Mittwoch, 20.04.2005
Evangelisch-Orthodoxer Dialog wird fortgesetztMoskau. 60 Jahre nach Kriegsende beten deutsche Protestanten und Orthodoxe in der Hauskapelle des Patriarchen für die Opfer. Nicht gemeinsam, das verbietet die orthodoxe Tradition, aber immerhin nacheinander.
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Die Verpflichtung zur Versöhnung zwischen Deutschen und Russen, erklärt Patriarch Alexi II. , sei der Grund dafür gewesen, dass beide Kirchen schon in den 50-er Jahren offizielle Kontakte miteinander aufnahmen. „Wer hätte vor 60 Jahren gedacht, dass dies einmal möglich wird“, erklärte Bischof Huber, der zum ersten Mal als EKD-Ratsvorsitzender nach Moskau kam. Was zu Hochzeiten des Kalten Krieges noch einem steten Balance-Akt glich, ist inzwischen Normalität geworden: Zu wahrscheinlich keiner anderen nicht-orthodoxen Kirche der Welt pflegt das Moskauer Patriarcht so intensive Beziehungen, wie zur EKD.
Lange Totenlisten zur Fürbitte abgegeben
Im Laufe der Geschichte habe es immer wieder Feindschaft zwischen Deutschland und Russland gegeben, so Alexi, doch die Beziehungen zwischen den Christen beider Länder seien immer ein Faktor der Verständigung gewesen. Dabei erinnert sich der Patriarch selbst noch gut an die langen Namenslisten von Kriegsopfern, die seine Gemeindemitglieder in den Nachkriegsjahren zur Fürbitte bei dem damals jungen Priester abgaben. Jede Familie in seiner Gemeinde habe den Verlust von Verwandten und Freunden durch den von Deutschland angezettelten Krieg zu überwinden gehabt.
Bei seinem Deutschland-Besuch 1995 hatte sich das russische Kirchenoberhaupt dennoch sogar öffentlich dafür entschuldigt, dass nach dem Krieg von Russen in Ostdeutschland eine neue Diktatur errichtet worden war. Alexi, der aus dem protestantischen Estland stammt und jahrelang bei der ökumenischen Konferenz Europäischer Kirchen arbeitete, spricht selbst Deutsch. Und vor dem Hintergrund der angespannten Beziehungen zwischen Moskau und dem Vatikan und der Einordnung vieler protestantischer Kirchen als Sekten durch die russische Orthodoxie verlaufen die Treffen mit evangelischen Besuchern aus Deutschland geradezu herzlich.
Streitpunkt Frauenpriestertum und Homosexualität
Noch immer gebe es sowohl bei Protestanten, als auch bei Orthodoxen viele Vorurteile, meint der evangelische Auslandsbischof Rolf Koppe. Die Evangelische Kirche gelte in Russland als sehr sekulär, die Orthodoxie im Westen als „stark hierarchisch und autoritativ“. Vorurteile, „an denen natürlich etwas dran ist“. Kirchenvertreter aus Deutschland und Russland versuchen in Moskau noch bis Ende der Woche, bei den inzwischen zur Tradition gewordenen evangelisch-orthodoxen theologischen Gesprächen, dennoch Gemeinsamkeiten zu finden. „Den Orthodoxen fällt es schwer zu akzeptieren, dass auch wir unser in sich geschlossenes Bibelverständnis haben“, so Pfarrer Fridtjof Amling von der evangelischen Gemeindegruppe in Moskau.
Konfliktpunkte gibt es auch abseits theologischer Grundsatzdebatten nach wie vor reichlich: Die russische Kirche toleriert weder Frauenordination noch irgendeine Form von Homosexualität. Eine oft ablehnende Haltung gegenüber der „westlichen Demokratie“ durch Vertreter der Orthodoxie ruft Unbehagen auf evangelischer Seite hervor. Inzwischen seien die evangelisch-orthodoxen theologischen Gespräche trotzdem zu einem Ort geworden, an dem man sich nicht mehr argwöhnisch beäuge, sagt Amling. In den letzten Jahren herrsche eine Atmosphäre, in der „Klartext“ über alle Themen geredet werden könne.
(epd/kp)
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