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Kaliningrads hat seine neue Flagge gehisst (Foto: Plath/.rufo) |
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Mittwoch, 05.07.2006
Kaliningrad: Russlands Ostsee-Provinz zeigt FlaggeKaliningrad. Monatelang wurden Entwürfe diskutiert und verworfen, Stoffbahnen zusammengenäht und wieder aufgetrennt, nun passt es wohl: Die offizielle Flagge des Kaliningrader Gebietes ist fertig.
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Am 4. Juli, dem 60. Jahrestag der Umbenennung Königsbergs in Kaliningrad, wehte die neue Fahne erstmals hochamtlich über der Gebietsregierung, dem Rathaus und der Regionalduma: eine rot-gelb-blaue Trikolore, oben links in der Ecke ein Torturm in stilisierter Tudorgotik, darüber gekrönte Initialen, die an Zarin Elisabeth erinnern. Unter ihrer Herrschaft waren Teile Ostpreußens und das einstige Königsberg schon einmal russisch im Siebenjährigen Krieg, von 1758 bis 1762.
Typisch Kaliningrad
Das erste Exemplar der Gebietsflagge präsentierte Gouverneur Georgi Boos in der vergangenen Woche stolz dem Chef der Russischen Eisenbahn, Wladimir Jakunin. Sieh mal, wir haben jetzt sogar eine eigene Flagge. Bisher gab es so etwas nicht. Jakunin nickte anerkennend. Na ja, sehr russisch sieht sie nicht gerade aus. Aber nach Preußen auch nicht. Mann könnte sagen, typisch Kaliningrad.
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Zumindest den ersten Tag hing die Kaliningrader Flagge höher als die russische (Foto: Plath) |
Auch nicht ganz untypisch für die selbstbewusste Ostsee-Exklave: Auf dem Dach des Dumagebäudes in der Kirow-Straße hing die neue Provinz-Trikolore gleich mal einen halben Meter höher als die Staatsflagge.
Standarten an die Macht
Je 51 Stück der neuen Flaggen hat Arkadi Sarajew, Verwaltungschef der Gebietsregierung, bei einer örtlichen Schneiderei nähen lassen. In zwei Größen: Eine Serie kleiner Standarten für die Schreibtische der Rayonchefs und Flotten-Offiziere exakt in der Größe der russländischen Föderations-Bürokratentrikolore, 12 mal 18 Zentimeter.
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Windrosen und Flundern |
Regionale Fahnen sind in Kaliningrad nicht neu. Doch offiziell waren sie nie, und mancher hatte Pech damit: Als Sergej Pasko, einstiger Chef der Baltisch-Republikanischen Partei, Ende der 1990er Jahre die Fahne für seine Vision einer Autonomen Republik Kaliningrad vorstellte, fühlte sich angesichts der Windrose in der Trikolore mancher an die Nato erinnert. Moskau ließ die angeblich separatistische Bewegung samt Flagge kurzum verbieten.
Etliche Orte im Kaliningrader Gebiet haben sich Symbole zugelegt, die an die alten ostpreußischen Wappen erinnern. Selenogradsk zeigt wieder die Cranzer Flunder, Krasnosnamensk den Haselstrauch, als die Stadt noch Lasdehnen hieß. Die Stadt Kaliningrad flaggt ein blaues Banner mit stilisierter Kogge dem Symbol der Hanse.
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Die zweite Partie besteht aus großen Bannern, neunzig hoch, einszwanzig breit, das Stück für 592 Rubel (16 Euro). Sie sollen künftig an allen staatlichen Feiertagen über den Administrationen wehen. Zwei exklusive Standarten aus Seide mit per Hand aufgesticktem Wappen bleiben dem Gouverneur vorbehalten.
Jedem seine Fahne
So bald wie möglich sollen die neuen Provinz-Insignien nun unters Volk. Als nächstes werden wohl die Hundertschaften im Gefolge der regionalen Macht, vom Dorfsowjet-Vorsitzenden bis zum Museumsdirektor, in den Genuss eines lokalpatriotischen Wink- respektive Repräsentationselements kommen. Für die Provinz-Oligarchen und aufstrebenden Jungunternehmer mit ihrem Hang zu panzerartigen Limousinen lohnt sich eine eigene Serie im Doppelpack: je ein Seidentrikolörchen für den Wurzelholzschreibtisch, eine für das Armaturenbrett des Geländewagens.
Doch auch der Kaliningrader Normalverdiener soll sich eine Flagge leisten können: Um die 40 Rubel, das ist etwas mehr als ein Euro, wird die Alltagsversion kosten. In den nächsten Tagen will Elmira Chaimursina, Cheforganisatorin der Jubiläumsfeiern 60 Jahre Kaliningrader Gebiet, eine Werbekampagne starten, um die neuen Fähnchen populär zu machen: Natürlich darf jeder Einwohner des Kaliningrader Gebiets die Flagge an seiner Wohnung oder vor seinem Haus hissen. Was dem Dänen sein Dannebrog, soll dem Kaliningrader künftig seine Elisabeth-Trikolore sein.
Doch viele Kaliningrader schütteln über den neuen Symbolismus nur den Kopf. Erst die pompöse Triumphsäule, jetzt eine eigene Fahne, sagt einer der Milizionäre, die auf dem Siegesplatz für Ordnung sorgen, hier sind Leute an der Macht, die von den Problemen der normalen Bevölkerung gar nichts mehr wissen. Sonst würden sie sich damit befassen.
(tp/.rufo.)
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