Dienstag, 12.04.2005
Prozess-Ende: Beifall für ChodorkowskiMoskau. Am letzten Tag des Prozesses gegen Michail Chodorkowski hat der Milliardär schwere Vorwürfe gegen die russische Führung erhoben. „Ich bitte nicht um Nachsicht“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort.
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„Vor anderthalb Jahren haben bewaffnete Leute mich festgenommen und weigerten sich, mich gegen Kaution freizulassen“,entrüstete sich Michail Chodorkowski. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte habe nur einen Grund gehabt: Der Yukos-Konzern sollte planmäßig zerstört werden. Der Prozess wurde Chodorkowski zufolge von “einflussreichen Personen initiiert, die ein blühenden Unternehmen bzw. dessen Gewinn an sich reißen wollten.” ER selbst sei inhaftiert worden, damit er nicht bei der Ausplünderung des Ölkonzerns hinderlich sei konnte.
Billiger Kriminalroman
Die gegen ihn erhobenen Betrugs- und Steuerhinterziehungs-Vorwürfe wies Chodorkowski als haltlos zurück. „Zwei Jahre voller Durchsuchungen und Geiselnahmen, aber die Anklage konnte nichts finden.“ Der Yukos-Gründer erklärte, es gebe nichts, wogegen er sich verteidigen müsste. „Das Gesetz fordert nicht, dass man sich gegen einen von der Generalstaatsanwaltschaft verfassten, billigen Kriminalroman zu wehren hat.“
Offenbar sei er ein „falscher Oligarch“ gewesen, “Ich habe keine Yachten, keine Rennautos”, erklärte er, “ich habe kein Eigentum im Ausland. Fragen Sie den Geheimdienst.” Bei seiner gesamten Tätigkeit habe er immer an das Wohl seines Landes gedacht, sagte der einst reichste Mann Russlands. Er sei stolz auf das, was er in den vergangenen 15 Jahren erreicht habe und werde auch in Zukunft in Russland arbeiten allerdings nicht mehr im Ölgeschäft.
Amnesty kämpft für Chodorkowski
Die Staatsanwaltschaft hatte für Chodorkowski und den mitangeklagten Milliardär Platon Lebedjew jeweils zehn Jahre Haft gefordert. Lebedjew hatte auf ein Schlusswort verzichtet. Der dritte Mitangeklagte, Andrej Krainow, soll mit fünf Jahren auf Bewährung bestraft werden.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erkannte Chodorkowski inzwischen als politischen Gefangenen an. Die Organisation kritisierte die ungerechtfertigt lange Untersuchungshaft, und Schikanen gegen die Anwälte. Außerdem bemängelte Amnesty, die Prozesse gegen Yukos-Aktionäre und leitenden Mitarbeiter seien praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden. (kp/.rufo)
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