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Nur noch ein Ruinenfeld: Stalingrad wurde 1942-43 geradezu zermalmt (Foto: bbc.co.uk) |
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Freitag, 24.08.2012
Wolgograd - 70 Jahre nach der Schlacht von StalingradWolgograd. Vor 70 Jahren begann die Schlacht um Stalingrad, die als Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg gilt. Auch Jahrzehnte nach dem Ende des mörderischen Kampfes dreht sich in der südrussischen Stadt alles um den Krieg.
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Der Krieg beherrscht Stalingrad noch immer. Seit über 50 Jahren trägt die Millionenstadt an der Wolga zwar den Namen Wolgograd. Doch die Erinnerung an eine der blutigsten Schlachten im Zweiten Weltkrieg ist nach wie vor allgegenwärtig. Denn die einst komplett zerstörte Stadt ist über den Leichen der schätzungsweise 700.000 gefallenen Soldaten und getöteten Zivilisten fast vollständig neu errichtet worden.
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«Wir wissen, dass innerhalb der Stadt viele Tote begraben sind, deren Gräber überbaut sind», sagt Fritz Kirchmeier vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Bis zu 60.000 Tote aus der blutigen Schlacht liegen noch verscharrt.
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Vor genau 70 Jahren begann hier das über vier Monate dauernde Gemetzel zwischen der Roten Armee und der deutschen Wehrmacht. Am 25. August 1942 verhängte Stalin den Belagerungszustand, zwei Tage nach einem verheerenden Luftangriff.
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Ein Sieg wird sakral
Kaum findet sich im südrussischen Wolgograd ein Denkmal, das nicht mit dem monatelangen Morden in Verbindung steht. «Die Schlacht ist unser nationaler Stolz», sagt Alexej Wassin, der Direktor des Museums der Schlacht von Stalingrad, voller Pathos. «Im Laufe der Zeit hat ihre Bedeutung einen sakralen Charakter erhalten.» Der Sieg der sowjetischen Truppen über die 6. deutsche Armee gilt als der Wendepunkt des Krieges.
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Einen Steinwurf von der Wolga entfernt wirkt der runde Museumsbau wie ein Ufo. Höhepunkt ist ein riesiges Panorama-Gemälde im obersten Stockwerk, das die Ereignisse an einem einzigen Tag des Kampfes zeigen. Ehrfürchtig ziehen Schulklassen durch die Säle mit Waffen, Fahnen und Dokumenten. Doch vieles wie die Leiden der Zivilisten, die der quälende Häuserkampf mit sich brachte, bleibt im Verborgenen.
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"Mutter Heimat" überragt die Gefallenen
Drei Kilometer außerhalb des Stadtzentrums - gegenüber dem etwas verfallenen Fußballstadion - steht das Wahrzeichen der Stadt. Die Statue «Mutter Heimat» auf dem Mamajew-Hügel schwingt bis zu 85 Meter hoch ihr Schwert über dem Kopf. Ihr zu Füßen sind in einer Gedenkhalle die Namen Tausender Gefallener aufgelistet. Vier Soldaten in Paradeuniform halten ohne Regung Ehrenwache an der Ewigen Flamme.
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Nicht alle Wolgograder sind glücklich mit den allgegenwärtigen Kriegserinnerungen. «Wenn wir immer nur in der Vergangenheit leben, kommen wir nie in der Zukunft an», sagt die 30-jährige Julia. Mit ihrer Kamera zieht sie durch die Straßen ihrer Heimatstadt. «Ich fotografiere die Lebenden - das ist unser Kapital», erzählt sie.
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Doch die Geschichte lässt nicht locker. Noch immer finden Forscher im Gebiet rund um die damals völlig zertrümmerte Stadt bei Ausgrabungen Knochen, Orden oder Munition. Auch der Volksbund ist in der Gegend aktiv - doch wahrscheinlich nicht mehr lange. In vier bis fünf Jahren werde die Arbeit voraussichtlich beendet sein, meint Sprecher Kirchmeier. Viele Tote seien wohl nicht mehr zu bergen.
«Ehre den Verteidigern von Stalingrad» ist wohl der am meisten plakatierte Spruch in der Stadt rund 1.000 Kilometer südlich von Moskau. Fast an jeder Ecke sind auf großen Werbetafeln Veteranen mit der Brust voller Orden zu sehen oder Schwarz-Weiß-Fotos, auf denen ein dynamischer Rotarmist eine Frau und deren Kind beschützt.
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Zur Erinnerung sind die alten Kämpfer noch immer gut genug. Doch viele von ihnen klagen über geringe Renten und unwürdige Lebensbedingungen.
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"Wolgograd lebt von der Geschichte"
Auch die Straßennamen erinnern an die Geschichte. Auf der Allee der Gefallenen Kämpfer! erinnert ein Obelisk an die Toten. «Wolgograd lebt von der Geschichte», sagt Kirchmeier. «Das Selbstbewusstsein hängt mit den Mythen zusammen, die alle in der Schlacht wurzeln.»
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«Der Mythos Stalingrad deckt einen großen Teil der langen Geschichte Wolgograds zu», kritisiert Matthias Uhl vom Deutschen Historischen Institut in Moskau die auf den Krieg fokussierte Geschichtspflege in der Stadt, die von ihrer Gründung im 16. Jahrhundert bis 1925 Zarizyn hieß. Doch Museumsdirektor Wassin weist diesen Vorwurf empört zurück.
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«Die Stadt ist dank diesen Sieges zur Heldenstadt geworden. Es ist wichtig, diese Erinnerung zu bewahren - das ist das Wichtigste, was die Stadt hat», sagt Wassin.
(Benedikt von Imhoff, dpa)
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