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Sozialminister Surabow gilt als einer der Hauptarchitekten der misratenen Reform (Foto: www.newsru.com) |
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Montag, 17.01.2005
Proteste in Russland: Lässt Putin Kabinett fallen?Von Alexej Dubatow, Moskau. Gott, schütze uns vor Wladimir Putin und Valentina Matwijenko und Alle Macht dem Volke stand auf den Spruchbändern. Am Samstag marschierten rund 10 000 Demonstranten durch St.Petersburgs Hauptstraße Newski Prospekt. In Kasan blockierten Rentner am Montag die Stadtmitte. In Moskau kursieren derweil Gerüchte über den angeblich geplanten Rücktritt der Regierung.
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St.Petersburg wieder Revolutionsstadt
Putin werde den Unmut der Bürger auf seine Minister umpolen, heißt es. Denn irgendwie müsse der Kreml ja auf anhaltende Proteste gegen die Abschaffung kostenloser Sozialleistungen reagieren. Ausgerechnet in der Heimatstadt des Präsidenten nahmen sie eine bedrohliche Wendung an. Vorwiegend ältere Kundgebungsteilnehmer stellten am Sonntag dort fünf organgefarbene Zelte als Mahnung an die Kiewer Kastanienrevolution auf. Ein 79 Jahre alter Rentner starb unter den Rädern eines Autos, was Vergleiche mit dem Blutigen Sonntag vom Januar 1905 provozierte, der vor 100 Jahren der ersten russischen Revolution vorausgegangen war.
Die Suche nach Schuldigen beginnt
Wie meist in kritischen Zeiten verbrachte der Präsident die vergangene Woche weitab des Kremls - in Nowosibirsk, Alma-Ata und St.Petersburg, wo er den deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler empfing. Zu den Protestaktionen äußerte er sich bisher mit keinem Wort. Am Montag war wie immer eine Kabinettstagung geplant. Gegen Abend sollte das übliche Treffen Putins mit den Ministern stattfinden. Das Thema war die Situation mit der Umwandlung der Vergünstigungen in Geldzahlungen.
Da die Putin-Partei Einiges Russland die Reform in der Duma durchgepaukt und die Regierung sie ausgearbeitet habe, müsse der Präsident nun zwischen dem Rücktritt des Kabinetts und der Auflösung der Duma wählen, heißt es in einem Kommentar der Internetzeitung newsru.com. Er werde mit Sicherheit das Kabinett opfern. Als erste Kandidaten für den Hinauswurf gelten der Sozial- und Gesundheitsminister Michail Surabow, der schon die Rentenreform zugrunde gerichtet hatte, sowie die Liberalen im Kabinett von Michail Fradkow, Finanzminister Alexej Kudrinund Wirtschaftsminister German Gref.
Harter Schwenk möglich
Nach einer weiteren Theorie sollen Ministerpräsident Fradkow und dessen für die Sozialreform zuständiger Stellvertreter Alexander Schukow angeblich durch das Duo Boris Gryslow Nikolai Patruschew ersetzt werden. Der Parteichef des Einigen Russlands Gryslow war Innenminister gewesen, bevor er Duma-Vorsitzender wurde. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB Patruschew gilt als Vertrauter des Präsidenten Putin. Diese Umbesetzung an der Regierungsspitze würde würde den endgütligen Sieg der aus dem Armee- und Polizeibereich stammenden Anhänger einer harten Linie markieren.
War es etwa Putin selbst?
Die liberale Nowyje Iswestija machte darauf aufmerksam, dass diesmal selbst kremltreue Medien ausgiebig über die Protestaktionen berichteten. Also braucht es jemand (an der Führungsspitze), schlussfolgerte die Zeitung. Soziologen hatten schon im vergangenen Sommer vor schweren Folgen der geplanten Reform gewarnt. Der Präsident muss gewusst haben, was er tat, als er sich hinter die umstrittene Monetisierung klemmte. Dabei hätte er gar keinen Vorwand, um Minister abzusetzen. Das hatte er im Fall des Fradkow-Vorgängers Michail Kassjanow vorgeführt. Also bliebe nur die Möglichkeit eines Schwenks zum harten Kurs hin.
Zunächst muss Putin jedoch sehen, wie er die Entwicklung in den Griff bekommt. Sozialminister Surabow versprach bereits, die Renten generell sofort um 15 Prozent anzuheben. Dort, wo Ausgleiche für ausgefallene kostenlose Leistungen bisher zurückgehalen wurden, sollen sie umgehend ausgezahlt werden. In Regionen, die nachweislich kein Geld haben, will die Bundeszentrale einspringen. In Moskau und im umliegenden Verwaltungsgebiet sollen kostenlose Sozialleistungen wieder hergestellt werden. Ähnlich werde das Problem in den Großstädten St.Petersburg und Nowosibirsk gelöst, heißt es inoffiziell.
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Rücktritt des Kabinetts wahrscheinlich erst im Frühjahr
Was den Rücktritt des Kabinetts angehe, so werde der Kreml auch zu diesem Mittel greifen, um die Gemüter zu beruhigen, meint der Vizechef der demokratischen Jabloko-Partei Sergej Mitrochin. Dies werde aber nicht jetzt, sondern auf dem Höhepunkt der Proteste erfolgen, der noch nicht erreicht sei. Man erwartet zwei weitere Protestwellen, einmal im Frühjahr, wenn die Datschensaison mit neuen, hohen Fahrpreisen in Vorortszügen beginnt, und dann Mitte des Jahres, wenn billigere Mieten für Waisenkinder, Tschernobylveteranen und Schwerbehinderte abgeschafft werden.
(adu/.rufo)
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