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Ein Teil des Schostakowitsch-Nachlasses lagert in einer Privatwohnung in Tallinn (Foto: Korotowskaja/.rufo)
Ein Teil des Schostakowitsch-Nachlasses lagert in einer Privatwohnung in Tallinn (Foto: Korotowskaja/.rufo)
Montag, 25.09.2006

Schostakowitsch-Archiv von Vernichtung bedroht

Moskau. Mehrere tausend Dokumente aus dem Nachlass des Komponisten Dmitri Schostakowitsch drohen für immer verloren zu gehen. Derzeit lagern die Unterlagen und Tonaufzeichnungen in einer Wohnung in Tallinn.

Die Unterlagen könnten ein Licht auf das wirkliche Verhältnis des sowjetischen Komponisten zur kommunistischen Staatsmacht werfen, sagte der Besitzer des Archivs, Mark Matsov, dem epd. Matsovs Vater, der baltendeutsche Dirigent Roman Matsov war ein enger Freund und Vertrauter Schostakowitschs.

Bei Russland-Aktuell
• Dmitri Schostakowitsch: Durcheinander statt Musik (20.09.2006)

Dokumente in Geheimsprache verfasst



Etwa 700.000 Seiten umfassende Handschriften und etwa 1.500 größtenteils bislang unbekannte Tonaufzeichnungen lagern in Matsovs Wohnung in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Er habe zunehmende Schwierigkeiten, die Miete für die Wohnung zu zahlen, die inzwischen an die estnischen Alteigentümer zuruckgegeben wurde, erklärte der Sohn des Dirigenten. Ein Teil der Unterlagen sei aus Angst vor dem sowjetischen Geheimdienst KGB in einer Art Geheimsprache geschrieben und müsse erst noch dechiffriert werden.

Fest stehe allerdings, dass die Unterlagen ein ganz neues Licht auf das Leben des Komponisten werfen, der am 25. September 100 Jahre alt geworden wäre. „Allgemein gilt Schostakowitsch als Konformist und Feigling, aber das stimmt nicht“, sagte Matsov. Sein ganzes Leben lang habe Schostakowitsch vielmehr gegen die Zensur im Kulturbereich gekämpft. Dass in der Zeit von KP-Generalsekretär Leonid Breschnew schließlich die Zensur bei klassischer Musik ganz abgeschafft wurde, sei maßgeblich ein Verdienst von Schostakowitsch.

Die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Roman Matsov habe eine zentrale Rolle im Leben des Komponisten gespielt. Viele Werke Schostakowitschs seien bereits vor den offiziellen Premieren in Moskau oder Leningrad im eher provinziellen Tallinn uraufgeführt worden - aus Angst, sie könnten von der Staatsmacht verboten werden.

Dmitri Schostakowitsch wurde am 25. September 1906 in St. Petersburg geboren. Nach der Uraufführung seiner Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ war der zuvor gefeierte Komponist beim kommunistischen Regime in Ungnade gefallen. Seine Sinfonien, allen voran die „Leningrader Sinfonie“ von 1942, machten ihn weltbekannt. Schostakowitsch starb am 9. August 1975 in Moskau.

(epd/kp)


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