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Silke-Maria Homeyer alias Mascha fühlt sich in Petersburg wohl - trotz mancher Entbehrungen (foto: privat)
Silke-Maria Homeyer alias Mascha fühlt sich in Petersburg wohl - trotz mancher Entbehrungen (foto: privat)
Montag, 27.03.2006

Wie die deutsche Silke zur russischen Mascha wird

St. Petersburg. Die 33jährige Sozialarbeiterin und Politikwissenschaftlerin Silke-Maria Homeyer lebt seit Mai 2004 ständig in St. Petersburg – weil sie hier einen Freund gefunden hat. Ihren Umzug bereut sie nicht.

Der Grund für ihre Entscheidung, Deutschland zu verlassen, war ihr Freund, der 33jährige Drucker Rustam Galinanow, mit dem sie hier zusammen lebt. Silke-Maria Homeyer arbeitet halbtags als Deutschlehrerin an der Philologischen Fakultät der Staatlichen Universität und gibt zusätzlich privaten Sprachunterricht.

Frau Homeyer, wann und wie haben Sie und Herr Galinanow sich kennengelernt?


Nach meinem Diplom als Sozialarbeiterin vor zehn Jahren war ich zunächst bei der Uni Dortmund angestellt und habe dort unter anderem im Akademischen Auslandsamt gearbeitet und nebenbei an der Fernuni Politik studiert. Und Russisch war schon länger mein Hobby.

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2003 habe ich mich dann beurlauben lassen und bin als Austauschstudentin für Politikwissenschaft nach St. Petersburg gegangen. Dort habe ich in einer Kommunalka gewohnt, in einem wunderschönen alten Haus an der Newa und natürlich mit allen typischen Problemen, die es in so einer Wohnung immer wieder gibt: kein Wasser, keine Elektrizität und so weiter. Ja, und in dieser Wohnung lebte eben auch Rustam und an meinem vorletzten Tag in St. Petersburg ist es dann passiert ...

Und wann kam dann die Entscheidung, entgültig nach Petersburg umzuziehen?


Nach Ende des Semesters bin ich wieder zurück nach Dortmund. Danach haben Rustam und ich uns so alle zwei bis drei Monate wieder gesehen. Ich konnte das ganz gut mit meiner Arbeit verbinden, weil ich dort einen Austausch mit der Journalistischen Fakultät organisiert habe, den ich jetzt auch noch ehrenamtlich betreue.

2004 habe ich mein Fernstudium beendet und gemerkt, jetzt muss eine Veränderung her. Ab Mai 2004 hatte ich einen Praktikumsplatz bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. Inzwischen arbeite ich aber als Deutschlehrerin. In Deutschland habe ich meine Wohnung und meine Arbeit gekündigt, alles aufgelöst und bin dann mit Rustam in eine Einzimmerwohnung gezogen.

Und mit Rustam in Deutschland zu leben, käme nicht in Frage?


Nein, auf gar keinen Fall. Mir gefällt es hier in Russland. In Deutschland ist doch das Leben immer auf zehn Jahre verplant, alle denken nur ans Arbeiten und es ist mir zu individualistisch. Hier sind die Leute wärmer, die Familien halten zusammen und man fühlt sich irgendwie freier - gerade deswegen, weil man nicht immer alles so genau festlegen und so ewig im Vorraus überlegen muss.

Aber das hat ja nicht alles nur Vorteile...


Klar, solche Gedanken wie an die Rente verdränge ich im Moment einfach. Das Rentensystem und auch die Gesundheitsvorsorge funktionieren in Deutschland viel besser. Und dann ist es halt doch schwierig, dass man hier nie etwas langfristig planen kann.

Ich erfahre zum Beispiel immer erst zwei Wochen im Voraus, wann und wieviel ich arbeiten kann. Und selbst dann kommen immer wieder Feiertage oder ähnliches, wodurch Stunden ausfallen und ich eben kein Geld verdiene. Das heißt dann, dass ich erst einkaufen kann, wenn wieder Geld da ist.

Das ist schon sehr anstrengend. Aber alles in allem bin ich trotzdem sehr zufrieden mit meiner Entscheidung und fühle mich hier sehr wohl. Das Leben in Deutschland ist manchmal schon ganz schön weit weg.

Sie haben sich hier ja sogar einen anderen Namen zugelegt...


Naja, ganz so ist es ja nun nicht. Ich heiße Silke-Maria und schon bei meiner Arbeit im Auslandsamt der Uni Dortmund habe ich gemerkt, dass die meisten Ausländer mit „Silke“ ein echtes Problem haben. Für die Chinesen war ich dann „Sülke“, für die Engländer „Silki“ und für die Russen „Zilke“.

Und Maria ist ein Name, den alle aussprechen können und der nebenbei auch noch einen netten interkulturellen Nebeneffekt hat, weil er allen vertraut ist. Wenn ich mich hier als „Maria“ vorstelle, ist es gleich eine Art Türöffner: „Ah, die Mascha, eine von uns“. Die Verständigung klappt so einfach schneller.

Und wie soll es jetzt mit dem Leben in Russland weitergehen?


Ich plane gerade meine Dissertation zum Thema „Lokale Selbstverwaltung in St. Petersburg“ und habe mich für ein Graduiertenstipendium bei der Friedrich-Ebert-Stiftung beworben. Wenn das klappen würde, könnte ich zwischen Deutschland und St. Petersburg pendeln. Ansonsten macht mir auch die Arbeit mit den Studenten hier viel Spaß. Wir diskutieren viel über Politik und sie sind alle wirklich sehr engagiert.

Außerdem betreuen Sie ja noch ihre Homepage www.i-network.de ...


Es gibt darauf ziemlich viele Links, zum Beispiel zur JOE-List (Junge Osteuropa Experten). Außerdem auch Dinge wie Veranstaltungsberichte, die auch zur Information dienen sollen. Also etwa, wie organisiere ich einen russischen Abend oder ähnliches. Dazu biete ich Leuten, die sich mit Osteuropa beschäftigen, die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen und jemanden zu finden, der einem bei bestimmten Fragen weiterhelfen kann.

Was ist denn alles in allem der größte Unterschied zwischen dem Leben hier und dem in Deutschland?


Hier ist das Leben eigentlich nur von kurzfristigen Ereignissen und nicht von langfristiger Planung bestimmt. Das kann oft ziemlich nerven, ist dann aber doch irgendwie interessanter als der deutsche Alltag.

Mascha, vielen Dank für das Gespäch!


(Interview: Hannah Beitzer/SPZ)



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