Montag, 21.02.2005
Lawrow in schwieriger Mission in KiewMoskau. Nach der Schlappe in Georgien flog der russische Außenminister Sergej Lawrow gestern nach Kiew, wo nach Meinung vieler russischer Medien die nächste Tracht Prügel auf ihn wartete. In Kiew soll Lawrow russisches Eigentum vor der Rückverstaatlichung retten und einem Putin-Besuch das Feld bereiten.
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In Georgien hatte man dem russischen Emissär entgegen einem früher abgestimmten Besuchsprogramm eine Blumenniederlegung am Denkmal für in Abchasien gefallene Georgier nahe gelegt. Da Russland erklärter Verbündeter der Abchasen ist, war das ein Affront.
In Kiew soll er nun in einer Art Feuerwehraktion russisches Eigentum vor der Entprivatisierung retten, heißt es in einem Kommentar der Tageszeitung „Kommersant“. Vor allem geht es um mehrere Ölraffinerien und das Tonerde-Aufbereitungskombinat Nikolajew, das zu 30 Prozent dem Betrieb Russki Alumini gehört.
Wie die ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko ankündigte, sollen 3000 Privatisierungsgeschäfte aus der Zeit des Expräsidenten Expräsidenten Leonid Kutschma revidiert werden. Zwar deutete Präsident Viktor Juschtschenko an, dass es nur halb so heiß gegessen werde, doch stehen dem Vernehmen nach 30 Betriebe auf der „schwarzen Liste“.
Magere Gegenleistung
Warum Kiew da Entgegenkommen zeigen sollte, sei unklar, so der „Kommersant“. Das einzige, was Lawrow Timoschenko im Gegenzug anbieten könne, wären Garantien ihrer Unantastbarkeit bei einem Besuch in Moskau. Schon nach ihrer Amtseinsetzung verlautete aus Moskau, das Strafverfahren und der Haftbefehl gegen sie liefen unverändert weiter.
Timoschenko werden illegale Geschäfte mit dem russischen Verteidungsministerium zum Schaden des russischen Staates vorgeworfen. Timoschenko fordert von Moskau, ihre Verfolgung ganz einzustellen. Erst dann werde sie kommen.
Verwirrung um kommenden Putin-Besuch
Vorige Woche noch ging man davon aus, dass Wladimir Putin im kommenden Mai in die Ukraine kommen und neben Kiew die Krim, Lwiw (Lemberg) und das Donezk-Becken besuchen wird. Große „Versöhnungsdokumente“, die aus dem ukrainischen Präsidentschaftswahlkampf resultierende „Missverständnisse“ ausräumen sollten, wurden angekündigt.
In den letzten Tagen hörte man aber plötzlich aus Moskau, Putins Besuch sei „weder im März, noch im April, noch im Mai“ geplant gewesen. Und nach Gesprächen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Boris Tarasjuk erklärte Lawrow nun wieder, Putin werde „bis Mai dieses Jahres“die Ukraine besuchen „wir hoffen, vielleicht sogar früher“.
Schattenprobleme nicht verhandlungsfähig
Lawrow soll nun also das vom Kreml eigenhändig und wiederholt zerschlagene Porzellan kitten. Der Außenminister hätte lieber zu Hause bleiben sollen, meint die „Nesawissimaja Gaseta“. Außerhalb der Gipfelvorbereitungen bestehende Probleme hätten einen „Schattencharakter“ und könnten nicht öffentlich verhandelt werden. So verdächtigt die ukranische Generalstaatsanwaltschaft den kremlnahen russischen Politologen Gleb Pawlowski, hinter dem Giftanschlag auf Juschtschenko gestanden zu haben.
Offiziell wird die Ausarbeitung eines gemeinsamen russisch-ukrainischen Aktionsplans für 2005, der bei Juschtschenkos erstem Besuch in Moskau ins Auge gefasst wurde, als das Thema des Arbeitsbesuchs des russischen Außenministers genannt.
Effektiv geht es Moskau um den Verbleib der Ukraine in dem von Putin angeregten Gemeinsamen Wirtschaftsraum. Viel hielt man in Kiew davon allerdings auch früher nicht. Kutschma stimmte ihm seinerzeit nur in der Hoffnung zu, seinen Wunsch-Nachfolger Viktor Janukowitsch mit Moskaus Hilfe zu installieren.
Rangeleien um moldawische Wahl
Das außenpolitische Hauptthema ist die am 6. März in Moldawien bevorstehende Parlamentswahl. Nach der moldawischen Verfassung wird der Präsident vom Parlament gewählt. Moskau hat aber Ärger mit dem jetzigen kommunistischen Präsidenten Wladimir Woronin und möchte ihn paradoxerweise im Zuge einer liberalen „samtenen“ Revolution kippen.
Der Demokrat Juschtschenko wäre ein idealer Verbündeter dabei. Nur übersehen die Kreml-Strategen, dass der Woronin Juschtschenko in dessen Kampf um den Präsidentenposten konsequent unterstützt hatte. Es wäre eine himmelschreiende Undankbarkeit, wenn sich der Ukrainer jetzt auf die Seite von Woronins Gegnern schlüge.
(adu/rufo)
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