Fahrgestell-Wechsel in Brest (Foto: Packeiser/rUFO) |
|
|
Gemächlich der Sonne entgegen Im Zug nach MoskauMoskau. Ein Glas Tee und der endlose Blick auf verschneite Wälder oder gelbe Kornfelder. 30 Stunden gemähliche Fahrt durch vier Länder, viel Zeit zum Lesen, oder Reden über Gott und die Welt. Auch, wenn ensprechende Gerüchte sich in Deutschland hartnäckig halten, ist eine Zugreise nach Moskau heute alles andere als ein Abenteuer. Schon lange müssen Reisende am Grenzbahnhof Brest nicht mehr die Züge wechseln, weil es noch keine Umspurtechnik gab, und verhärmte Zöllner durchwühlen Unterwäsche und Rasierutensilien auch nicht mehr nach zersetzender Literatur.
|
Mit nahezu jedem Fahrplanwechsel werden die Bahnverbindungen zwischen Russland und Westeuropa ausgedünnt. Der legendären Ost-West-Express, der Jahrzehnte lang Moskau und Paris verband, ist Mitte der 90er Jahre aus dem Fahrplan verschwunden. Heute ist Köln die westlichste Endstation der weiß-blau-roten russischen Kurswagen, die jeden Abend durch das Ruhrgebiet und weiter über Bielefeld und Hannover Richtung Moskau starten. Auch der Moskau-Berlin-Express fährt im Winter nur noch drei Mal in der Woche vom Bahnhof Lichtenberg (im Sommer täglich).
Der direkte Kurswagen nach Wien verkehrt nur noch an ausgewählten Wochentagen, der nach Frankfurt am Main wurde ganz eingestellt. Die Eisenbahn ist einerseits zu langsam, andererseits zu teuer, um mit dem Flugzeug oder den vielen neuen Linienbus-Verbindungen zu konkurrieren.
|
Moskau-Berlin-Express (Foto: Packeiser/rUFO) |
|
Leider setzt die russische Staatsbahn für ihre Fahrten gen Westen nicht die besten Waggons ein. Der Moskau-Berlin-Express liegt beim Komfort weit hinter dem, mit dem etwa zwischen Moskau und St. Petersburg gereist wird. Doch insgesamt fährt man auch hier durchaus komfortabel in den Schlafwagenzügen der russischen Bahn. Anders, als bei russischen Inlandsverbindungen, teilen sich in der 2. Klasse nicht vier, sondern drei Passagiere ein Abteil. Die Betten befinden sich übereinander. Die von den russischen Reisenden mitgeführte Gepäckmenge steht gewöhnlich in einem krassen Widerspruch zu dem im Abteil vorhandenen Stauraum.
Zuglaufschild (Foto: Packeiser/rUFO) |
|
|
Seit Frühjahr 2000 ist für eine Zugfahrt nach Moskau auf jeden Fall ein weißrussisches Transitvisum erforderlich, dass vor der Abfahrt beim Konsulat in Berlin oder Bonn (oder Moskau) beantragt werden muss. Reisende ohne Transitvisum müssen den Zug an der polnisch-weißrussischen Grenze verlassen. Die weißrussischen Grenzschützer und Zöllner verhalten sich heute größtenteils korrekt und teils sogar freundlich. Nur gelegentlich gebehren sie sich noch wie zu Zeiten des schlimmsten Kalten Krieges. In einem hat sich an den strengen Grenzregeln nichts geändert: Während des bis zu dreistündigen Fahrwerk-Wechsels in Brest bleiben die Zugtoiletten geschlossen.
Abenteuerlich sind an der Grenze allenfalls die Mitarbeiter der polnischen Bahngesellschaft PKP. Die versuchen oft in recht aufdringlicher Manier Reisende zu überreden, in Brest gekaufte Schnaps-Flaschen in deren Abteilen nach Polen zu schmuggeln. Gelegentlich verlangen die polnischen Kontrolleuere auch irgendwelche Strafen für angebliches Übergepäck, lassen aber gewöhnlich von ihren Opfern ab, wenn die sich weigern und belästigen auch eher russische, als westeuropäische Passagiere.
Zumindest in West-Ost-Richtung sind die Züge meist pünktlich auf die Minute, da bei Zeitrückstand die oft überlangen Zwischenstopps verkürzt werden können. Umgekehrt kommen die Züge aus Moskau oft mit bis zu einer Stunde Verspätung in Warschau oder Berlin an, wenn sich die Grenzkontrollen einmal in die Länge ziehen.
(rUFO/kp).
|
|
|
|
Schnell gefunden
|