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Das Urteil von Straßburg gibt Tschetschenien Hoffnung auf Schutz vor Polizei- und Militärwillkür.
Das Urteil von Straßburg gibt Tschetschenien Hoffnung auf Schutz vor Polizei- und Militärwillkür.
Freitag, 28.07.2006

Tschetschenien: Erstmals Erfolg in Straßburg

St. Petersburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab erstmals einer im Zusammenhang mit dem Tschetschenienkrieg eingereichten Klage statt. Rechtsschützer sehen nun Lawinen ähnlicher Klagen anrollen.

Der Gerichtshof in Straßburg verurteilte die russische Regierung zur Zahlung von 35.000 Euro an die Tschetschenin Fatima Basorkina, deren Sohn im Jahre 2000 während der Kampfhandlungen in der Kaukasus-Republik spurlos verschwunden war.

Die Richter halten die Annahme, Chadschimurat Jandijew sei von russischen Soldaten entführt worden, für rechtens. Die Klage der Tschetschenin basierte auf einem Videoband, auf dem ein russischer Offizier ihren Sohn verhört und dann angeordnet hatte, ihn zu erschießen.

Straßburg war die letzte Hoffnung


Basorkina hatte mehrere Versuche unternommen, bei russischen Gerichten Gehör zu finden. Ein letztendlich von der tschetschenischen Militärstaatsanwaltschaft eingeleitetes Verfahren verlief 2004 im Sand, ohne dass dies jemals begründet wurde.

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Danach wandte sich die verzweifelte Frau über die Menschenrechts-Organisation „Rechtsinitiative“ an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Richter gaben der Klage am Donnerstag statt. Sie urteilten u. a., Russland habe das Verfahren in der Sache Jandijew nicht ordentlich durchgeführt.

Frau Basorkina sei „das Opfer unmenschlichen Verhaltens wegen der völligen Ungewissheit über das Schicksal ihres Sohnes“. Die russische Regierung muss ihr nun 35.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Ein wichtiger Präzedenzfall


Damit wurde in Straßburg erstmals ein Urteil zu in Tschetschenien verschollenen Personen gefällt. Allein im ersten Tschetschenienkrieg sollen 1.500 Menschen spurlos verschwunden sein, im zweiten mehr als 3.000.

Tatjana Kassatkina, eine führende Vertreterin der Rechtsschutz-Organisation „Memorial“, kommentierte das Urteil gegenüber dem „Kommersant“ folgendermaßen: „Einerseits freut mich diese Tatsache, denn ein internationales Gericht hat die mit Füßen getretene Gerechtigkeit wiederhergestellt.“

Andererseits macht sie mich traurig, denn unsere Bürger sind gezwungen, ihr Recht im Ausland zu suchen.“ Sie betont, „Memorial“ habe etwa 50 weitere, ähnlich gelagerte Fälle juristisch vorbereitet, um sie in Straßburg vorzulegen.

Das Urteil in Sachen Jandijew schafft einen wichtigen Präzedenzfall und wird vermutlich eine wahre Flut an Klagen auslösen. Die bisher mit Gleichgültigkeit seitens der russischen Gerichtsbarkeit gestraften Angehörigen der Opfer des Tschetschenienkrieges können neue Hoffnung schöpfen. (sb/.rufo)


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