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Thomas Sanderling (Foto: Prochnow/.rufo) |
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Montag, 09.02.2004
Schostakowitsch gab mir PartiturenMoskau. Seit Anfang dieses Jahres ist Thomas Sanderling erster Gastdirigent der von Wladimier Spiwakow gegründeten Neuen russischen Philharmonie. Am Sonntag gab der in Petersburg aufgewachsene Deutsche sein erstes Konzert in dem neuen Konzertsaal Meschdunarodni Dom Musiki. Mit dem Dirigenten sprach Stephanie Prochnow.
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www.aktuell.ru: Sie sind seit Januar der erste Gastdirigent der Neuen russischen Philharmonie. Wieso spielen sie in ihrem ersten Konzert das deutsche Requiem von Brahms?
Sanderling: Das deutsche Requiem steht am Beginn des Jahres der deutschen Kultur in Russland. Für diesen Zweck ist es das ideale Werk. Aber da das Stück nur 75 Minuten dauert, stellte sich die Frage, wie das Programm konzipiert werden kann. In Moskau gibt es keine Tradition, kurze Konzerte zu geben, wie sie beispielsweise Karajan gerne gemacht hat. Deshalb brauchten wir zusätzlich zum Requiem einen kurzen ersten Akt. Wir haben für den ersten Teil des Programms noch zwei Ouvertüren von Brahms ausgesucht.
www.aktuell.ru: Was planen Sie dieses Jahr sonst noch mit dem Orchester?
Sanderling: Das steht noch nicht genau fest. Bisher haben ich nur eine mündliche Vereinbarung mit Spiwakow. Einen Vertrag gibt es nicht.
www.aktuell.ru: Wie ist es dazu gekommen, dass Wladimir Spiwakow Sie als diesjährigen Gastdirigenten eingeladen hat?
Sanderling: Spiwakow und ich haben bereits mehr als einmal zusammen gearbeitet. Wir sind gemeinsam aufs Konservatorium in St. Petersburg gegangen, wo ich Violine studiert habe.
www.aktuell.ru: Sie sind in Russland groß geworden, weil ihr jüdischer Vater vor dem Nazi-Terror in die Sowjetunion floh und Dirigent an der Leningrader Philharmonie wurde. Erst als Student kamen sie nach Ost-Berlin. Inwiefern hat ihre Jugend in St. Petersburg Sie musikalisch geprägt?
Sanderling: Petersburg ist natürlich eine besondere Stadt. Sehr schön, ein bisschen Westeuropa, ein bisschen Russland und trotzdem ganz eigen. Außer Furtwängler und Toskanini sind alle weltberühmten Dirigenten dorthin gekommen. Ich erinnere mich sehr gut an die Proben, zu denen mein Vater mich mitnahm. Und natürlich hatte ich die Möglichkeit, alle Dirigenten, die ein Gastspiel gaben, kennen zu lernen. Das hat sicherlich einen sehr großen Einfluss auf mich gehabt.
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Bei Russland-Aktuell |
www.aktuell.ru-Special: Jahr der deutschen Kultur in Russland
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www.aktuell.ru: Welche Bedeutung haben sowjetische Komponisten für Sie?
Sanderling: Von allen sowjetischen Komponisten ist mir Schostakowitsch am nächsten. Ich denke, er ist der Komponist des Jahrhunderts. Natürlich war er ein Russe, aber gleichzeitig ein Komponist der Weltkultur. In St. Petersburg sind drei große Komponisten der Epoche aufgewachsen Strawinsky, Prokofjew und Schostakowitsch.
www.aktuell.ru: Was für ein persönliches Verhältnis hatten Sie zu Schostakowitsch?
Sanderling: Schostakowitsch ist zu meinem Dirigenten-Debüt nach Moskau gekommen. Seine Stücke waren an dem Tag gar nicht auf dem Programm. Er hat einfach so das Konzert besucht. In der Pause ist er zu mir gekommen. Das hat bei mir natürlich einen unglaublichen Eindruck hinterlassen. Später er hat mich dann in sein Haus in Petersburg eingeladen. Daraus ist ein Kontakt entstanden. Er gab mir Partituren. Und so kam es, dass ich der erste Dirigent wurde, der in Deutschland die 13. und 14. Sinfonie und außerdem die Michelangelo-Suite gespielt hat.
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