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Pussy Riot: Foltervorwürfe am zweiter Prozesstag (Foto: TV)
Pussy Riot: Foltervorwürfe am zweiter Prozesstag (Foto: TV)
Dienstag, 31.07.2012

Pussy Riot klagt über „Folter“ während des Prozesses

Moskau. Essen- und Schlafentzug beklagen die Angeklagten im Pussy-Riot-Prozess. Eine Verteidigerin spricht gar von „Folter“. Derweil könnte sich das Eingeständnis eines „moralischen Fehlers“ als fatal für die Gruppe erweisen.

Die Verhandlungen am Montag hatten sich über elf Stunden bis kurz vor 22 Uhr hingezogen. Infolgedessen habe sie kein Essen mehr bekommen und keinen Schlaf gefunden, beklagte die 24-jährige Maria Aljochina und beantragte, den Prozess auszusetzen.

Die Richterin wies den Antrag ab, wofür sie Foltervorwürfe von der Verteidigung erntete. Immerhin gönnte das Gericht den Angeklagten daraufhin eine Essens- und Ruhepause, ehe es weiterging.

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• Barbusige Femen-„Terroristin“ attackiert Patriarch Kyrill (26.07.2012)
• Musikstar Sting setzt sich für Pussy Riot ein (25.07.2012)
• Anklage: Pussy Riot ist für Imam-Mord verantwortlich (20.07.2012)
• Punkrockband Pussy Riot: Prozessbeginn in Moskau (19.07.2012)

Hopserei und Satanstänze


Der heutige Tag war der Befragung von Zeugen gewidmet. Zumeist handelte es sich um Kirchendiener der Christ-Erlöser-Kathedrale, wo die Punk-Frauen am 21. Februar 2012 ein „Punk-Gebet“ gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin zelebriert hatten.

Die Zeugenaussagen ähnelten sich: Die freche Aktion von Pussy Riot habe ihre religiösen Gefühle zutiefst verletzt, so der Tenor. Eine Altardienerin bezeichnete das wilde Hopsen in der Kirche als „Satanstanz“. Ein weiterer Zeuge sagte, die jungen Frauen hätten „die heiligen Traditionen und Werte der Kirche mit Füßen getreten“, er fühle sich „persönlich beleidigt“.

Eingeständnis ein strategischer Missgriff der Verteidigung?


Unterdessen wird in Russland der erste Verhandlungstag diskutiert. Das am Montag gemachte Eingeständnis eines „ethischen Fehlers“ von Nadeschda Tolonnikowa sei ein strategischer Missgriff der Verteidigung, meinen russische Juristen.

Dies sei „faktisch ein juristisches Schuldeingeständnis“, sagte Jewgeni Archipow, der Vorsitzende der Anwaltsassoziation „Für Menschenrechte“, gegenüber der Zeitung RBKDaily. Darauf könnte ein hartes Urteil folgen.

Damit rechnen auch die Anwälte der Angeklagten. Mark Fejgin, der Verteidiger von Tolonnikowa, sagte am Montag gegenüber Journalisten, das Gericht habe sich längst entschieden und werde einen Schuldspruch erlassen. Dieser Meinung sind auch Violetta Wolkowa und Nikolai Polosow, die Anwälte der beiden anderen Frauen.

Prüfstein für den russischen Rechtsstaat


Der Prozess wird allgemein als Prüfstein für den Zustand der russischen Justiz und des Rechtstaates überhaupt angesehen. Laut Juri Pilipenko, dem Vizepräsidenten der Föderalen Anwaltskammer, ist „das Recht längst in den Hintergrund gedrängt worden“. Das Urteil würde „einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Gerichtspraxis im Lande“ haben.

Experten stellen den Prozess in eine Reihe mit erst kürzlich angenommenen restriktiven Gesetzen zum Versammlungsrecht und den NGOs. Der verschärfte Kurs des Kremls kommt auch in der Verfolgung von Teilnehmern an einer Anti-Putin-Demonstration am 6. Mai in Moskau und einem sich anbahnenden Prozess gegen den bekannten Blogger Alexej Nawalny zum Ausdruck. Laut der „Nesawissimaja Gaseta“ wächst die Zahl der politischen Emigranten.

Orthodoxe Kirche hält sich ans Alte Testament: Auge um Auge



Die orthodoxe Kirche hält derweil an ihrer harten Einstellung zu der Aktion von Pussy Riot fest. Für Patriarch Kyrill I. ist sie eindeutig eine Gotteslästerung. Kirchensprecher Wsewolod Tschaplin hatte schon früher verlauten lassen: „Gott hat mir persönlich offenbart, dass er Pussy Riot verurteilt.“

Freilich ist Russland laut Gesetz noch ein säkularer Staat. Für „Gotteslästerung“ gibt es daher keinen Paragraphen im Strafgesetzbuch.

(ab/sb/.rufo)



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