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Eine Ausstellung in Moskau erinnert an den sowjetischen Konstruktivismus. (Foto: ak/.rufo)
Eine Ausstellung in Moskau erinnert an den sowjetischen Konstruktivismus. (Foto: ak/.rufo)
Dienstag, 27.01.2009

Sowjetische Avantgarde-Architektur in Gefahr

Moskau. Russlands Avantgarde-Bauten stehen bei den jeweiligen Stadtverwaltungen nicht hoch im Kurs. Eine Ausstellung in der Galerie MArchI will am Beispiel der Berliner Pendants Interesse für diesen Stil wecken.

“Die sowjetische Avantgarde ist in Gefahr!” – diese Zeile sowie zahlreiche Bilder verwitterter Häuser wurden am Montagabend in der Galerie der Moskauer Architektur-Universität MArchI in der Roschdestwenka-Straße immer wieder auf die Wand projiziert. Anlass war die Eröffnung der Ausstellung: “Leben in den Denkmälern des Welterbes”.

Die Ausstellung zeigt in den 20er Jahren im Stil der Avantgarde erbaute Häuser und ganze Wohnviertel in Berlin, Moskau, St. Petersburg und Rom. Über die ideologische Nähe der Bauten in den vier Städten hinaus wollen die Organisatoren auf den gegenwärtigen Zustand der konstruktivistischen Architektur in den beiden russischen Metropolen aufmerksam machen.

Konstruktivismus-Häuser von den Moskauern vergessen

Allein in Moskau gibt es bis heute über 70 Konstruktivismus-Denkmäler: Fabriken, Kulturhäuser und so genannte Kommunen-Häuser in den Stadtvierteln Lefortowo, Moskworetschje oder Barrikadnaja. Vor einem Jahrhundert galt der Konstruktivismus hier stolz als das neueste Wort in der Kunst und – erstmalig kam dieses Wort nicht aus Frankreich, sondern aus Russland.

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Die Wohnkommunen mit eigenen Kindergärten, Waschanlagen und Kantinen entsprachen durchaus dem politischen Kurs der 20er auf einen “neuen Alltag”. Aber schnell die Einsicht, dass mit dieser in ihren Formen eher bescheidenen Architektur kein Weltreich aufzubauen ist – und schon wurde nicht mehr nach ihr gefragt.

Die schlechte Qualität der Baustoffe nach der Revolution und dem Ersten Weltkrieg führte außerdem dazu, dass diese Häuser bereits in den 30er Jahren als das Gegenteil von prestigeträchtig galten.

Heute verharren die konstruktivistischen Bauten trotz ihrer Lage innerhalb des Gartenrings seit Jahrzehnten ohne Renovierung, versteckt hinter neueren Hochhäusern und so gut wie vergessen und unbemerkt von den meisten Moskauern.

Siedlungen der Berliner Moderne schon beim Petersburger Dialog vorgestellt

Die Avantgarde aus Berlin platziert sich in der Ausstellung gegenüber der von Petersburg. Auf der Berliner Leinwand sind die Siedlungen Siemensstadt und Schillerpark, Britz in Neukölln, die Gartenstadt Falkenberg, die “Weiße Stadt“ in Reinickendorf und die Wohnstadt Carl Legien am Prenzlauer Berg zu sehen.

In der Fabrik Rote Fahne soll eine Kunsthalle entstehen. (Foto: ld/.rufo)
In der Fabrik Rote Fahne soll eine Kunsthalle entstehen. (Foto: ld/.rufo)
St. Petersburg ist ebenfalls durch sechs Wohn- und Fabrikanlagen vertreten, darunter Siedlungen am Lesnoj Prospekt, in der Traktornaja-Straße und die Strickwarenfabrik “Rotes Banner” auf der Petrograder Seite. Diese Fabrik wurde übrigens vom Berliner Architekten Erich Mendelsohn entworfen.

Der Berliner-Petersburgische Teil der Ausstellung im MArchI wurde übrigens schon mal eigenständig gezeigt. Im Juli 2008 wurden alle sechs Siedlungen Berlins in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen. Im Rahmen des Petersburger Dialogs im Oktober kamen dann die für den UNESCO-Antrag gesammelten Materialien an die Newa.

Konstruktivismus in Russland meistens gar nicht unter Denkmalschutz

Moskauer oder Petersburger Avantgarde-Häuser können dagegen noch lange nicht als UNESCO-Welterbe anerkannt werden, meint die Ausstellungskoordinatorin Maria Troschina. Die meisten Beispiele des in Russland entstandenen Baustils stehen nicht einmal auf den Denkmalschutz-Listen der Stadtverwaltungen, sagt sie.

“Wir möchten aber wenigstens dazu beitragen, dass dieser Architekturstil, der bei uns merkwürdigerweise völlig verdrängt wurde, in Zukunft Anerkennung findet,” sagt Troschina. Die Ausstellung in der Galerie der Architektur-Universität dauert noch bis zum 13. Februar.

Solange die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die weitere Nutzung ihres Ausstellungsteils erlaubt, will die MArchI-Galerie die Ausstellung in weiteren Städten Russlands zeigen. Die ersten “Ausflüge“ sind bereits nach Jekaterinburg und Samara geplant.




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