|
|
Montag, 01.03.2004
Putin stimmte gegen alleVon Lothar Deeg, St. Petersburg. Bei Wahlen in Russland gibt es eine durchaus nachahmenswerte demokratische Errungenschaft: Wer mit keiner der genannten Listen oder Personen auf dem Stimmzettel einverstanden ist, kann das Feld gegen alle ankreuzen. Auch Wladimir Putin stimmte am Montag gegen alle, als er den bisherigen Europa-Minister Michail Fradkow als neuen Regierungs-Chef aus dem Hut zauberte.
|
|
Denn mit der Ernennung dieses faktisch unbekannten Gesichts votierte Putin gegen alle im Kreml einflussreichen Seilschaften, Strukturen und Gruppen, die dieser Tage ihre Wunschkandidaten ins Gespräch gebracht hatten: Fradkow ist weder Machtmensch, Jungreformer, noch Oligarchenfreund. Genauer gesagt, ist er von alledem - mal mehr, mal weniger - ein bisschen: In Fradkows Lebenslauf finden sich Episoden, die ihn sowohl als Kommandeur der wenig zimperlichen Steuerpolizei, dann als westorientierten Managertyp und schließlich als Beteiligten der wilden Raubprivatisierung Anfang der 90er Jahre ausweisen.
Fradkow ist nicht nur so unbekannt und farblos wie Putin bei dessen eigener Ernennung zum Premier 1999, sondern wie dieser damals auch eine Kompromissfigur. Zweifellos ein Profi in Verwaltung, Wirtschaft, Außenbeziehungen und Sicherheitspolitik - und laut Putin auch ein Kämpfer gegen die Korruption.
Putins Versprechen bei der Entlassung Michail Kassjanows, dass seine neue Regierung noch vor der Wahl den Kurs für die nächsten vier Jahre verkörpern soll, ließ echte Spannung aufkommen. Mehr Stärke-Zeigen, mehr Liberalität? Doch Fradkow ist ein Nobody, der noch nie einen eigenen Kurs verfolgte. Selbst als Aktivist der Putin-treuen Partei Einiges Russland, die in der Duma nun Fradkows Aufstieg absegnen wird, war der neue Premier nicht in Erscheinung getreten.
Fradkow ist Beamter. Politisch gesehen ist er allenfalls Putinist, der nun brav im Fahrwasser seines Präsidenten dessen Linie nachsteuert. Russlands Kurs unter Putin ist also der, den Putin für richtig hält. Als Wahlprogramm ist das mehr als bescheiden, nicht mehr als das Versprechen einer weiterhin starken Hand am Ruder. Aber um im heutigen Russland eine Mehrheit zu bekommen, durchaus ausreichend. Wenn man Putin heißt.
(ld/.rufo)
|
|
|
Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓ Schreiben Sie Ihren eigenen Kommentar, nachdem Sie sich hier unten für Kommentare neu registriert haben. Beachten Sie unbedingt die >>> Regeln für Leserkommentare. Sie können hier oder auch im Forum ( www.forum.aktuell.ru) mitdiskutieren.
Bisher gibt es zu diesem Artikel noch keine Leserkommentare
Überblick aller Leserkommentare zu allen Artikeln >>>
|
|
(Topfoto: Siegmund/.rufo)
Die populärsten Artikel der letzten drei Tage |
|
|
Schnell gefunden
|
► Alle Berichte bei Russland-Aktuell ab 2000 finden Sie in unserem Archiv ►
Weitere Nutzung im Internet oder Veröffentlichung auch auszugsweise nur mit
ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion (Chefredakteur: Gisbert Mrozek) und mit Quellenangabe www.aktuell.ru
E-mail genügt
www.Russland-www.Aktuell.ru (www.aktuell.ru) ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.
Basis-Information aus Russland, der Provinz und der GUS auf deutschen Internetseiten:
www.sotschi.ru
www.wladiwostok.ru, www.kasachstan.ru, www.russlanddeutsche.ru, www.georgien.ru, www.abchasien.ru, www.ossetien.ru, www.waldikawkas.ru, www.grosny.ru, www.sibirien.ru, www.wolga.ru, www.baikalsee.ru, www.kaukasus.ru, www.nowgorod.ru, www.nischni-nowgorod.ru, www.nowosibirsk.ru, www.rubel.ru, www.zeit.ru
|
|
|