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Gebäude der Europäisch-Humanistischen Universität in Minsk
Gebäude der Europäisch-Humanistischen Universität in Minsk
Freitag, 23.07.2004

Weißrussland: Minsker Uni droht das Aus

Von Stephanie Prochnow, Moskau. Die Europäisch-Humanistische Universität (EHU) in Minsk ist akut von der Schließung bedroht. Das vom Staat gemietete Gebäude sei bis zum 5. August zu räumen, teilte die Präsidialadministration der Universitätsleitung am Mittwoch in einem Schreiben mit. Trotz einer Aufforderung des Bildungsministers hatte sich der Rektor der Universität, Anatoli Michailow, geweigert zurückzutreten.

Der weißrussische Bildungsminister, Alexander Radkow, versucht seit einigen Monaten den Gründer und Leiter der einzigen autonomen Universität Weißrusslands zum Rücktritt zu bewegen. Andernfalls, so warnte er, würde die staatliche Lizenz nicht verlängert, die zur Anerkennung der Studienabschlüsse nötig ist.

Wegen dieser Drohungen hatte sich Radkow noch im Januar vor einer Runde von EU-Botschaftern verantworten müssen. Trotzdem stellte er dem Rektor am Montag dieser Woche ein zweitägiges Ultimatum für die Amtsniederlegung. Nachdem sich der Senat der Universität hinter Michailow gestellt hatte, erfolgte die Kündigung des Mietvertrages.

„Wir befinden uns in einer Situation, aus der sich kaum ein positiver Ausgang finden lässt“, sagte der Vizedirektor der Universität, Wladimir Dounajew, gegenüber www.aktuell.ru. Die Aktion der Regierung bezeichnete er als gesetzeswidrig.

Staatliche Repressionen sind die Regel

Der Universitätsrektor soll durch einen Mann ersetzt werden, der dem Regime des diktatorisch herrschenden Alexander Lukaschenko nahe steht. Michailow vertritt den Standpunkt, dass den Studenten an der Universität Kritikfähigkeit und gesellschaftliche Verantwortung vermittelt werden soll. Der Philosoph engagiert sich außerdem für den internationalen wissenschaftlichen Austausch.

So existiert an der EHU seit 1998 ein Institut für Deutschlandstudien. Im März diesen Jahres gründete Michailow außerdem in Zusammenarbeit mit der Europauniversität Viadrina in Frankfurt/Oder den deutschsprachigen Studiengang „Master in international Management“. Für dieses Engagement erhielt er im gleichen Monat die Goethe Medaille in Weimar.

„Wir vermuten, dass es letztendlich nicht um den Rektor, sondern um die Uni geht“, sagt der Geschäftsführer des Institutes für Deutschlandstudien, Tobias Knubben. „Der Staat will sie unter seine Kontrolle bringen.“ Und mittlerweile sieht es so aus, als ob er damit Erfolg haben wird.

Knubben rechnet mit der Schließung der seit zwölf Jahren existierenden EHU: „Es ist utopisch, innerhalb von zwei Wochen die gesamte Universität zu verlagern“, sagt der 33jährige. Frühere Bemühungen der Universität, ein neues, größeres Gebäude zu finden, hätte der Staat ebenfalls blockiert.

Kaum noch Hoffnung für die Universität

Die EHU, deren Etat zu über 40 % aus dem Ausland kommt, appelliert unterdessen an ihre internationalen Partner und Förderer, sie bei der Verteidigung ihrer Selbständigkeit zu unterstützen. Die EU-Botschafter kamen zu einer Krisensitzung zusammen.

Der Kurs der weißrussischen Bildungspolitik hat sich in den vergangenen Monaten verschärft. Seit diesem Jahr muss an der Universitäten beispielsweise das Pflichtfach „Nationale Ideologie“ unterrichtet werden.

Außerdem ist die EHU nicht das erste Opfer staatlicher Repressionen. Im vergangenen Jahr sollte der Direktor eines weißrussischsprachiges Gymnasium zum Rücktritt gezwungen werden. Als er sich weigerte, besetzten Truppen des Innenministeriums das Schulgebäude. Dabei wurden die Räume so stark beschädigt, dass die Behörden die Schule schlossen. „So etwas kann uns auch noch blühen“, fürchtet Knubben. Aber er weiß: „Man kann in diesem Land schwer etwas vorhersagen“.


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