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Slobodan Milosevic starb, bevor sein Prozess vor dem Kreigsverbrechergericht zu Ende geführt werden konnte (foto; euronews/newsru)
Slobodan Milosevic starb, bevor sein Prozess vor dem Kreigsverbrechergericht zu Ende geführt werden konnte (foto; euronews/newsru)
Montag, 13.03.2006

Milosevic: Letzter Brief in Moskau nicht angekommen

St. Petersburg. Das russische Außenministerium will Milosevics einen Tag vor seinem Tod geschriebenen Brief nicht erhalten haben. Er klagte darin, er werde vergiftet. Eventuell wird Milosevic in Moskau beerdigt.

Milosevics Anwalt Sdenko Tomanovic hatte der Presse einen Brief gezeigt, den Milosevic angeblich am Freitag, einen Tag vor seinem Tod in einer Zelle des jugoslawischen Kriegsverbrecher-Tribunals in Den Haag, an den russischen Außenminister Sergej Lawrow geschrieben haben soll.

Darin habe der ehemalige jugoslawische Präsident geklagt, er solle vergiftet werden. Am 12. Januar habe man in seinem Blut ein „starkes Präparat“ gefunden. Er erhalte im Gefängnis die falschen Medikamente. Milosevic bat in dem Schreiben Russland um Hilfe in dieser Situation.

Brief in Moskau nicht angekommen – offiziell zumindest


Ein Sprecher des Außenministeriums dementierte jedoch den Erhalt des Briefes: „Wir haben keinerlei Informationen über diesen Brief. Wir haben ihn nicht erhalten“, verlautete gegenüber Interfax.

Carla del Ponte, die Chefanklägerin des Tribunals, vermutet dagegen, dass Milosevic Selbstmord begangen haben könnte: „Das Verfahren hätte für ihn mit einem Schuldspruch und lebenslänglicher Haft enden können. Womöglich wollte er dem entgehen“, zitiert sie heute die „Iswestija“. Sein Tod sei unerwartet gekommen, da die Ärzte keine Verschlechterung seines Zustandes bemerkt hätten.

Milosevic wollte zur Behandlung nach Russland


Milosevic und seine Unterstützer hatten in den letzten Monaten versucht, den ehemaligen Staatschef zur Behandlung seines Herzleidens nach Moskau ausfliegen zu lassen. Das Gericht hatte dies im Februar jedoch abgelehnt. Russland hatte dem Tribunal eine offizielle Garantie gegeben, dass der Angeklagte nach seiner Behandlung wieder zurück gebracht wird.

Streit um Ort der Milosevic-Beerdigung


Bei Russland-Aktuell
• Milosevic darf nicht nach Moskau (24.02.2006)
• Polit-Elite hält weiter zu Serben-Diktator (29.06.2001)
• Russland will Kosovo-Serben helfen (22.03.2004)
• Milosevic-Ehefrau in Moskau abgetaucht (31.03.2003)
• General bei Sturz von Balkon umgekommen (18.12.2001)
Jetzt ist nicht ausgeschlossen, dass Milosevics letzte Reise doch in die russische Hauoptstadt führen wird: Seine Witwe Mira Markowitsch, die in Moskau lebt, möchte ihren Gatten dort bestatten lassen.

Allerdings gibt es dazu unterschiedliche Meinungen in der Familie: Sein Bruder Borislaw, einst jugoslawischer Botschafter in Moskau und ebenfalls dort wohnhaft, möchte den ehemaligen Diktator in Belgrad bestattet wissen, will die Entscheidung aber dessen Frau und seinen Kindern überlassen.

Ein Begräbnis in Serbien scheint jedoch höchst unwahrscheinlich, da gegen Markowitsch wie auch den Milosevic-Sohn Marko und die Tochter Maria dort Haftbefehl besteht.

Tochter Maria, die in Montenegro lebt, versucht hingegen ein Begräbnis im dortigen Heimatort der Sippe durchsetzen. Sie erklärte, in keinem Fall zu einem Begräbnis ihres Vaters nach Moskau zu reisen. Sie habe diese Position auch in einem „scharfen Telefongespräch“ der Verwandschaft dargelegt.

Russische Politiker sprechen von Mord


Zahlreiche russische Politiker aus dem linken und rechten Spektrum haben den Tod Milosevics als Mord bezeichnet. Kommunisten-Chef Gennadi Sjuganow sprach davon, Milosevic sei „bewusst ins Grab befördert worden“. Das Tribunal habe sich „nicht damit abfinden können, dass sich dieser Mensch so geschickt verhält und glänzend verteidigt“.

Sergej Baburin, der Vorsitzende der „Heimat“-Fraktion: „Das ist reiner Mord. Man kann aber nur raten, ob man ihn direkt mit Hilfe von Medikamenten oder indirekt durch die Verweigerung medizinischer Hilfe getötet hat.“

Ljubow Slitzka, die Erste Vizevorsitzende der Duma, sagte, dass „der Tod Milosevics auf dem Gewissen derjenigen liegt, die ihm die Heilbehandlung in Moskau versagten“.

Der liberale Politiker Boris Nemzow begründete in einer Umfrage des „Kommersant“ den Tod des jugoslawischen Ex-Präsidenten dagegen mit hohem Alter, Herzproblemen "und natürlich, dem Gefängnis“. Man solle aus Milosevic „jetzt nicht Jesus Christus machen und hinter seinem Tod politische Schritte vermuten“, so Nemzow.

(ld/.rufo)


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