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alexander Medwedew (foto: ria-novosti)
alexander Medwedew (foto: ria-novosti)
Freitag, 15.07.2005

Gazprom hält an Gas-Transit durch die Ukraine fest

Moskau. Zwischen Gazprom und der Ukraine gibt es immer wieder Konflikte um den Erdgas-Transit. Alexander Medwedew, Vize-Chef von OAO Gazprom und Generaldirektor der OOO Gasexport, erläuterte die aktuellen Probleme.

Alexander Iwanowitsch, rund 80 Prozent des russischen Gas-Exports nach Europa werden über das Territorium der Ukraine exportiert. Können die jüngsten Probleme auf diesem Feld auf die Sicherheit der Gaslieferungen durchschlagen?

Hinsichtlich dieser Frage sehe ich keinerlei Gründe für Besorgnis. Die Beziehungen von Gazprom mit den europäischen Länder basieren auf langfristigen Verträgen. Und in all den Jahren der russischen Gaslieferungen für den europäischen Markt (und das sind bezüglich einiger Länder über 30 Jahre) hat Russland seine Verpflichtungen stets erfüllt.

Vielleicht haben Sie mit dieser Fragestellung die Erklärung der ukrainischen Seite über ein nichtsanktioniertes Abzapfen von Gazprom-Gas, das für den Export bestimmt ist, im Blick. Ich denke nicht, dass sich die Ukraine, die der Europäischen Union beitreten möchte, darauf einlässt. Das untergräbt in erster Linie in den Augen der europäischen Länder ihr Ansehen als zivilisierter Staat und zuverlässiger Partner.

Wenn man über das Problem spricht, das sich mit der Speicherung unseres Gases in Unterirdischen Gasspeichern (UGS) der Ukraine ergeben hat, so bin ich der Auffassung,
dass die Klärung dieser Frage nicht die Interessen anderer Staaten tangieren und über den Rahmen der Beziehungen von zwei Wirtschaftssubjekten hinausgehen sollte.

Ich möchte das Wesen dieses Problems erklären. Gazprom pumpt in ukrainische UGS Gas, um die Möglichkeit zu haben, schnell auf saisonbedingte Veränderungen der Nachfrage nach Gas in Europa zu reagieren und im Bedarfsfall, wenn es zum Beispiel in Deutschland im Winter sehr kalt ist, die Exportlieferungen in Spitzenbelastungszeiten zu erhöhen. Im vergangenen Winter haben wir der ukrainischen Seite 40 Anträge zum Abpumpen von Gas für Exportlieferungen geschickt. Doch leider konnten wir nicht ein einziges Mal von unserem Gas Gebrauch machen. Das wurde uns jedes Mal verweigert.

Lange Zeit konnte man uns nicht erklären, ob unser Gas noch in den unterirdischen Speichern ist oder schon nicht mehr. Die Aktiva waren auf Eis gelegt worden, und die Abnehmer in Europa erhielten keine zusätzlichen Gaslieferungen, die gerade in diesem Moment so notwendig waren. Wir können nicht endlos Anträge einreichen und unsere Abnehmer in Europa nötigen, jahrelang auf Gaslieferungen zu warten, die sie jetzt brauchen.

Daher haben beschlossen, 7,8 Mrd. Kubikmeter Gas als Warenzahlung für den Transit im laufenden Jahr anzurechnen. Somit ist das Problem ad acta gelegt worden. Dieses Gas ist nunmehr Eigentum der Ukraine. Wenn es dies wirklich gibt, wie man uns sagt, dürften hinsichtlich der Gasbilanz in der Ukraine keine Probleme auftreten. Ich bin der Auffassung, dass dies in der entstandenen Situation die optimalste Lösung für die Ukraine und Gazprom ist.

Sie sprachen davon, dass Gazprom stets seine Verpflichtungen hinsichtlich der Gaslieferungen erfüllte. Was halten Sie in diesem Zusammenhang von der Erklärung ukrainischer Beamter über die Nichterfüllung bilateraler Abkommen durch Ihr Unternehmen?

Die Erklärung der ukrainischen Seite hinsichtlich der Notwendigkeit, das Abkommen einzuhalten, sieht sehr merkwürdig aus. Gazprom hat stets und überall auf der Basis unterschriebener Verträge und Regierungsabkommen gearbeitet, stets seine Verpflichtungen hinsichtlich der Lieferungen von Gas und dessen Transit erfüllt, erfüllt
sie und wird dies auch weiterhin tun. Das gilt sowohl für die europäischen Länder als auch für die Länder der einstigen UdSSR. Ich möchte unterstreichen, dass im Rahmen der bestehenden Abkommen zwischen uns und der Ukraine die Umfänge und Bedingungen für die russischen Gaslieferungen in die Ukraine unter Anrechnung deren Transitleistungen jedes Jahr im Verlauf von Verhandlungen bestimmt werden.

Gegenwärtig führt Gazprom mit der Ukraine Verhandlungen für das Jahr 2006. Auf deren Grundlage werden die weiteren Geschäftsbedingungen für die Lieferungen russischen Gases in die Ukraine und dessen Transit nach Europa abgestimmt. Daher gibt es und kann es keinerlei Risiko einer Nichterfüllung des Regierungsabkommens geben.

Sie führen derzeit mit der Ukraine Verhandlungen über Lieferungen russischen Gases zu europäischen Preisen ab 2006. Hängt dieser Vorschlag irgendwie mit der entstandenen Konfliktsituation zusammen?

Nein. Die Verhandlungen über den Übergang zu europäischen Preisen ab 2006 haben wir mit der Ukraine noch vor der Situation zu führen begonnen, die mit der Speicherung russischen Gases in deren UGS zusammenhängt. Das war eine Idee der ukrainische Seite, und Gazprom unterstützt sie voll und ganz. Der Übergang zu internationalen Business-Regeln - und das bedeutet europäische Preise für den Kauf und Verkauf von Gas und dementsprechend europäische Transitgebühren - wird unsere Beziehungen transparent und voraussagbar machen. Mehr noch, die bestehenden Verträge erlauben uns, sowohl mit der Ukraine als auch mit anderen Ländern der einstigen UdSSR zu solchen Formen der Beziehungen überzugehen.

Heutzutage wird das Gas immer teurer, seine Gewinnung wird immer schwieriger. Wir sind gezwungen, die Arbeit in immer abgelegeneren Regionen, etwa im Schelfgebiet, aufzunehmen. Ernsthafte Investitionen verlangt er Unterhalt des Transportsystems, aber auch der Bau neuer Pipelines. Unter diesen Bedingungen gibt es keinen anderen Ausweg als den Übergang zu einer für alle allgemeinen Preispolitik, unabhängig davon, ob es irgendein Land einst innerhalb der UdSSR gegeben hat oder nicht. Es ist klar, dass sich dieser Übergang zu marktwirtschaftlichen Preisen in jedem Fall individuell vollziehen wird. Es ist jedoch auch offensichtlich, dass dies alle Länder der GUS tangieren wird. Für Gazprom gibt es keine Gründe, diese Länder zu subventionieren.

Ich bin der Meinung, dass sich der Gasmarkt genauso wie der Erdölmarkt entwickeln muss, auf rein marktwirtschaftlichen Grundlagen. Alle Nachbarländern bezahlen das Öl zu Weltmarktpreisen, und das löst nirgends irgendeine Tragödie aus.

Viele bringen Ihren derzeitigen Konflikt mit der Ukraine mit dem politischen Druck auf dieses Land in einen Zusammenhang. Wie können Sie das kommentieren?

Ich möchte unterstreichen, dass Gas für uns nie ein Instrument für gewaltsamen Druck war. Ich führe ein Beispiel an. Vor nicht allzu langer Zeit waren wir Zeugen der stürmischen politischen Ereignisse in Georgien und der Ukraine. Doch in all dieser Zeit erfolgten die Gaslieferungen ohne Störungen, entsprechend den Vertragsbedingungen. Wenn es den Wunsch gegeben hätte, auf irgendwen Druck auszuüben, hätte man dies damals getan. Beim Fällen der einen oder anderen Entscheidung gehen wir immer von rein wirtschaftlichen Erwägungen, von den Interessen des Unternehmens aus. Gazprom befasst sich nicht mit Politik, wir befassen uns mit der Gewinnung, dem Transport und Verkauf von Gas.

Für Gazprom ist dies schon nicht der erste Konflikt, der mit GUS-Ländern und Gaslieferungen für den Export zusammenhängt. Wie planen Sie dies zu lösen, und prüfen Sie Varianten für den Bau von Umgehungspipelines?

Ja, wir prüfen Varianten zur Verringerung unserer Abhängigkeit von den Transitstaaten bei den Export-Gaslieferungen. Wir können aber nicht innerhalb eines Tages eine Gaspipeline bauen. Gazprom hat deshalb die Realisierung eines für das Unternehmen strategischen Vorhabens, den Bau der Nordeuropäischen Gaspipeline auf dem Grund der Ostsee, in Angriff genommen. Der Bau dieser Gaspipeline wird es erlauben, Gas direkt nach Deutschland und Großbritannien zu liefern, wobei dritte Länder umgangen werden.
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Wir planen gleichfalls, Anfang kommenden Jahres die Gaspipeline „Jamal-Europa“ auf die volle Kapazität von 33 Mrd. Kubikmeter im Jahr zu bringen. Gegenwärtig wird durch uns auch die Frage nach einer Nutzung der Bluestream-Pipeline zwecks weiterer Lieferungen russischen Gases für den europäischen Markt geprüft.

Doch wie Sie schon sagten, 80 Prozent des russischen Gases werden über die Ukraine exportiert. Und wir können es nicht und wir beabsichtigen es nicht, auf den Gastransit via ukrainisches Territorium zu verzichten. Ich denke, dass auch die Ukraine nicht daran interessiert ist. Daher bin ich mir sicher, dass wir zivilisierte Vorgehensweisen bei der Lösung der aufkommenden Probleme finden müssen, so dass die Interessen dritter Länder unter keinerlei Umständen berührt werden.
(rufo)


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