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Igor Sutjagin (foto: newsru) |
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Mittwoch, 07.04.2004
Hartes Spionage-Urteil gegen WissenschaftlerSt. Petersburg. Das Moskauer Stadtgericht hat Igor Sutjagin wegen Landesverrats in Form von Spionage zu 15 Jahren scharfer Lagerhaft verurteilt. Der Mitarbeiter des USA- und Kanada-Institutes der Akademie der Wissenschaften soll an eine Tarnfirma der CIA geheime Informationen über russische Rüstungsprojekte geliefert haben. Sutjagin hält sich für unschuldig: Meine Schuld besteht darin, mit Ausländern gesprochen zu haben, sagte er nach dem Urteil.
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Das sich seit drei Jahren hinziehende Spionage-Verfahren gegen Sutjagin hatte im in- und Ausland weit weniger Aufsehen erregt als vor einigen Jahren ähnliche Verfahren gegen den Umweltschützer Alexander Nikitin oder den Militärjournalisten Grigori Pasko. Im Kern handelte es sich jedoch um ähnliche Vorgänge und Vorwürfe: Sutjagin sammelte und übergab im Auftrag eines westlichen Auftraggebers Informationen über gewisse militärische Bereiche. Nach Darstellung von Anklage und den Ermittlern des Inlandsgeheimdienstes FSB stellten sie Staatsgeheimnisse dar.
Sutjagin hingegen beteuert, dass er alle von ihm übermittelten Daten aus der Presse und anderen frei zugänglichen Quellen zusammen getragen habe. Der Politologe und Rüstungsanalytiker war im Oktober 1999 verhaftet worden. Bei dem von ihm mit Informationen belieferten britischen Unternehmen Alternative Future soll es sich nach Erkenntnissen der russischen Spionageabwehr um eine Tarnfirma des US-Geheimdienstes gehandelt haben.
Die Staatsanwaltschaft hatte 17 Jahre Haft für Sutjagin gefordert. 2001 war gegen Sutjagin schon einmal ein Prozess in Kaluga geführt worden. Die Beweisführung des FSB wurde damals vom Gericht für ungenügend erklärt. Sutjagin kam deshalb aber nicht frei: Wegen einer Besonderheit des russischen Rechtssystems votierte das Gericht auf unentschieden - die Anklage wurde zu weiteren Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft zurück gereicht, der Verdächtige blieb solange in U-Haft.
Das Urteil, aber auch die Prozessführung vor einem Geschworenengericht, wurde von der Verteidigung wie auch von Menschenrechtlern scharf kritisiert. So habe die Vorsitzende Richterin die zwölf Geschworenen mit Suggestivfragen manipuliert und ein entlastendes Gutachten nicht berücksichtigt. Verteidiger Boris Kusnezow kündigte an, das Urteil vor dem Obersten Gericht und bei Bedarf auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzufechten. Solange die Widerspruchsverfahren laufen, bleibt Sutjagin im Moskauer Untersuchungsgefängnis Lefortowo.
Sutjagin wurde Opfer von Spionomanie, sagte die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe Ludmilla Alexejewa. Die Menschenrechtler würden jetzt nicht die Hände in den Schoß legen und es zulassen, dass ein Unschuldiger im Gefängnis sitzt. Anders als bei Nikitin oder Pasko hätten sich ausländische Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international im Falle Sutjagin zu wenig und zu spät engagiert, kritisiert Jewgeni Ichlow von der russischen Vereinigung Für Menschenrechte: Sobald der Druck auch von außen nachlässt, beginnt sich unsere Staatsmacht zu verhalten wie zu Sowjetzeiten. Mit diesem Urteil würde der vom Staat nicht sanktionierte Kontakt mit Ausländern wieder zu einer Straftat, meint Ichlow. In diesem Sinne sind wir um 20 Jahre zurück gefallen.
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Bisher waren bei vergleichbaren Landesverrats-Verfahren in Russland nie derartig harte Urteile ergangen: Zuletzt war Ende Dezember der Krasnojarsker Wissenschaftler Valentin Danilow freigesprochen worden. Auch Alexander Nikitin, Mitarbeiter der Umweltorganisation Bellona, hatte vier Jahre zuvor einen glatten Freispruch erhalten. Der Offizier und Journalist Grigori Pasko musste eine kürzere Haftstrafe absitzen, der Gelehrte Anatoli Babkin kam mit einer Bewährungsstrafe davon.
(ld/.rufo)
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