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Zwölf Tonnen Wasser und Löschmittel auf einen Schlag: Das Amphibien-Flugzeug Be-200 bei einer Vorführung (Foto: rian.ru)
Zwölf Tonnen Wasser und Löschmittel auf einen Schlag: Das Amphibien-Flugzeug Be-200 bei einer Vorführung (Foto: rian.ru)
Freitag, 13.08.2010

Lösch-Jet Be-200: Russlands Feuerwehr im Tiefflug

Moskau. Vor zwölf Jahren hatte die Berijew Be-200 ihren Erstflug. Von dem effektiven Wasserbomber könnte Russland jetzt bei der Waldbrandbekämpfung ganze Schwärme gebrauchen - doch nur vier Exemplare sind im Einsatz.

Ihre beiden Triebwerke trägt sie huckepack auf dem Rücken, an den Flügeln hängen dicke Schwimmer und der Bauch ist seltsam wellig und zerfurcht – wie als hätte der Flieger schon eine Bruchlandung hinter sich. Ein schönes Flugzeug ist die Be-200 sicherlich nicht.

Testpilot Putin war zufrieden


Aber ein effektives – und ein effektvolles: Selbst Wladimir Putin, bekannt für seine imageträchtigen Ritte in Düsenjägern oder Tiefsee-Tauchbooten, ließ es sich in der verheerenden Waldbrandsaison nicht nehmen, vom Copiloten-Sitz des russischen Amphibienflugzeugs Wasser auf zwei Brände im Gebiet Rjasan zu werfen. „Feuer gelöscht“ hieß es danach stolz.

Putins Mitflug war nicht nur PR in persönlicher Sache, sondern auch ein Vertrauensbeweis für ein von vielen Startschwierigkeiten geplagtes Produkt der russischen Luftfahrtindustrie, das dennoch weltweit ohne Konkurrenz ist: Bis zu zwölf Tonnen Wasser kann die Be-200 auf einmal über einem Brandherd abladen.

Es gibt größere Wasserbomber ...


Zwar gibt es auf der Welt deutlich größere Löschflugzeuge – in den USA wurde sogar ein Jumbo-Jet zum Wasserbomber umgerüstet, in Russland löscht man auch mit einem Il-76-Frachtjet.

Aber herkömmliche Flugzeuge müssen nach jedem Abwurf wieder auf einem Flugplatz landen, anhalten, ihre Wassertanks über Schläuche füllen und neu zum Start rollen. Das kostet mächtig Sprit und Zeit – und die ist knapp, wenn ein Waldbrand außer Kontrolle zu geraten droht.

Wasserfassen im Vorbeiflug


Die Be-200 kann das eleganter: Etwa zehn Mal kann sie mit einer Tankfüllung zwischen einem großen Gewässer und dem Brandherd pendeln. Nachgeladen wird auf reichlich spektakuläre Art: Wie als wolle sie wassern, rast die Maschine mit 190 km/h über die Wasseroberfläche – und schlägt sich dabei mit ausgefahrenen Auffüllstutzen innerhalb einiger Sekunden die Tanks wieder voll. „Je weniger Treibstoff in den Tanks ist, desto mehr Wasser kann an Bord“, erklärt Jewgeni Sery, Chef-Pilot der russischen Be-200-Staffel.

Dann geht es wieder mit 600 km/h Reisegeschwindigkeit zum Brandort. Denn die Be-200 ist das einzige heute in Serie gebaute Löschflugzeug mit Strahltriebwerken – und das größte noch dazu: Der einzige Konkurrent auf dem Weltmarkt ist die von Propellerturbinen angetriebene kanadische Bombardier 415, die nur halb so schnell ist – und auch nur halb soviel Wasser fassen kann.

Bisher nur eine Maschine ins Ausland verkauft


Einzig, von der Bombardier und ihren unter der Marke Canadair bekannten Vorgänger-Mustern wurden bislang 200 Flugzeuge ausgeliefert, von der Be-200 fliegen nach 14 Jahren hingegen nur fünf: Vier stehen in Diensten des russischen Katastrophenschutzes MTschS, eine Be-200 wurde nach Aserbaidschan verkauft. Zwei Maschinen wurden nach Kollisionen mit schwimmenden Baumstämmen ausgemustert. In Produktion ist gegenwärtig ein Exportauftrag über fünf Flugzeuge für Griechenland.

Bei Russland-Aktuell
• Löschflug: Putin liquidiert zwei Waldbrände bei Rjasan (10.08.2010)
• Moskauer Gebiet: Löschflugzeuge gegen Waldbrände (14.07.2010)
• Waldbrände: Katastrophenamt schickt Löschflugzeuge (22.08.2007)
• Riesiger Waldbrand im Nationalpark Baikalsee (08.05.2007)
• Flugausfälle: Moskauer Flughäfen versinken im Rauch (09.08.2010)
Wie so viele Produkte der russischen Luftfahrtindustrie kommt die Be-200 nur schwer in die Gänge. Der russische Katastrophenschutz schätzt zwar einerseits die Schlagkraft des Wasserbombers und beeindruckte damit auch schon international bei werbewirksamen Löscheinsätzen in Griechenland, Portugal oder Indonesien.

Kinderkrankheiten der heftigen Art


Anderseits mussten sich die staatlichen Feuerwehr-Flieger in den letzten Jahren auch mit vielen Kinderkrankheiten herumschlagen – „vom einfachen Triebwerksausfall bis zum schwierigsten Steuerausfall“, so Valeri Kruse, der Vize-Chef des Flugdienstes des MTschS.

Dennoch läuft eine Bestellung der Behörde über acht weitere Be-200 zu Stückpreis von ca. 1 Mrd. Rubel (ca. 25 Mio. Euro). Deren Finanzierung soll nun als Lehre aus den Waldbränden mit Priorität vom Staat durchgezogen werden.

Neue Serie: Glascockpit und Import-Düsen


Und auch die Technik der Maschine wird für die zweite Serie nochmals gründlich überarbeitet: So erhält die Be-200 jetzt das bei heutigen Flugzeugen übliche „Glascockpit“ mit elektronischen Displays statt analoger „Uhren“ im Instrumentenbrett. Verbunden wurde die Modernisierung mit einer Verlagerung der Produktion vom sibirischen Irkutsk in das Berijew-Stammwerk in Taganrog am Asowschen Meer.

Für die ausländische Kundschaft sind zudem Versionen mit Rolls-Royce-Triebwerken in Vorbereitung. Denn mit den bisher eingebauten ukrainischen D436-Triebwerken will sich im Herrschaftsgebiet von Airbus und Boeing niemand so recht anfreunden.

Doch auch die Löschbomber für Russland könnten in Zukunft mit anderen Motoren an den Start gehen: Gegenwärtig wird erörtert, ob nicht das für den neuen Regionaljet Suchoi Superjet 100 in russisch-französischer Co-Produktion entwickelte Aggregat SaM-146 bei der Be-200 Verwendung finden soll.

Russland soll drei Luftlösch-Staffeln bekommen


Dies würde aber wohl eine weitere Verzögerung der Auslieferung bedeuten. Dabei will Katastrophenschutz-Minister Sergej Schoigu schon ab 2012 mit den alten und neuen Be-200 für Russland einen neuen Brandschutzschirm stricken: Im Fernen Osten, in Sibirien und in Zentralrussland sollen drei Feuerwehr-Geschwader aufgebaut werden, die mit dem Berijew-Jet, aber auch diversen Hubschrauber-Modellen ausgerüstet werden sollen.

Im Prinzip kann das russische Amphibium auch als Passagier- oder Transportflugzeug zu Zielen ohne Flugplatz, aber genug Wasser eingesetzt werden, betont der Hersteller.

Aber dafür interessiert sich die Fliegerwelt momentan noch weniger als für den zu Unrecht international bisher verschmähten Feuerwehr-Jet.



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