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Schloss Gottorf wird Schauplatz der deutsch-russischen Regierungskonsultationen (Foto: Mrozek/.rufo)
Schloss Gottorf wird Schauplatz der deutsch-russischen Regierungskonsultationen (Foto: Mrozek/.rufo)
Montag, 20.12.2004

Putin und Schröder am Globus in Schleswig

Von Gisbert Mrozek, Schleswig-Gottorf. Der Tagungsort für die deutsch-russischen Regierungskonsultationen ist symbolträchtig gewählt. Der erste russische Staatschef in Gottorf war 1713 der Modernisierer-Zar Peter der Große. Peter ließ sich den Globus des Hausherrn schenken. Später wurde Schloss Gottorf die Wiege für seinen Enkel, den unglückseligen Zar Peter III., der von seiner Frau Katharina umgebracht wurde, nachdem er Königsberg den Preußen zurückgab.

Aber begonnen haben die schleswigisch-russischen Beziehungen mit dem Globus, der Peter den Großen stark beeindruckt hatte. Im Inneren dieses Weltwunders konnte man schon vor fast 350 Jahren vorzüglich über Globalisierungsfragen und internationale Beziehungen debattieren. Ende 2005 ist der Globus ideeller Mittelpunkt der deutsch-russischen Regierungskonsultationen – und gibt diesen eine überraschende historische Tiefe – für den Kundigen und Interessierten.

Der Globus, den am kommenden Dienstag Putin und Schröder besichtigen, ist in Wirklichkeit eine leicht verkleinerte, aber ebenfalls begehbare Kopie. Das Original mit über drei Metern Durchmesser steht im Museum für Völkerkunde („der Kunstkammer“) in Putins Heimatstadt St. Petersburg.

Der Original-Globus steht in der Petersburger Kunstkammer (Foto: Deeg/.rufo)
Der Original-Globus steht in der Petersburger Kunstkammer (Foto: Deeg/.rufo)
Das Weltwunder hat mehrere Weltreisen hinter sich.

Die Globus-Geschichte begann damit, dass sich Herzog Friedrich III. für die Wissenschaft begeisterte und sein Herzogtum zu einem Welthandels- und Wissenschaftszentrum machen wollte. Der Globalisierungs-Gedanke lag übrigens nahe – schräg gegenüber von Friedrichs Schloss - auf der anderen Seite der Schlei – waren auch im 17.Jahrhundert noch die Reste der mächtigen Wikingerstadt Haithabu zu erkennen, die 300 Jahre lang die größte Handelsstadt im Ostseeraum gewesen war, deren Langschiffe sogar auch schon die Newa befahren hatten, wenn sie auf dem Weg in die Städte der Rurikiden waren – Alt-Ladoga, Pleskau und Groß-Nowgorod.

Friedrich III. war noch weitblickender. Er schickte sogar eine Gesandtschaft von Kaufleuten, Diplomaten und Wissenschaftlern an den Hof des Schahs von Persien, um Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen zwischen Schleswig und Teheran zu stiften.

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Ein Teil der hier verarbeiteten Informationen entstammen den hervorragenden Buch: Die Schleswig-Holsteiner Unterhaltsam beschrieben von A-Z, von Erich Maletzke, erschienen im Wachholtz-Verlag, in dem man unter anderem auch erfahren kann, warum Atlantis in Wahrheit bei Helgoland lag und wie der Abenteurer Caspar von Saldern mit den Geldern, die er als Doppelagent am Hofe des Zaren verdiente, das Landgut Schiersee aufbauen konnte.
Da lag die Idee des High-Tech Globusses auch nicht weit.

1650 gab Friedrich dann den Globus in Auftrag. Das Weltwunder von Schleswig, ein vollmechanisiertes Kunstwerk schleswig-holsteiner Uhrmacherkunst, hatte wie gesagt über drei Meter Durchmesser. Um es herum wurde ein eigenes Haus gebaut. Der Globus drehte sich, angetrieben von einer Wassermühle im Kellergeschoss. Er bestand aus einem eisernen Kugelgerüst und einer leinwandbeschichteten Kupferhülle. Es drehte sich auch der Sternenhimmel, der auf die Innenwände gemalt war. Der Globus war auf seiner Innenseite ein Planetarium. 12 Personen hatten im Inneren Platz.

Als 1713 der Dänenkönig Friedrich IV. dann zwar nicht vom Schah, aber immerhin von Zar Peter dem Großen Besuch bekam, plauderten die beiden unter dem virtuellen Firmament, obwohl der Einstieg für den Zwei-Meter-Zaren doch recht unbequem war. Aber Peter war ja aus den holländischen Fischerhäuschen schon Schlimmeres gewohnt.

Schloss Gottorf (Foto: Mrozek/.rufo)
Schloss Gottorf (Foto: Mrozek/.rufo)
Friedrich mochte jedenfalls dem ebenfalls wissenschaftsbegeisterten Gast dessen Wunsch nicht abschlagen und schenkte ihm den Globus. Der Besuch und das Geschenk hatten auch darum weitreichende Folgen, weil sie die Weichen für die dynastischen Beziehungen zwischen dem Hause Schleswig-Gottorf und einer Linie des dänischen Königshauses einerseits und den Romanows andererseits stellten.

Nach der Abreise des Staatsgastes ließ der Dänenkönig eine Wand des Hauses abreißen - und das Prachtstück machte sich mit Hilfe eines Eckernförder Spezial-Reeders (so etwas gab es damals in Eckernförde!) auf den Weg nach Petersburg. Die Reise dauerte dreieinhalb Jahre.

Peter der Große ließ eine Wand seiner Kunstkammer entfernen, um den Globus aufzunehmen. Aber wenige Jahre später brannte leider seine Sammlung ab und der Globus wurde schwer beschädigt. Seine Tochter, die Zarin Elisabeth ließ das Prachtstück renovieren.

Peters andere Tochter Anna war inzwischen nach Gottorf verheiratet worden. Ihr Sohn, also Peters Enkel, Herzog Karl Peter Ulrich von Holstein-Gottorp hatte dann das Unglück, dass er mit der Sophie von Anhalt-Zerbst verheiratet, umgetauft und zum Zaren Peter III. gekrönt wurde.

Weil der Schleswiger Peter III. aber weder Russland noch seine sächsische Frau mochte, sondern ein glühender Verehrer des Preußenkönigs Friedrichs des Großen war, gab er dem Preußen, der wegen seiner Niederlage im Siebenjährigen Krieg deprimiert in Potsdam saß, Königsberg wieder zurück, dass diesem Peters Tante, die Zarin Elisabeth gerade erst abgenommen und dem Zarenreich angegliedert hatte. Kurz danach wurde Peter III. ermordet und seine Frau, die er immer gelangweilt hatte, übernahm als Katharina die Große das Zepter in Petersburg.

Bei Russland-Aktuell
• Zar Peters Welt ist wieder in Ordnung (21.7.2003)
• Museums-Tipp Kunstkammer
Katharinas tete-a-tete mit Gustav im Globus

Als Schwedenkönig Gustav 1777 zu Gast bei Katharina der Großen war, zogen die beiden sich zu dringenden Geheimverhandlungen in das Techno-Separee zurück.

1942 wurde der geschenkte Globus eine Beute der Wehrmacht und wurde wie auch das ebenfalls geschenkte Bernsteinzimmer heim in Reich geholt. Der schleswiger Globus kam zwar nicht heim bis zum heimatlichen Schloss Gottorf, überlebte im Gegensatz zum ehemals preußischen Bernsteinzimmer die Operation aber. Vielleicht weil der Globus bei Neustadt/Holstein fernab der Bombergeschwader deponiert wurde. Die Britischen Besatzungsbehörden verfügten 1946 die Rückgabe der Beutekunst.

Seitdem steht das Original-Werk des Schleswiger Herzogs Friedrich III. wieder in Petersburg. Und seine Kopie in Schleswig.

Der Gottorfer Globus und seine Kopie sind tatsächlich ein Symbol für die deutsch-russischen Beziehungen.

Gut, dass es von Putin und Schröder aus der Vergessenheit geholt wird.

(gim/.rufo)


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