)
Das ehrwürdige Kloster ist nur eine der Attraktionen der Insel Walaam (Foto: Barth/SPZ)
Dienstag, 18.07.2006

Insel Walaam: Pilgerreise nicht nur für Gläubige

St. Petersburg. Zwei Nächte und einen Tag dauert eine Mischung aus Pilger- und Kreuzfahrt auf die Insel Walaam im Ladoga-See. Dort gibt es ein großes altes Kloster und eine unbeschreibliche Natur- und Artenvielfalt.

Pünktlich um 18.30 Uhr stehen wir durchnässt am Schiffsanleger hinter der Eremitage. Von hier aus soll es mit dem Tragflügelboot zum „Flußbahnhof“, dem Passagierhafen im Süden Petersburgs gehen, wo die „Turgenew“ ablegen soll. Doch das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung: Wegen Sturmwarnung kann der Express-Zubringer nicht fahren. Wir bekommen zum Trost eine Tasse heißen Tee, während wir und unsere Mitreisenden auf einen Ersatz-Bus warten.

Per Musikdampfer über die Newa auf die Klosterinsel


Unter den Klängen der Petersburger Hymne wird punkt 21 Uhr abgelegt – und vorbei an prächtigen Vorstadt-Villen geht es in Richtung Ladogasee. Schon dröhnt eine Stimme aus den Lautsprecher, die alle Passagiere auf den kommenden Tag vorbereitet: Wann gibt es Frühstück-Mittag-Abendbrot, wo können Tanzwütige eine flotte Sohle aufs Parkett legen oder lieber die Stille des Lesezimmers genießen.

Wir sind hier weitgehend unter Russen, wird uns alsbald bewusst: Schick gekleidete Herrschaften tragen eigens mitgebrachte Hausschuhe, spielen Schach und trinken Wodka. Wir hingegen entscheiden uns gegen Karaoke, Disko oder Tanzmusik, trotzen weiterhin dem Regen und bleiben bis halb zwei auf Deck.

Nicht komfortabel, aber individuell


Es iost eng, aber es reicht: Zwei Kojen in einer spartanischen Mini-Kajüte (Foto: Barth)
Es iost eng, aber es reicht: Zwei Kojen in einer spartanischen Mini-Kajüte (Foto: Barth)
Durchgefroren ziehen wir uns in unsere zum Preis von 2.700 Rubel (80 Euro) pro Person gebuchte Kajüte zurück. Ein Doppelstockbett, eine Waschnische und ein Schrank bieten genug Freiraum für zwei Nächte. Vom Gang ist noch der Gesang eines Russen zu hören, der fröhlich zu den Klängen seines Akkordeons singt. Nach einer unruhigen, weil von heftigem Wellengang geprägten Nacht weckt uns pünktlich um 7.30 Uhr eine Stimme aus den Schiffslautsprechern. Beim Frühstück treffen wir zwei Damen aus Sibirien. Sie fragen freundlich, wie wir geschlafen haben. Unsere Antwort kommentieren sie mit „Russland ist nicht komfortabel, aber individuell.“

Klare Luft und klösterliche Stille


Schon eine Stunde später können wir können wir bei strahlendem Sonnenschein eine gewaltige Naturlandschaft genießen: Vor uns liegt die Klosterinsel Walaam. Nicht nur die zahlreichen Pilger aus allen Ecken und Enden Russlands auf unserem Schiff sind überwältigt von diesem Anblick, von der klaren Luft und der Stille.

Walaam ist nur per Schiff über Europas größten See erreichbar (Foto: Barth/SPZ)
Walaam ist nur per Schiff über Europas größten See erreichbar (Foto: Barth/SPZ)
Aufbruch zur ersten Exkursion: Mit einem kleinen Boot geht es rund um die Insel zum Hauptkloster von Walaam. Gespannt springen wir vom Schiff und folgen dem leider nur russisch sprechenden Fremdenführer. Am Eingang des Klosters treffen wir auf die ersten Mönche. Nachdem wir züchtig Kopftücher aufgesetzt und uns einen Rock-Ersatz umgebunden haben, tauchen wir in die Stille und Harmonie des Klosters ein.

Schon im 11. Jahrhundert siedelten sich die ersten Mönche auf dem abgelegenen Eiland an. Heute leben wieder ungefähr 100 Geistliche in den alten Klosteranlagen, die zwischenzeitlich als Unterkunft für Kriegsinvaliden dienten.

Soweit die Füße tragen zum besten Ausblick Walaams


Nun liegen sieben Kilometer Fußmarsch durch unberührte Natur, vorbei an nach Tannen duftenden Wäldern, Wiesen und Flüsschen, bis zur Anlegestelle des Schiffes vor uns. Nach einem deftigen Mittagessen an Bord geht es wieder zurück an Land. Unser Ausflug führt nun über Stock und Stein, auf naturbelassenen Waldwegen, vorbei an seltenen Gewächsen und begleitet vom Gezwitscher zahlreicher Vogelarten.

Nach einer Stunde treffen wir auf den wohl grandiosesten Ausblick der Insel: Tief unter uns liegt wie in einem Fjord tiefblau der Ladogasee, dazu dieses Waldrauschen und Sonnenschein. Das Leben könnte nicht schöner sein!

Möwen und Weiße Nacht über dem Ladoga-See (Foto: Barth/SPZ)
Möwen und Weiße Nacht über dem Ladoga-See (Foto: Barth/SPZ)
Am Abend tritt die „Turgenjew“ die Rückfahrt an. Möwen begleiten uns auf der Fahrt in Richtung Sonnenuntergang. Keine Frage, die weißen Nächte sind die beste Zeit, die Insel Walaam zu besuchen. Denn als wir überwältigt von den zahlreichen Eindrücken vom (so finden wir) schönsten Ort der Welt um halb zwei in unsere Kojen fallen, ist über Europas größtem Binnensee noch immer keine Dunkelheit hereingebrochen. Doch schon um 7 Uhr morgens sind wir wieder in Petersburg. Ein Bus bringt uns zurück in die Hektik der Stadt, zur nächsten Metrostation.

(Stefanie Barth/SPZ)

Weitere Infos und Buchungen bei der Reederei Wodochod in St. Petersburg unter Tel. 812/740-58-58 oder 740-58-59.


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