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Tschetschenien - Palästina des Ostens?

Tschetschenien, offiziell eine autonome Teilrepublik Russlands, ist etwas kleiner als Schleswig-Holstein und hatte vor dem Beginn des Krieges etwa eine Million Einwohner. Seit Anfang der 90er Jahre ist die Region immer tiefer in Chaos und Gewalt versunken.

Der sowjetische Bombergeneral Dschochar Dudajew hatte Tschetschenien 1991 für unabhängig erklärt. Es diente als Hinterland für tschetschenische Mafiagruppen, die auch die Kontrolle über die Ölpipelines und Raffinerien in Tschetschenien übernahmen.

In zwei blutigen Kriegen versucht die Moskauer Zentralregierung seit 1994, die Separatisten zu besiegen. In dem Konflikt wuchs der Einfluss von moslemischen Fundamentalisten, die sich aus Saudi-Arabien finanzieren ließen.

Die von der russischen Armee ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung geführten Kriege forderten bis zu 100.000 Menschenleben. Etwa 200.000 bis 300.000 Tschetschenen flohen und hausen seitdem zum Teil in Zeltlagern.

Formal kontrolliert die russische Armee heute das gesamte Territorium Tschetscheniens, tatsächlich jedoch überziehen die Kampfgruppen alle Teile der Republik mit ihrem Partisenangriffen. Die tschetschenische Wirtschaft liegt am Boden, viele Städte, darunter die Hauptstadt Grosny, liegen in Trümmern.

Die Zivilbevölkerung ist brutalen Übergriffen der russischen Militärs ausgesetzt. Sie leidet gleichzeitig unter dem Terror des tschetschenischen Untergrundes, der sich nicht zuletzt durch Entführungen und das Erpressen von Lösegeldern finanziert. Moskauer Aufbauhilfe versickert wie bereits nach dem ersten Krieg oft in dunklen Kanälen.

Viele Feldkommandeure unterhalten nach wie vor ihre privaten Kampfgruppen. Mowsar Barajew, der mutmaßliche Anführer der tschetschenischen Geiselnehmer, ist der Neffe eines der berüchtigsten Warlords und Menschenhändler, Arbi Barajew. Nach dessen gewaltsamen Tod im Sommer 2001 übernahm Mowsar das Kommando über die Privatarmee seines Onkels.

Der Konflikt zwischen den Russen und den muslimischen Völkern des Kaukasus ist jedoch viel älter, als der jetzige Tschetschenien-Konflikt. Bereits im 19. Jahrhundert hatten die Truppen des Zaren mehrere Jahrzehnte lang benötigt, um den Widerstand der Bergvölker niederzuringen und den gesamten Kaukasus in das Russische Reich einzugliedern. Der Despot Stalin ließ alle Tschetschenen während des Zweiten Weltkrieges wegen angeblicher Kollaboration mit den Deutschen in Viehwaggons nach Zentralasien deportieren.

Karsten Packeiser, rufo, Moskau

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Der Winter ist eingezogen. Für ein paar Monate können sich die Russen in den Moskauer Parks an zahlreichen Eisskulpturen erfreuen. (Topfoto: Ballin)



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