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Die Angeklagten Chodorkowski und Lebedew (foto: newsru.com) |
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Montag, 16.05.2005
Chodorkowski-Prozess: Urteilsverkündung beginntSt. Petersburg. Heute um 12 Uhr beginnt im umstrittenen Prozess gegen Michail Chodorkowski, den früheren Eigner und Chef des Ölkonzerns Yukos, die Verlesung des Urteils. Dies wird aber zwei oder drei Tage dauern.
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Im Moskauer Meschtschanski-Gericht wurde dafür der größte Gerichtssaal reserviert, um den erwarteten Andrang der Medien auch nur annährend gerecht zu werden. Bereits um 8 Uhr morgens warteten die ersten Kamerateams vor dem Gerichtsgebäude. Der Eingang wurde von Polizeikräften mit Metallgittern abgeriegelt. Vor dem Gericht versammeln sich auch Demonstranten, die ihre Solidarität mit Chodorkowski beteuern.
Ursprünglich sollte das Urteil gegen Michail Chodorkowski, seinen Kollegen und Mitstreiter Platon Lebedjew und den auf freiem Fuß belassenen Manager Andrej Krajnow bereits am 27. April verkündet werden. Doch durch einen schlichten Aushang an der Tür des Gerichts wurde darauf hingewiesen, dass die Sitzung auf den 16. Mai vertagt wurde. Die Anwälte der Yukos-Manager nahmen dies relativ gelassen: Bei komplizierten Verfahren komme es öfters vor, dass das Gericht mit dem Verfassen der Urteilsbegründung nicht fristgerecht fertig werde.
Viele Kommentatoren sahen in der Verlegung jedoch einen taktischen Trick des Kremls, der verhindern wollte, dass durch das Yukos-Urteil ein Schatten auf die Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Kriegsendes und den Putin-Besuch in Israel fallen könnte.
Der Vorwurf: Raubprivatisierung und Steuerhinterziehung
Der Aufsehen erregende Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew begann am 20. Juli vorigen Jahres. Auf 400 Seiten Anklagematerial versucht die Staatsanwaltschaft den beiden Öl-Managern und einstigen Multi-Milliardären Steuerhinterziehung und die betrügerische Privatisierung eines Murmansker Düngemittelproduzenten und anderer Staatsbetriebe nachzuweisen. Staatsanwalt Dmitri Schchin forderte für die beiden Hauptangeklagten je zehn Jahre Haft. Chodorkowski wie auch Lebedew bezeichneten sich in ihren Schlussworten als nicht schuldig.
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Während Chodorkowski - mit einem Vermögen von mindestens acht Milliarden Dollar damals der reichste Mensch Russlands - in Untersuchungshaft saß, wurde sein Ölkonzern Yukos von der Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Steuerhinterziehungen in Milliardenhöhe in die Zange genommen und weitgehend zerschlagen: Die gerichtlich festgelegten Nachzahlungen führten zur Zwangsversteigerung des Yukos-Ölförderunternehmens Juganskneftegas, das auf Umwegen dabei an den staatlichen Ölkonzern Rosneft fiel.
Neues Verfahren gegen Chodorkowski?
Inzwischen kündigte die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungen gegen Chodorkowski und enge Mitstreiter an: Sie hätten über Jahre Milliarden-Gewinne von Juganskneftegas illegal abgezweigt, ins Ausland transferiert und dort „gewaschen“. Chodorkowski verwies in einem Schreiben aus dem Gefängnis daraufhin, dass Yukos in den fraglichen Jahren bereits nach internationalen Buchhaltungsregeln geführt und seine Geschäftsberichte von Auditoren gemäß weltweiter Standards geprüft worden seien. Derartige Vorwürfe seien deshalb „für unser Land gefährlich“.
(ld/rufo)
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