Dienstag, 04.07.2006
Saisonauftakt der TrickdiebeMoskau. In den Sommermonaten kommen viele Touristen in die russische Hauptstadt. Dann ist Hochsaison für Taschen- und Trickdiebe. Besonders in der Metro und in der Nähe von Sehenswürdigkeiten heißt es Hand aufs Portemonnaie.
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Patsch, klatscht das dicke, grüne Bündel auf den Gehsteig. Dem Touristen genau vor die Füße. He, Sie haben hier Dollars verloren, ruft er einem jungen Mann hinterher. Der junge Mann dreht sich um. Ist überrascht. Bedankt sich kurz. Lagen dort noch weitere Bündel?, fragt er den Touristen, ich hatte insgesamt drei in der Tasche. Nein, antwortet der ahnungslos.
In diesem Augenblick schaltet sich ein Dritter ein. Zeigt einen Ausweis und lässt ihn schnell wieder in der Jacke verschwinden: Polizei, Ihre Papiere bitte! Ich habe die Szene beobachtet. Dieser Mann hat offenbar Geld verloren.
Falsche Polizisten kassieren ab
Der verunsicherte Tourist packt brav seinen Ausweis aus. Ein deutscher Reisepass. Die anderen Bündel, die Sie verloren haben, waren das auch Dollar?, fragt der Polizist den jungen Mann. Nein, das waren ausschließlich Euro, antwortet der. Zeigen Sie mir mal den Inhalt Ihres Geldbeutels, fordert der Polizist den Tourist auf.
Bei dem ist jetzt der Groschen gefallen. Zeigen Sie mir erst noch einmal Ihren Polizeiausweis, bittet er den Polizisten bestimmt. Und siehe da: Bei genauem Hinsehen entpuppt sich der Polizeiausweis als gewöhnliche rote Pappkarte, wie es sie für einige Rubel in jeder Moskauer Fußgängerunterführung zu kaufen gibt. Der Tourist verabschiedet sich.
Knutschen für Geld
Im geschilderten Fall war der Tourist aufmerksam und ist so der Falle entgangen. Das ist eher selten. Normalerweise sind die Trickdiebe im Vorteil. Eiskalt nutzen sie die fehlenden Orts-, Mentalitäts- und Sprachkenntnisse der Touristen aus. Ausländer gelten vielen Russen als reich und naiv, wie die dumme Weihnachtsgans, die brav darauf wartet, ausgenommen zu werden.
Nur ein Beispiel für den Einfallsreichtum und die Abgebrühtheit Moskauer Trickdiebe. Ein anderes ist das exzessiv knutschende Pärchen. Es rückt dem Touristen im Metrowagon nah auf die Pelle und lenkt ihn ab. In der Zwischenzeit zieht ein Komplize die Geldbörse aus der Tasche. Oder die jugendlichen Rabauken, die den Touristen im Gedränge der Metrostationen einfach mit dem Fahrgaststrom in den vollen Waggon drücken und ihm im Gewühl das Geld abnehmen.
Hand aufs Portemonnaie heißt es also vor allem dort, wo viele Menschen zusammenkommen: in der Metro, in Auto- und Trolleybussen oder in der Nähe von Sehenswürdigkeiten. Grundsätzlich gilt aber: Die Trickbetrüger nutzen den Überraschungseffekt. Das betrifft auch den Ort. Unverhofft kommt oft. Deshalb schadet ein gesundes Missvertrauen in Moskau nie.
(cj/.rufo)
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Das Leben in Moskau hat mehr Dynamik, als viele im Westen denken (Foto: Archiv/.rufo)
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