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Kritikerin und Mahnerin: Die Journalistin Anna Politkowskaja wurde vor fünf Jahren ermordet (Foto: newsru.com) |
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Mittwoch, 05.10.2011
Fünf Jahre nach dem Mord: Politkowskajas letzte BerichteMoskau. Anna Politkowskaja hat ihre Kritik an den Machtstrukturen in Russland 2006 mit dem Leben bezahlt. Zum fünften Jahrestag des Mordes an der Reporterin sind ihre letzten Berichte nun als Buch auf Deutsch erschienen.
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Fünf Jahre nach den tödlichen Schüssen auf die kritische Journalistin Anna Politkowskaja ist der politische Mord weiter nicht aufgeklärt.
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Zwar präsentieren russische Ermittler wohl auch mit Blick auf den international beachteten fünften Todestag immer neue Verdächtige. Doch Auftraggeber und Motive liegen weiter im Dunkeln. Ein Killer hatte am 7. Oktober 2006 fünf Schüsse auf Politkowskaja vor dem Fahrstuhl in ihrem Wohnhaus abgefeuert.
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Schlimme Geschichten über Russlands finstere Seiten
Unter dem Titel «Die Freiheit des Wortes» sind nun in Buchform auf Deutsch Politkowskajas letzte Berichte erschienen. Es sind düstere und erschütternde Schilderungen, die zeigen, wie viele Feinde die Reporterin der Zeitung «Nowaja Gaseta» hatte. Texte, die auch Russland-Verstehern die Augen öffnen: über unfassbare Beamtenwillkür, Kriminalität bis in den Machtapparat und brutalste Polizeigewalt.
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Politkowskajas Berichte, die Kremllügen und Staatspropaganda entlarven, haben an Aktualität kaum etwas eingebüßt. Die Journalistin vermittelt Innenansichten aus dem «System Putin» - aus dem Land unter Ex-Kremlchef Wladimir Putin, der nun als Ministerpräsident regiert und 2012 wieder Präsident werden will.
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Staatliche Beamte in den Mord verwickelt
Erstmals wurde unlängst durch die Aussage eines festgenommenen Ex-Polizeiobersts klar, dass auch Mitarbeiter von Staatsorganen in den Mord verwickelt waren. Politkowskajas Familie und Kollegen sowie Menschenrechtler vermuten seit langem eine Mittäterschaft von Polizei und Geheimdiensten.
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Das Buch |
Anna Politkowskaja:
Die Freiheit des Wortes.
Letzte Berichte aus einem gefährdeten Land.
DuMont Buchverlag, Köln, 2011, 318 S., 22,99 Euro
ISBN 978-3-8321-9642-4 |
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Doch dass die Spuren bis in den Machtapparat führen könnten, wie Anhänger Politkowskajas immer wieder meinten, dafür gibt es keine Beweise. Mit dem mutmaßlichen Killer Rustam Machmudow haben die Fahnder in diesem Jahr einen Hauptverdächtigen in Tschetschenien gefasst. Aus dem russischen Konfliktgebiet hatte Politkowskaja immer wieder berichtet - oft unter Lebensgefahr, wie ihr Buch zeigt.
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Die Ermittlungen auch gegen weitere Tatverdächtige in Untersuchungshaft dauern an. Politkowskajas Buch gibt Aufschluss darüber, wie vielen Gefahren und Bedrohungen die international geschätzte Reporterin ausgesetzt war.
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Harte Attacken gegen "Hohlkopf" Kadyrow
So gibt die Journalistin etwa eine Begegnung mit Ramsan Kadyrow wieder, den Putin als Präsident Tschetscheniens einsetzte. Sie nennt Kadyrow einen «Hohlkopf» und Kriminellen, der es liebe, Menschen wie Kampfhunde gegeneinander zu hetzen.
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Überliefert ist in dem Buch, wie Kadyrow Politkowskaja eine Feindin nennt, die dafür bezahlen werde. Immer wieder hatte Politkowskaja Entführungen und Misshandlungen von Tschetschenen, die der Zusammenarbeit mit Terroristen verdächtigt wurden, durch Kadyrows Leute öffentlich gemacht.
Auf der Suche nach Verflechtungen zwischen Terroristen und Staat
Sie ging zudem Hinweisen nach, wonach russische Sicherheitskräfte selbst in den Terrorismus im Konfliktgebiet Nordkaukasus verwickelt seien. Politkowskaja sieht das Ziel der Moskauer Führung darin, durch Unruhe und Chaos im Kaukasus Instabilität zu erhalten, um dort eigene dunkle Geschäfte abzuwickeln. Und sie schildert an vielen Beispielen, wie Russen zu ihrem sagenhaften Reichtum gelangt sind.
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Nervenproben: Nord-Ost und Beslan
Als die Journalistin 2004 nach Beslan unterwegs ist, um über die Geiselnahme in der Schule Nummer 1 zu berichten, entgeht sie bei einem Giftanschlag nur knapp dem Tod. Politkowskaja will damals für Verhandlungen zwischen den tschetschenischen Terroristen und der Moskauer Führung eintreten. Doch wie zuvor schon im Moskauer Musicaltheater Nord-Ost bei einer Geiselnahme gibt es viele Tote.
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Politkowskaja erinnert an die nie restlos aufgeklärten Umstände. Und sie gibt dem «System Putin» die Schuld an den Bluttaten. Das Kapitel «Nord-Ost» gehört zu den packendsten des Buches. Die Reporterin verhandelte selbst mit wachsweichen Knien im Theater mit den Terroristen. Und sie musste mit ansehen, wie viele Besucher bei dem Giftgaseinsatz der Sicherheitskräfte starben.
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Misstände nicht nur im Kaukasus angeprangert
Doch nicht nur den Nordkaukasus erlebt die vom Kampf um Gerechtigkeit getriebene Politkowskaja als offene Wunde. Sie schildert die wachsende Gefahr rechtsextremer Brutalität gegen Ausländer, die Polizeifolter und desolate Zustände im Gesundheits- und Sozialwesen, in dem Schwache kaum eine Chance haben.
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Am Ende dieses russischen Gesellschaftsporträts erinnern sich Kollegen, Freunde und ihr Mann Alexander Politkowski an die kompromisslose Frau. Eine Journalistin, die bei ihrem Kampf um die Wahrheit oft Angst hatte und weinte. Am Ende zahlte sie mit dem Leben. Die Mutter zweier Kinder wurde 48 Jahre alt.
(Ulf Mauder, dpa)
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