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Michail Chodorkowski (Foto: Djatschkow/.rufo)
Michail Chodorkowski (Foto: Djatschkow/.rufo)
Aktualisiert 27.05.2011 11:10

Michail Borisowitsch Chodorkowski

Ex-Chef des Ölkonzerns Yukos. Reichster Häftling Russlands.

Zitat: „Wenn ich nochmal von vorne anfangen könnte, würde ich gleich im Bankwesen einsteigen anstatt mit einer Kooperative.“

Geboren: 26. Juni 1963 in Moskau.

Laufbahn: Vom Komsomolzen-Führer zum Chef einer der größten russischen Ölkonzerne und von dort auf die Anklagebank. Wegen Steuerhinterziehung und Betrugs zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. In einem zweiten Prozess wegen Öldiebstahls wird die Haftzeit auf 13 Jahre verlängert.

Freunde: Leidensgefährte Platon Lebedew. Ex-Premier Viktor Tschernomyrdin, der Milliardär Wladimir Potanin.

Feinde: Premier Wladimir Putin. Igor Setschin. Wladimir Ustinow. Die Metall-Magnaten Michail Tschernoi und Iskander Machmudow.

Skandale: Im Dezember 1995 übernimmt Chodorkowski bei einer umstrittenenen Auktion für ganze 170 Millionen Dollar 78 % der Yukos-Anteile, des damals zweitgrößten Ölkonzerns Russlands und viergrößten der Welt. Acht Jahre später wird er wegen Steuerhinterziehung festgenommen.

Familie: Verheiratet, vier Kinder.

Hobbys: Karate, sammelt Tagebücher und Notizbücher.

Chodorkowski nach seiner Einlieferung in die Strafkolonie (Foto: runewsweek.ru)
Chodorkowski nach seiner Einlieferung in die Strafkolonie (Foto: runewsweek.ru)
Laufbahn:

Mai 2011: In einem Berufungsprozess, der nur einen Tag dauert, wird das Urteil aus erster Instanz um ein Jahr abgemildert (genauso wie im ersten Yukos-Prozess geschehen). Damit liegt der Entlassungstermin im Jahr 2016.

Dezember 2010: Ein Moskauer Bezirksgericht verurteilt Chodorkowski und Lebedew zu weiteren sechs Jahren Haft. Ihnen wird der Diebstahl des Yukos-Öls vorgeworfen. Später erklärt eine Gerichtsdienerin, Richter Viktor Danilkin habe ein untergeschobenes Urteil verlesen, auf ihn sei Druck von höherer Instanz aus ausgeübt worden.

Januar 2010: Chodorkowski wird für seinen Briefwechsel mit der Schriftstellerin Ljudmila Ulizkaja mit dem Literaturpreis der Zeitschrift "Snamja" ausgezeichnet.

März 2009: Der zweite Prozess gegen Chodorkowski beginnt in Moskau. Die Anklage wirft ihm die widerrechtliche Aneignung von 350 Mio. Tonnen Öl vor. Chodorkowski nennt die Vorwürfe „absurd“.

5. Februar 2007: Die Generalstaatsanwaltschaft erhebt neue Anklagen gegen Chodorkowski und Lebedew. So soll Chodorkowski auch Geldwäsche und Diebstahl in großem Umfang organisiert haben. Damit droht dem Ex-Oligarchen eine weitere Verlängerung seiner Haftstrafe.

22. September 2005: Das Berufungsgericht bestätigt im Wesentlichen die Entscheidungen der ersten Instanz. Das Urteil wird auf acht Jahre Freiheitsentzug gesenkt. Chodorkowski muss seine Strafe in der Strafkolonie JaG 14/10 in Krasnokamensk (Gebiet Tschita) nahe der chinesischen Grenze absitzen.

31. Mai 2005: Chodorkowski wird von einem Moskauer Bezirksgericht in allen Anklagepunkten (u.a. Steuerhinterziehung und Betrug) für schuldig gesprochen und zu neun Jahren Lagerhaft verurteilt. Die Anklage hatte zehn Jahre gefordert, die Verteidigung Freispruch. Beide Seiten legen Berufung ein.

2004: Prozess gegen den Yukos-Konzern wegen Steuerhinterziehung. Der Konzern wird zu Milliardenzahlungen verurteilt und steht vor dem Ruin. Ende 2004 wird daher das „Kronjuwel” von Yukos, Juganskneftegas, versteigert. Am Ende einer dubiosen Auktion gehört Juganskneftegas dem Staatsunternehmen Rosneft.

2004: Auf der Forbes-Liste der reichsten Russen wird Chodorkowski von Roman Abramowitsch abgelöst. Er selbst fällt auf Platz 15 zurück. Schuld daran ist der massive Kursverfall der Yukos-Aktie.

November 2003: Chodorkowski tritt als Konzernchef zurück. Die geplante Fusion mit Sibneft platzt in letzter Sekunde.

25.10.2003: Auf dem Flughafen Nowosibirsk wird Michail Chodorkowski in einer spektakulären Aktion festgenommen. Ein Sondereinsatzkommando stürmt den Privatjet des Oligarchen.

Juli 2003: Warnschuss gegen Chodorkowski. Sein enger Freund und Vize-Chef des Unternehmens, Platon Lebedew, wird verhaftet. Die Staatsanwaltschaft nimmt immer neue Untersuchungen gegen den Yukos-Konzern auf. Chodorkowski kündigt an, in Russland bleiben zu wollen.

April 2003: Chodorkowskis Ölkonzern Yukos und der Sibneft-Konzern verkünden ihre Fusion. Damit soll das größte Erdölimperium Russlands und das viertgrößte der Welt entstehen.

2002: Mit einem offiziell angegebenen Vermögen von 7,7 Milliarden Dollar ist Chodorkowski der reichste Mann Russlands.

Seit 1998: Chef des Ölkonzerns Yukos) (Jukos). Yukos ist nach Lukoil der zweitgrößte Ölkonzern Rußlands, 100.000 Mitarbeiter, geschätztes Öl- und Gasvorhaben 12 Milliarden Barrel, Tochtergesellschaften von Yukos sind: Juganskneftegas, Samaraneftegans und Tomskneft. Unter Chodorkowski expandiert Yukos in den Westen: Kauf des norwegischen Konzerns Kvaerner und Ausarbeitung eines Sanierungsplans in Höhe von 400 Millionen Euro. Kauf des slowakischen Rohrleitungsbetriebes Transpetrol, damit der Öltransport in den Westen gesichert ist. 2002 kamen die ersten Tanker mit Yukos-Öl in den USA an. Yukos will eine Tankstellen-Kette in Deutschland kaufen. Für internationale Projekte plant Yukos, bis 2004 zwei Milliarden Dollar zu investieren.

Seit 1995: Chef der Investitionsfirma Rosprom, die für die Verwaltung der verschiedensten Industriebetriebe gegründet wurde.

Seit 1993: Vorstandsvorsitzender der Bank Menatep.

1993: Stellvertretender russischer Energie-Minister.

1992: Vorsitzender des Investitionsfonds zur Unterstützung von Brennstoff- und Energiewirtschaftsbetrieben. Hat den Rang eines stellvertretenden Energie-Ministers. Ist verantwortlich für Privatinvestitionen in den Rohstoff-Sektor. Berater des russischen Premierministers.

1990-1991: Generaldirektor der Bankenvereinigung Menatep.

1990: Berater des russischen Premierministers Iwan Silajew.
Foto aus vergangenen Zeiten: Chodorkowski auf dem Höhepunkt (Foto: Suworow/.rufo)
Foto aus vergangenen Zeiten: Chodorkowski auf dem Höhepunkt (Foto: Suworow/.rufo)
1988-1995: Vorstandsvorsitzender und Gründer der Bank Menatep.

1989-1990: Vorstandsvorsitzender “Innovationsbank des wissenschaftlich-technischen Fortschritts”.

1988: Abschluss des Plechanow-Instituts für Volkswirtschaft.

1987-1989: Direktor einer der ersten sowjetischen Kooperativen. Nebenbei Arbeit als Zimmermann.

1986-1987: Stellvertretender Komsomol-Sekretär des Moskauer Stadtteils Frunsenski.

1986: Abschluss des Mendelejew-Instituts für Chemie-Technologie. Ingenieur, Chemie-Technologe.


Freunde und Team:


Der frühere russische Botschafter in der Ukraine und Ex-Premierminister Viktor Tschernomyrdin. Der Regisseur Oleg Tabakow, dessen Theater von Yukos gesponsert worden ist. Der Buntmetall-Oligarch Wladimir Potanin.

Zum Team von Chodorkowski gehören sein engster Berater, der Vorstandsvorsitzende der Bankenvereinigung Menatep Leonid Newslin, der inzwischen in Israel lebt. Der ehemalige Büroleiter von "Yukos-Moskva", Wassili Schanowski und der frühere Yukos-Aufsichtsratsvorsitzende Sergej Murawlenko.

Der Anwalt Juri Schmidt vertritt seit Jahren die Interessen des inhaftierten Michail Chodorkowski.


Feinde:


Michael Tschernoi und Iskander Machmudow. Ihr Kupfer-Imperium hat Menatep aus vielen Betrieben im Ural verdrängt und schließlich erreicht, daß die Privatisierung des Kupferschmelzwerkes von Kirowograd durch ein Gerichtsverfahren für illegal erklärt wurde.

(Foto: Suworow/.rufo)
(Foto: Suworow/.rufo)
Russlands Premier und Ex-Präsident Putin und Chodorkowski verbindet eine tiefe persönliche Feindschaft, nachdem Chodorkowski politische Ambitionen geäußert hat.

Die Aktionen gegen Chodorkowski und den Yukos-Konzern lenkte Igor Setschin, einer der engsten Berater Putins, der als graue Eminenz im Kreml gilt. Setschin übernahm als Aufsichtsratsvorsitzender von Rosneft schließlich auch das Erbe des Yukos-Konzerns, der bankrott geschlagen wurde.

Der jetzige Justizminister Wladimir Ustinow leitete als Generalstaatsanwalt die Ermittlungen gegen Chodorkowski und koordinierte zudem das gemeinsame Vorgehen mit den Steuerbehörden.


Skandale:


1987 finanziert die Menatep-Bank die Einfuhr von gepanschtem Napoleon-Cognac nach Russland.

In den Jahren 1994/95 kauft Chodorkowskis Menatep-Bank Aktien von mehr als 100 großen russischen Betrieben. Die Bank erhält den Zuschlag nicht, weil sie die höchste Summe für diese Aktien bezahlte, sondern, weil sie versprach, das meiste Geld in den Betrieb zu investieren. – Was längst nicht in allen Fällen geschah.

Bei Russland-Aktuell
• Chodorkowski im Hungerstreik wg. Yukos-Prozess (30.01.2008)
• Yukos: Memorandum widerspricht Staatsanwaltschaft (30.01.2007)
• Häftling und Gouverneur - Milliardäre in Sibirien (21.10.2005)
• Chodorkowski – zwischen Mythen und Fakten (30.05.2005)
• Yukos-Chef Chodorkowskij: Reicher als Rockefeller (01.07.2002)
Im Dezember 1995 erhält Chodorkowski im Zuge einer ähnlichen Auktion und des damit verbundenen Investitionswettbewerbes 78 % der Aktien von Yukos, des damals zweitgrößten Ölkonzerns Russlands und des viergrößten der Welt. Für Yukos, das im Jahr 34 Millionen Tonnen Öl fördert, zahlt Chodorkowski gerade einmal 170 Millionen Dollar. (1997 kostet ihn die Ölgesellschaft „Wostotschnaja Neftjanaja Kompanija“, die 11 Millionen Tonnen im Jahr fördert, dagegen fast eine Milliarde Dollar.)

Nach der Rubel-Krise im August 1998 kann Yukos gegenüber westlichen Banken (Daiwa, Westdeutsche Landesbank und Standard Bank of London) seine Kredite in Höhe von 236 Millionen Dollar nicht zurückzahlen und gibt deshalb 30 % seines Geschäfts ab.

Am 5.März 1999 wird ein Anschlag des „East Petroleum“-Chefs Jewgeni Rybin verübt. Sein Fahrer und der Leibwächter kommen ums Leben. Rybin beschuldigte Yukos des Anschlags.


Familie und Eltern:

In zweiter Ehe verheiratet. Chodorkowskis Frau Inna arbeitet als Expertin in der Bank Menatep. Vier Kinder. Inna macht Handarbeit, stickt auf Seidenbettwäsche und Kopfkissen Monogramme M & I ein.

Chodorkowskis erste Ehe war eine Studentenbekanntschaft aus der Zeit am Mendelejew-Institut. Der älteste Sohn aus der ersten Ehe studiert in der Schweiz.

Chodorkowskis Eltern Boris Moissewitsch und Marina Fillipowna sind gewöhnliche sowjetische Ingenieure, sie arbeiteten in dem Werk Kaliber, wo Perfektionsmessgeräte hergestellt wurden.


Hobbys und Charakter:


Karate. Chodorkowski sammelt Tagebücher und Notizbücher. Spricht Englisch. Seinen Urlaub verbringt er gerne in Finnland. Führte jahrelang die Forbes-Liste der reichsten Russen an. Hat eine Vorliebe für Krawatten.


Zitate:


„Wenn ich nochmal von vorne anfangen könnte, würde ich gleich im Bankwesen einsteigen anstatt mit Kooperativangelegenheiten!“

„Das moderne Russland – das ist ein junges Amerika“.

„Ich möchte eine große transnationale Kooperation schaffen, die in mehreren Bereichen eine führende Rolle in der Welt einnimmt. Ich denke, daß das interessant ist und nützlich für viele. Wenn ich so ein System aufbaue, kann könnte man sagen, daß ich meine professionelle Mission erfüllt habe.“

„Von der Idee, Macht an sich zu reißen, habe ich schon im Komsomolzen-Alter Abstand genommen.“

„Die amerikanische Zeitschrift Forbes schreibt: Chodorkowski kostet 3 Millarden Dollar. Aber drei Millarden ist nicht mein Anteilserlös. Mit dieser Summe wird unsere Arbeit veranschlagt. Das ist ein Teil des Unternehmenswertes, aber nicht ihr Gewinn.“

„Yukos hat sich Leute mit Reputation ausgeliehen. Wir haben 40 Top-Ausländer angeheuert. Wir haben den besten Mann für Ölerschließung in Texas gefunden. Den besten Buchhalter in Deutschland, den besten Geologen in Frankreich. Lord Owen, der frühere britische Außenminister leitet die Londoner Filiale von Yukos.“

„Yukos hat als erstes Unternehmen die Ölförderung von der Ölverarbeitung getrennt. Ich komme nicht aus dem Ölgeschäft, deshalb ist es mir leichter gefallen, so eine Kardinalsentscheidung zu treffen.“

„Wenn Leute einen westlich orientierten Betrieb suchen, dann kommen sie zu uns. Darum haben es bei uns westliche Spezialisten leichter als irgendwo sonst in Russland. Was der Betrieb in Punkto Durchsichtigkeit bietet, erlaubt allen Spezialisten - sowohl den ausländischen, als auch den russischen – die eigene Kapitalisierung zu erhöhen.“


„Der erste russische Premierminister Iwan Silajew über Chodorkowski: «Das beste, was er im Leben machen kann – ist Geld verdienen! Das ist ein Mensch mit glänzender Intuition.“


Weitere Quellen im Internet:

Seite der Verteidiger von Chodorkowski und Lebedew

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Der Winter ist eingezogen. Für ein paar Monate können sich die Russen in den Moskauer Parks an zahlreichen Eisskulpturen erfreuen. (Topfoto: Ballin)



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