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Schulkinder der ersten Klasse mit einer hoffentlich intakten Familie; Foto: rufo
Schulkinder der ersten Klasse mit einer hoffentlich intakten Familie; Foto: rufo
Mittwoch, 18.08.2004

Adoption: Strenge Regeln in Russland

Moskau. Von den strengen Regeln bei der Adoption sahen die russischen Behörden auch im Fall Schröder nicht ab. So soll das Kanzlerehepaar sämtliche bürokratischen Regelungen über sich ergehen lassen haben, um die kleine Viktoria aufzunehmen. Ihr gesamtes Vorleben mussten die Schröders offen legen. Auch nach der Adoption sieht der russische Gesetzgeber Kontrollen der Pflegeeltern vor.

Laut Gesetz wird noch drei Jahre nach der Adoption das Wohlbefinden und Verhältnis von Adoptivkind und Eltern geprüft. Die russische Adoptionsverordnung gibt rigide Anweisungen, wie die Lebensbedingungen eines Kindes auch im Ausland zu kontrollieren sind.

Um aber erst einmal soweit zu kommen, ein russisches Kind aus dem Waisenhaus in den warmen Schoß einer Familie zu holen, müssen Unmengen Dokumente im Heimatland beschafft und den russischen Behörden vorgelegt werden.

Die Menge an Regeln

Unter den rund 20 beglaubigten Papieren müssen sich Gesundheitszeugnis, polizeiliches Führungszeugnis sowie Angaben zur finanziellen Situation – das Jahreseinkommen sollte 25.000 USD nicht unterschreiten – der Antragsteller befinden. Außerdem gilt es, häusliches Eigentum und eine positive Grundeinstellung zur Russischen Föderation nachzuweisen.

Ein Bild des Zimmers, in welchem das zukünftige Kind untergebracht wird, ist den Unterlagen beizufügen. Wichtigstes Papier ist allerdings der so genannte „Hausbericht“. In diesem beschreiben örtliche Sozialarbeiter, wie die zukünftigen Eltern untereinander, mit ihren Kindern, Enkeln und sonstigen Kontaktpersonen umgehen.

Das monatelange Verfahren

Dieses Paket wird nach Russland gesandt und in eine Datenbank mit Adoptionswilligen aufgenommen. Auf russischer Seite existiert die OPEKA-Behörde, eine Datenbank mit russischen Waisen. Bei der Adoption eines russischen Waisenkindes haben grundsätzlich einheimische Adoptiveltern Vorrang. Wurde nach drei Versuchen kein Elternpaar gefunden, kann das Kind auch an internationale Antragsteller vermittelt werden.

Hat sich ein Paar für eine Kind entschieden, fehlt nur noch die Zustimmung eines russischen Gerichtes. Das Adoptionsgeheimnis zu brechen, also Abstammung und Herkunft eines Kindes preiszugeben, wird in Russland strafrechtlich verfolgt. Von einer Geldstrafe über Sozialarbeit bis hin zu dreijährigem Berufsverbot, kann ein solches Vergehen geahndet werden. Diese Regel gilt nicht erst seit dem Akt deutsch-russischer Freundschaft zwischen Putin und Schröder.

Adoption kann traditionelle Familienverhältnisse wieder herstellen; Foto: rufo
Adoption kann traditionelle Familienverhältnisse wieder herstellen; Foto: rufo
Einschränkungen gibt es immer

Ausländer haben allerdings nur das Recht Kinder mit chronischen oder angeborenen, aber heilbaren Krankheiten zu adoptieren. In der Regel können Adoptiveltern unter Vorbehalt Kind und Krankenkartei mitnehmen, und die Meinung ihres Haus- oder Facharztes erfragen. Kann dieser keine Diagnose stellen, kann der Adoptionsvorgang wieder rückgängig gemacht und die Suche von neuem begonnen werden.

Stellen Ausländer den Antrag auf ein russisches Kind, können sie laut Gesetz bei diesem Schritt immer nur ein Kind adoptieren. Ausnahmen scheint es dennoch zu geben. Der bekannte US-amerikanische Appollo-10-Astronaut Thomas Stafford konnte im letzten Winter gleich Vater von zwei russischen Jungen werden.

Wohin nun mit russischem Kinderwunsch?

An der Adoption einer russischen Waise interessierte Deutsche sollten sich an die „Frank Foundation“ wenden. Sie ist eine der wenigen, auf russischem Boden akzeptierten Vermittlungsbehörden. Bis vor vier Jahren vermittelte die „Frank Foundation“ russische Kinder direkt nach Deutschland. Diesem Prozess wurde nun die deutsche „Vermittlungsstelle für Adoptionen e.V.“ in Baden-Baden zwischengeschaltet.

Diese Organisation nimmt deutsche Anfragen auf, unterstützt die Antragsteller bei der Dokumentensammlung und leitet diese gebündelt an die Frank Foundation weiter. In Baden-Baden hat man denn auch schon genügend Erfahrungen mit der Adoption russischer Kinder und berichtet von nicht weniger als sechs bis neun Monaten Wartezeit.

Theoretische und praktische Realität

Spezialisten äußerten gegenüber dem „Moskowski Komsomolez“, dass wohlhabende Ausländer beständig in Russland nach Adoptivkindern suchen. Vor allem US-Bürger haben Interesse an russischen Waisen – im letzten Jahr siedelten 5.200 russische Waisenkinder in die Vereinigten Staaten über. Auch deutsche Interessenten befinden sich unter den TopTen antragstellender Adoptiveltern.

Bei Russland-Aktuell
• Umfrage zur Kanzler-Adoption (18.08.04)
• Das Geschäft mit der Adoption in Russland (18.08.04)
• Adoption: Des Kanzlers neues Kind (17.08.04)
• Putin, Schröder und die Adoption als Staatsakt (17.08.04)
Vor allem bekannte Politiker, Schauspieler und Sänger beweisen immer öfter ihre Wohltätigkeit und Güte an russischen Waisenkindern. Schon vor den Schröders kamen Patrick Lindner und Günther Jauch auf die Idee eine russische Waise zu sich zu nehmen. Für die knappe Million russischer Waisen ist zu hoffen, dass sich noch mehr ausländische Adoptiveltern finden und ihnen eine Zukunft bieten.

(cu/.rufo)


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