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Michail Chodorkowski vor dem Berufungsgericht (foto: newsru) |
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Donnerstag, 22.09.2005
Ein Jahr Haft weniger für ChodorkowskiMoskau (Aktualisiert 19:00). Das Moskauer Stadtgericht hat in der Berufungsverhandlung das Urteil für den ehemaligen Yukos-Chef Michail Chodorkowski und seinen Geschäftspartner Platon Lebedew von je neun auf acht Jahre Haft verringert.
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Das Gericht erklärte das Urteil der ersten Instanz nur in einem Anklagepunkt für nichtig. Darin war es um die angebliche Veruntreuung von 2 Millarden Rubel Yukos-Vermögen in Form eines Kredites an die Most-Gruppe des einstigen Medienmagnaten Wladimir Gussinki gegangen.
Chodorkowski wollte zwei Monate Aufschub
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Die Verhandlung war nach einer eine Woche lang dauernden Verzögerung wegen einer Erkrankung von Chodorkowskis Haupt-Anwalt Genrich Padwa am Donnerstag im Laufe von nur einem Tag durchgezogen worden. Chodorkowski hatte zuvor vergeblich den Antrag gestellt, die Verhandlung um zwei Monate aufzuschieben, damit er sich volsständig mit der Urteilsbegründung vom Mai vertraut machen könne. Er habe bisher nur 40 Seiten des 450 Seiten umfassenden Urteils gründlich durcharbeiten können.
Chodorkowski: „Anklage ist Altpapier“
Während eines anderthalb Stunden dauernden Auftritts vor dem Gericht hatte Chodorkowski dann auch nur seine Einwände gegen das Urteil in Sachen des Most-Kredites vorgebracht. „Für mich ist offensichtlich, dass es auch für die anderen Anklagepunkte keine Beweise gibt“, sagte er in der Verhandlung und bezeichnete die gegen ihn vor gebrachte Anklage als „Altpapier, dass in der Hoffnung in die Akten gelegt wurde, dass es niemals irgend jemand lesen würde“.
Chodorkowski hatte sich in der Verhandlung als nicht schuldig bezeichnet. Er sei in erster Linie von einer Gruppe Bürokraten schuldig gesprochen worden, denen es darum ging, die von ihm getätigte Finanzierung der Opposition zu unterbinden. Diese Bürokratengruppe habe sich selbst dafür eine Belohnung in Form eines „Stücks von Yukos, des besten Untenrehmens des Landes“ gesichert.
Urteil ist rechtskräftig, die Duma-Kandidatur hinfällig
Mit dem Abschluss der Berufungsverhandlung ist das Urteil gegen die beiden einstigen Oligarchen rechtskräftig. Chodorkowski kann damit auch nicht mehr wie beabsichtigt für ein Duma-Mandat kandidieren, dass Anfang Dezember in einer Nachwahl in einem Moskauer Wahlkreis vergeben wird.
Die Eile, mit der die Gerichtsentscheidung trotz einer Bombendrohung im Laufe des Tages erst in den Abendstunden gefällt wurde, dürfte auch mit der unmittelbar bevorstehenden Verjährung eines Hauptanklagepunktes zu tun haben.
Die nach Ansicht der Ankläger unrechtmäßige Privatisierung eines Forschungsinstitutes für Düngemittel durch die beiden Angeklagten war am 22. September 1995 amtlich registriert worden, erklärte Staatsanwalt Dmitri Schochin in der Verhandlung. Die für Betrugsdelikte nach zehn Jahren beginnende Verjährung hätte damit „zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht eingesetzt“. Nach dieser Finesse zeigte sich der Staatsanwalt mit dem Berufungsurteil zufrieden und erklärte, die Haftverkürzung um ein Jahr sei „das gute Recht des Gerichts“.
US-Anwalt ausgewiesen
Anwalt Padwa kündigte an, das er das Urteil in der nächsthöheren Instanz anfechten werde. Am Freitag wurde allerdings offensichtlich, dass die Verteidiger des Ex-Yukos-Chefs nun womöglich erst ihre eigenen Probleme lösen müssen:
Bereits in der Nacht waren Mitarbeiter der Sicherheitskräfte in das Hotelzimmer von Chodorkowskis US-Anwalt Robert Amsterdam gekommen und hatten seinen Pass beschlagnahmt. Später erhielt der Amerikaner die Papiere zurück, allerdings war sein eigentlich noch bis nächsten Juli gültiges Visum annulliert worden. Amsterdam wurde angewiesen, Russland noch im Laufe des Freitags zu verlassen.
Die Staatsanwaltschaft forderte unterdessen, fast allen Chodorkowski-Verteidigern aus der ersten Instanz die Lizenz zu entziehen. Ein entsprechender Antrag sei beim Justizministerium eingereicht worden, erklärte die Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Natalja Wischnjakowa.
Die Behörden werfen den Anwälten vor, dass diese bei dem Berufungsgericht nicht Chodorkowski verteidgt hatten und teilweise sogar dem Verfahren ferngeblieben waren. Lediglich der einzige von dem Ex-Magnaten offiziell beauftragte Anwalt Genrich Padwa und der Petersburger Verteidiger Juri Schmidt stehen nicht auf der Schwarzen Liste der Behörden.
(Lothar Deeg/.rufo)
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