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Die 72 Tonnen schwere Glocke passt nicht beim ersten Anlauf durch das Klostertor (Foto: Packeiser/.rufo) |
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Freitag, 16.01.2004
Riesenglocke für Sergijew PossadVon Karsten Packeiser, Sergijew Possad. Vor den Mauern des wichtigsten Heiligtums der russischen Kirche sind am frühen Morgen Kräne, Bulldozer und Tieflader vorgefahren. Vorarbeiter rufen Anweisungen in ihre Funkgeräte. Die schwerste und größte Glocke, die jemals in einer christlichen Kirche geläutet hat, soll auf das Klostergelände gezogen werden. Aus der Klostermauer mussten eigens Steine gebrochen werden, sonst hätte die viereinhalb Meter hohe und 72 Tonnen schwere Glocke nicht durch das Tor gepasst.
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Sergijew Possad unterstreicht seine Rolle als Zentrum der Orthodoxie mit der Riesenglocke aus Kupfer und Zinn, die in einer Petersburger Werft gegossen wurde und drei Mal schwerer ist, als die größte deutsche Glocke im Kölner Dom. „Ihre Bedeutung für Russland und für uns liegt darin, dass sie uns zur geistigen Wiedergeburt unseres Landes aufruft“, sagt Klostervorsteher Parfenij.
Bereits zu Zarenzeiten hatten in Sergijew Possad Glocken geläutet, deren Ausmaße in Europa ihres Gleichen suchten. Sie waren im Zuge des militanten Kirchenkampfes nach der Oktoberrevolution aber eingeschmolzen worden.
Die Sowjetregierung ließ das im 14. Jahrhundert vom Heiligen Sergius von Radonesch gegründete Kloster für knapp zwei Jahrzehnte schließen und benannte die Stadt Sergijew Possad nach einem umgekommenen Revolutionär in Sagorsk um. Inzwischen befindet sich hinter den Klostermauern wieder das geistliche Zentrum der orthodoxen Kirche, das jährlich tausende von Pilgern anzieht.
"Die Neuanfertigung ähnelt äußerlich dem historischen Vorbild und klingt ähnlich, ist aber noch größer“, erzählt Projektleiter Oleg Njunin, während er im Schneetreiben den Arbeiten zusieht.
Vor dem Glockenturm dankt die Kirche in einem Schaukasten den Spendern: Auf der Liste werden große Ölunternehmen, Banken und das russische Atomministerium aufgeführt.
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Eine logistische Meisterleistung: Der Transport führte von St. Petersburg nach Sergijew Possad über etwa 800 Kilometer (Foto: Packeiser/.rufo) |
Nur wenige Schritte von der Hektik der Bauarbeiten entfernt findet in einer Kirche des Klosters wie jeden Morgen die Frühmesse statt. Ein Chor älterer Frauen singt „Herr, erbarme Dich“. Gläubige kommen zum Altar und küssen die dort aufbewahrten Ikonen.
Über den Dächern kreist kreischend ein Dohlenschwarm. Zwei Gottesdienstbesucher stehen vor der Kirche und sehen ratlos zum Glockenturm hinüber. „Sie wird niemals dort oben hinpassen“, meint ein älterer Mann mit Vollbart. „Sie werden wohl einen neuen Glockenturm bauen.“
Befürchtungen, der Jahrhunderte alte Turm könne die zusätzliche Last nicht aushalten, weist Viktor Dmitrijew, Vize-Direktor der Denkmalschutz- und Bauabteilung des Klosters, zurück. „Wir haben alles genau ausgerechnet“, beruhigt er die Journalisten. Fehler kann sich der Denkmalspfleger nicht leisten: Sein Büro liegt im zweiten Stock des Turms. Direkt unter den Glocken.
Den absoluten Größenrekord verfehlt auch die neue Glocke des Dreifaltigkeitsklosters deutlich. Zweihundert Tonnen schwer ist eine Riesenglocke, die für den Moskauer Kreml bestimmt war und dort heute als Touristenattraktion ausgestellt wird. Bei einem Brand brach ein 11 Tonnen schweres Teilstück aus der Glocke, bevor sie auch nur ein einziges Mal geläutet hatte.
Die Neuanfertigung trägt den selben Namen, wie der Weltrekordhalter aus dem Kreml: „Zaren-Glocke“. Im Kloster von Sergijew Possad hielt man das für kein schlechtes Omen.
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