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Freitagsgebet in Tachkent. (Foto: Iljassow/.rufo)
Dienstag, 17.05.2005

Usbekistan: Aufstand unter der Fahne des Propheten

Von Karsten Packeiser, Moskau. Die Lage der autoritären Regime Mittelasiens wird zunehmend prekär. Die sozialen Probleme der Region sind ein fruchtbarer Nährboden für islamische Fundamentalisten.

Im Kampf um die Macht sind beide Seiten bereit, über Leichen zu gehen. Das hat nicht erst der Aufstand von Andischan im usbekischen Fergana-Tal gezeigt, bei dem vermutlich über 500 Menschen erschossen wurden.

„Usbekistan ist das problematischste Land in Mittelasien“, ist sich der russische Duma-Abgeordnete Konstantin Satulin sicher. Die bevölkerungsreichste zentralasiatische Republik habe anders als alle Nachbarländer keine nennenswerten Rohstoffvorkommen. Obwohl weite Bevölkerungsteile nicht auf den „quasi-europäischen Lebensstil“ der Sowjetzeit verzichten möchten, hätten die Islamisten inzwischen eine bedeutende Zahl von Anhängern, sagte Satulin dem epd.

Demokratische Opposition ausgelöscht

Unter dem Vorwand, Fundamentalisten zu bekämpfen, baute das usbekische Regime seinen Repressions-Apparat immer weiter aus. Staatschef Islam Karimow habe sich damit einen Bärendienst erwiesen, glaubt der Moskauer Mittelasien-Experte Oleg Panfilow: „Er hat alle Kontakte zur demokratischen Opposition abgebrochen, einen Teil eingesperrt und den Rest in die Emigration getrieben.“ Mit den religiösen Aktivisten zu verhandeln sei aber viel schwieriger, denn sie seien zu Zugeständnissen bereit.

Die meisten Völker Mittelasiens, die im Laufe des 19. Jahrhunderts vom Russischen Zarenreich erobert worden waren, hatten traditionell ein eher lockeres Verhältnis zur Religion. Anders als bei den nomadisch lebenden Kirgisen und Kasachen wurde das Leben im landwirtschaftlich geprägten Usbekistan aber schon immer stärker von den Regeln der Scharia geprägt.

Nach der Oktoberrevolution verfolgten die kommunistischen Machthaber den Islam in Mittelasien ebenso wie die orthodoxe Kirche in Russland. Erst seit dem Zerfall der Sowjetunion stieg, von der Staatsmacht misstrauisch beäugt, nahm die Bedeutung der Religion in allen Ländern wieder zu. Gleichzeitig wanderten die russischsprachigen Minderheiten massenhaft aus.

Beste Kontakte zu den Taliban

Nach den Umstürzen in Georgien und der Ukraine fürchten auch die Staatschefs Mittelasiens, allesamt ehemalige hochrangige kommunistische Parteifunktionäre, zunehmend um ihre Macht. In Kirgisien wurde der langjährige Präsident Askar Akajew bereits aus dem Land gejagt. Obwohl die in ganz Mittelasien illegal aktive islamistische „Befreiungs-Partei“ („Hizb ut-Tahrir“) einzig in Kirgisien nicht verboten war, spielte der islamische Faktor bei der Revolution dort aber keine große Rolle.

Bei www.aktuell.RU:
• Usbekische Revolution im Blut erstickt (15.05.2005)
• Aufstand in Usbekistan blutig niedergeschlagen ? (13.05.2005)
Im Dreiländer-Eck am Fergana-Tal, wo Kirgisien, Usbekistan und Tadschikistan aneinander grenzen, gab es in den vergangenen Jahren dagegen immer wieder bewaffnete Aufstände der Islamisten. Die Kämpfer verfügten teils über enge Beziehungen zu den afghanischen Taliban. In Tadschikistan forderte ein Bürgerkrieg zwischen der sowjetischen Nomenklatura, islamischen Kämpfern und kriminellen Banden Anfang der 90-er Jahre 100.000 Menschenleben.

Aus Angst, in Usbekistan könnte sich das tadschikische Szenario wiederholen oder gar ein unberechenbarer Gottesstaat entstehen, stützen sowohl Russland als auch die USA die Karimow-Diktatur. Bislang behält dessen Regime dank seines brutalen Vorgehens noch die Oberhand. „Nur ein Regime, das hart durchgreift, kann die Macht in Usbekistan halten“, glaubt der Duma-Abgeordnete Satulin.

(epd/kp)


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