Montag, 16.05.2005
Alle sollen sitzen: Chodorkowski wird abgeurteiltLothar Deeg, St. Petersburg. Der Chodorkowski-Prozess geht seinem „gesetzmäßigen“ Ende entgegen - ganz ohne Überraschungen: Als die Richterin mit dem Verlesen des Urteils begann, klang der Text vertraut.
|
Es handelte sich mehr oder weniger um die Wiederholung der Anklageschrift.
Auch wenn bis zur Verkündung des Strafmaßes noch ein paar Tage vergehen können, gibt es keine Zweifel mehr: Am Ende wird es einen Schuldspruch geben und das Urteil dürfte sich nur wenig von den von der Staatsanwaltschaft geforderten zehn Jahren Haft unterscheiden.
Das Reservoir an Gnade wurde wohl bereits für die Anwesenden im Saal ausgeschöpft: Wegen des Urteilsumfangs von 300 Seiten dürfen sie ausnahmsweise im Sitzen lauschen. Die im Fall Yukos typische ganze Härte der Hand des Gesetzes bekamen dafür die Demonstranten vor dem Gericht zu spüren, weil sie nach dem Ende ihrer Solidaritätsdemo nicht schnell genug auseinander gelaufen waren.
Das Spiel wird bis zum Ende durchgezogen
Obwohl Wladimir Putin unlängst eine weniger scharfe Verfolgung von lange zurückliegenden Finanzvergehen ankündigte, hat sich an der Grundkonstellation des Falles Yukos nichts geändert: Michail Chodorkowski, als damals noch reichster Russe von gehörigem Einfluss, war politisch zu aufmüpfig und somit für Putins Mannschaft ein potentielles Risiko und musste kalt gestellt werden. Gleichzeitig lockte sein Ölimperium: Auf Basis des inzwischen beschlagnahmten Yukos-Förderbetriebs Juganskneftegas verschaffte sich der Kreml eine hauseigene Geldmaschine.
Doch Chodorkowski ist ungeachtet wohl realer Sünden als Jung-Oligarch inzwischen eine Symbolfigur für die Opposition. Und sein einstmals blühender Konzern ist noch nicht endgültig aufgeteilt. Deshalb wird Putins Machtapparat in diesem Fall weiter auf Zeit spielen: Chodorkowski muss mit Sicherheit bis nach den Präsidentenwahlen 2008 hinter Gittern bleiben.
(ld/.rufo)
|
|
|
|
Schnell gefunden
|