Montag, 07.02.2005
Putin-Präsidialamt vs. ältestes Kino von MoskauMoskau. Das Kreml-Präsidialamt will das älteste Moskauer Kino „Dom Chanschonkowa“ aus dem Haus am Triumphplatz (dem ehemaligen Majakowski-Platz) vertreiben. Als offizielle Begründung werden Mietschulden genannt. Die Kinobesitzer sind wiederum davon überzeugt, ihre Nachbarn vom Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung wollten das Gebäude um jeden Preis für sich allein.
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Alexander Chanschonkow war eine brillante Persönlichkeit: Filmunternehmer, Mäzen, Drehbuchautor und Regisseur. 1906 gründete er als „Vertreter einer ausländischen Firma“ den ersten Filmverleih in Russland. Zehnminütige Streifen wurden in „Elektrotheatern“ mit zehn bis 40 Plätzen vorgeführt. 1911 drehte er den ersten russischen Spielfilm in voller Länge „Die Verteidigung Sewastopols“. 1912 baute er das erste richtige Kino für mehrere hundert Zuschauer am damaligen Moskauer Triumphplatz.
Nach 1917 wurde das Kino nationalisiert und 1930 in Moskwa umbenannt. 1956 wurde das alte Kino von einem Haus umbaut, das dem sowjetischen Ministerrat gehörte. Wohlgemerkt stand das historische Haus nicht nur am Beginn der russischen Filmkunst. Es trug ungewollt auch zu deren Niedergang bei.
Kein Restaurant geplant
Im Perestroika-Jahr 1989 wurde das Kino Moskwa in eine „Nichtkommerzeielle Film- und Videovereinigung nationaler Kinematografien“ umgewandelt. Der faktische Besitzer, der aserbaidschanischer Unternehmer Ismail Tagi-sadeh, der das Startkapital mit Blumenhandel verdient hatte, kaufte waschkörbeweise billige Hollywood-Produkte, gegen die die exsowjetische Filmindustrie nicht konkurrieren konnte.
Ein Sprecher des russischen Präsidialamts sagte jetzt der Tageszeitung „Kommersant“, das uralte Kino sei zu einer Brandgefahr für das gerade general überholte Wirtschaftsministerium geworden. Gleichzeitig wies er Berichte zurück, wonach man jene Räume an einen Restaurantbesitzer vermieten wollte. „Dort wird sich immer ein Kinosaal befinden“, hieß es.
Das Kino wehrt sich schwach
Am 28. Dezember vorigen Jahres wurde der Mietvertrag zwischen dem Kino und dem Präsidialamt per Gerichtsbeschluß für ungültig erklärt. Gerichtsvollzieher setzten den Kinodirektor Rassim Dargjach-sadeh vor die Tür. Dieser legte jetzt Berufung ein. Das Präsidialamt habe den Mietpreis einseitig von bisher 200 000 auf zwei Millionen Dollar im Jahr heraufgesetzt, um das Kino hinauszuekeln, heißt es. Die Erfolgsaussichten der Berufung sind aus naheliegenden Gründen mäßig.
(adu/.rufo)
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